Immer wieder erstaunlich, was wir aus der Schweiz für musikalische Schoggis bekommen. Diesmal allerdings welche, die einen sehr 'fremdgeschmacklichen' Überzug haben. Die Berner Band Schöftland (fiktiv benannt nach der Gemeinde Schöftland im Aargau) kokettiert so mit einem 'deutschen' Image, dass wir sonst so wenig geliebten Germanen schon verwundert sind. Das fängt beim akzent- und idiomfreien Hochdeutsch an, in dem geschrieben und gesungen wird und hört beim offensichtlich sehr geschätzten nördlichen Auftrittsland auf.
Sicher, diese typische melancholische Grundstimmung wird von den Schweizern ebenfalls in ihrem poetischen Songmaterial unterschwellig gepflegt und Floh von Grünigens Stimme klingt mitunter schon dem jungen Sven Regener sehr ähnlich in der Lage und Vortragsweise. Aber, um dem Vergleich mal weiter voranzutreiben, das hier ist eine andere Gangart. Schöftland rocken! Bei ihrem zweiten Werk (nach "Nur Touristen" von 2007) kann die Klasse der Wahl-Berliner natürlich auch noch nicht erreicht sein. Schöftlands Musik ist die gute Tafelschokolade mit knackigen Nüssen und Chilli, während EoC die feinen, bitterzarten Trüffel für die ältere Generation hat. Damit genug vom klebrigen Schubladendenken!
Die zehn Titel im klassischen Singleformat mit den Hamburgern
Gispert zu Knyphausen (derzeit überraschend mit seinem Titel "Hurra! Hurra! So nicht" in den deutschen Charts) und Ex-
Fink-Kopf
Nils Koppruch als Gastvokalisten zeugen von guten Songwriter-Qualitäten. "Der Sturm" rumpelt schon kräftig los und zeigt die instrumentalen Fähigkeiten der Herrschaften. Wer was im Rock-Instrumentarium spielt, erschließt sich jedoch weder aus der Homepage, noch aus dem Booklet. Die Band besteht aus
Floh und
Kaspar von Grünigen, Patrik Zosso, Stefan Rolli und
Sascha Mathys. Dazu gibt es eine Reihe von Gästen an diversen, meist akustischen Instrumenten, die für satte Arrangements sorgen. Noch einen Zacken verschärft scheppert Indie-mäßig "Blaulicht". Bei "Der Schein trügt" und dem schön geschriebenen, balladesken "Liebesbrief" erinnert
Flohs Gesang zeitweise an
Rio selig. "Komet" und "Dass ich schlief" bleiben ebenfalls im ruhigeren Tempo, letzteres gewinnt durch rockige Steigerungen aber an eindrucksvoller Dramatik. Die nächsten Titel sind im gleichen Muster gestrickt - melancholische bis düstere Stimmungen, verträumter Gesang, bretternde E-Gitarrenwände zum Finale. "Kleinstadt" mit
zu Knyphausen im Gesangs-Duett zeichnet ein recht bleiernes Skizzenbild der Szenerie, bei dem die beiden Protagonisten die konträren Sichtweisen verkörpern.