Okay, ich gebe zu, dieses Scheibchen hätte vielleicht bei mir im allgemeinen Sumpf der Neuerscheinungen einen unbemerkten Untergang erleiden müssen, wäre da nicht gleichzeitig der Hinweis auf Biff Byford als Sänger des Scintilla Project mitgeliefert worden. Ein Saxon-Fan der frühen Stunde wird da sofort hellhörig und das Heben des Fingers bei der Verteilung der neuen Promos war nur noch reine Formsache. Was aber hat es mit diesem Projekt, das auf keinen Fall mit dem gleichnamigen italienischen Elektropop-Trio verwechselt werden sollte, eigentlich auf sich?
Inspiriert wurde das Quartett, bestehend aus Byford, Anthony Ritchie, Lionel Hicks (beide u. a. Balance Of Power) sowie Andy Sneap (u. a. Hell), von einem Science Fiction-Film. Dazu an dieser Stelle ein Zitat aus dem Pressetext: »"Scintilla" ist ein Science Fiction-Thriller, dessen Schauplatz man irgendwo im Untergrund in der Wildnis der ehemaligen Sowjetunion findet. Dort beschäftigt man sich mit folgenschweren genetischen Experimenten. Ein kriegsmüder Söldner wird als Führungskraft für ein heimliches Untergrund-Labor angeheuert, um wiederum mit seinen Söldnern die Entwicklungen des anderen Labors zu stehlen.
Im Verlauf des Films bekommt man es mit Aliens und zweifelhaften Gestalten zu tun und die ehrbaren Leute müssen sich mit der gefährlichen Miliz auseinandersetzen, seltsame Monster lauern in einem verlassenen Tunnel des alten Sowjet Bunkers und am Ende kommt es zum Showdown mit den Wissenschaftlern, die das genetische Experiment führen und man entdeckt das furchtbare Geheimnis.«
Byford und Hicks beschäftigten sich schon bei den Dreharbeiten mit dem Plot und entschieden, eine Art Soundtrack basierend auf dem Film zu machen. Und das ist ihnen auch voll gelungen - um das Fazit mal vorwegzunehmen. Allein des Shouters Sangesleistung lohnt den Kauf dieser Platte!
Natürlich darf man keine billige Saxon-Kopie erwarten, das wäre zu einfach und würde dem Vermögen der Musiker nicht gerecht. Hier haut nicht unablässig reiner englischer Schwermetall aus den Boxen, hier wird sehr viel filigraner gearbeitet, wenn auch die beiden ersten Songs es anders vermuten lassen. Diese Anfangsstampfer kommen noch am ehesten in kerniger NWoBHM-Manier daher und gehören für das subjektive Hörempfinden zu den stärksten Titeln des Albums. Allein schon der Titeltrack und Opener geht in seiner Eingängigkeit ohne Umwege ins Langzeitgedächtnis und "Beware The Children" setzt fast noch einen oben drauf. Komplexe orchestrale Einspielungen in Kombination mit bombastischem Heavy Metal machen hieraus einen Top-Anspieltipp.
Danach wird ein wenig im Prog Metal-Bereich gewildert und die musikalische Ausrichtung bekommt einen immer melodiöseren Charakter. Was aber auffällt, und ich sprach es schon an, ist die famose Leistung unseres Lieblings-Biffs, der hier zu absoluten Höchstformen aufläuft. Untermauert wird das Ganze von einer nicht minder famosen Gitarrenarbeit. Sneap rifft sich einen ab, wie wir es auch von z. B. Hell her kennen (zudem fungiert er als Co-Produzent). Die Rhytmusabteilung besteht selbstredend aus Spitzenmusikern, die unablässig und songdienlich vorantreiben.
Die Songgefüge werden abwechslungsreich präsentiert, man wandert zwischen ballendenhaften Passagen und solchen mit deftigem Metal-Charakter hin und her und bedient sich gesampelter Orchesterklänge, die eine gewisse bedrohliche Dramatik verbreiten. "Permanence" ist so ein Song, der dieses auf mehr als sieben Minuten wunderbar zu vermitteln vermag.
Auch die nächsten fünf Tracks reihen sich hier wunderbar ein und aneinander, ab und zu mit nachdenklich gesprochenen Intros versehen und nie den bereits angesprochenen Charakter verlierend. Höre ich mir "Pariah" mit seinem mehrstimmigen Chorus-Gesang und den Keyboardpassagen an, so muss ich unvermittelt an Uriah Heep denken, und zwar in einer Mischung aus den ganz alten Heep der frühen Siebziger und modernen "Wake The Sleeper"-Komponenten.
Dass sich mit "No Rest For The Wicked" eine Saxon- Nummer auf dieser Scheibe eingefunden hat, mag sicherlich auch am reinen Titel liegen, der zwangsläufig zur Story des Films passt. Aber wie auch immer, die Musik in schleppend-stampfender NWoBHM-Weise mit erneut einigen orchestralen Elementen passt ebenso wunderbar.
Ich bin kein Freund dieses Film-Genres, aber ich denke, ich werde mir das Ding allein schon wegen der deftigen Mucke mal reinziehen. Ansonsten bleibt mir nur ein flehender Aufruf: Kommt auf die Bühne, Jungs. Ganz, ganz schnell!
Line-up:
Biff Byford (vocals)
Andy Sneap (guitars)
Anthony Ritchie (bass)
Lionel Hicks (drums)
Tracklist |
01:Scintilla (One Black Heart)
02:Beware The Children
03:Permanence
04:Some Nightmare
05:Angels
06:Pariah
07:The Damned And Divine
08:Life In Vain
09:No Rest For The Wicked
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