Sczepanski / b-transfusion
b-transfusion Spielzeit: 63:31
Medium: CD
Label: zwei-music, 2007
Stil: Rock

Review vom 20.07.2007


Joachim 'Joe' Brookes
Jan Sczepanski, Blues-Harper, spielt als Gast auf dem Album Nasty Angel's Paradise der Band Blues Polish.
Klarer Fall, diese CD bitte an mich, ohne auch nur einen Ton von "b-transfusion" gehört zu haben. Das Design der Sczepanski-Homepage ließ nicht gerade auf den Blues schließen. Die CD trudelte ein und… jetzt haben wir den Salat: Der Rezensent sitzt fast sprachlos in seinem geliebten Bluesbunker.
Aber eben nur fast, denn Worte findet man schon für das, was Jan Sczepanski an Musik abliefert, die übrigens ohne Worte auskommt.
Seine aktuelle CD hat er mit dem Gitarristen der Kölner Gruppe Brings, Harry Alfter eingespielt und es ist verdammt viel los auf dem Album. Dagegen sind kilometerlange Autobahnstaus während der Reisezeit ein Witz. Neben Harp- und Gitarrenklängen produzierten die beiden Musiker alle weiteren Instrumente über Programming und garnierten ihre in Töne umgesetzten Ideen mit Special Effects. Gitarre und Elekroniksounds, ok. Wie mag das aber mit dem klassischen Instrument des Blues funktionieren? Geht nicht, meint man?
Von "b-transfusion" wird man da aber eines Besseren belehrt. Nein, belehrt wäre hier der falsche Begriff, denn belehren möchte ein Sczepanski nicht. Eher durch Musik überzeugen und in erster Linie die Gefühle des Hörers berühren und das gelingt ihm mit den musikalischen Eingriffen eines Harry Alfter sehr gut. So gut, dass man vorliegendes Album mit einem Oktopus vergleichen möchte, denn man hätte da so seine Schwierigkeit, sich gegen die 8 Fangarme zur Wehr zu setzen. Transformiert auf "b-transfusion" sind es im Endeffekt 10 Arme, äh, Songs, die sich mit ihren Saugnäpfen in die Gehöre einziehen.
Ähnlich einem Pendel, das mit großen Amplituden schwingt, greift Sczepanski unterschiedlichste Musikstile ab.
Eines muss, bevor es zu einigen weiteren Tracks kommt, mit aller Deutlichkeit geschrieben werden:
"b-transfusion" grooooovt!
Bei Instrumentalalben ist es ja stets so, dass so manche Songnamen Assoziationen hervorrufen, die sich in der Musik wieder finden. "Ambulance Drive" geht mit einem kurzen Gitarrenaufschrei schon mal kräftig ab und nach der Sirene in die Vollen. Zur rockigen Gitarre gesellt sich die Harp, die verschiedene Stimmungen verbreitet. Eine besondere Atmosphäre entsteht, wenn sie klingt, als würde sie hinter einem seidenen Vorhang gespielt werden. Der Song kommt sehr gut rüber, so als wenn Crokett und Tubbs die Odenthal in ihrem Boot mitnehmen und Copper wieder einmal zu spät kommt, weil sein italienischer Oldtimer Mucken macht.
Hätten er und sein Auto doch einen Schutzengel gehabt! Vielleicht so einen, wie er in "Guardian Angel" vorgestellt wird. Ein sanfter, verständnisvoller Engel, wie ihn sich Sczepanski vorstellt. Verträumte Harpklänge, sphärische Keyboards lassen einen die Augen schließen und seine Umwelt vergessen, bis es im Mittelteil mal etwas hektisch wird. Man findet aber schließlich zurück zum Thema und es ist schon erstaunlich, wie es die beiden Protagonisten hinbekommen haben, Stimmungen zu erzeugen. Unterschiedlichste Harpsounds kreiert der Jan wie am Fließband.
Drum'n'Bass der härteren, aber nicht minder groovenden Art prägt dann den Track "Quintessenz", in dem dann Alfter, nach einer Harp-Einleitung, die Saiten der Sitar zum Schwingen bringt.
Wow, jetzt wird elektronisch gerockt, dass die Platinen zu Glühen beginnen. Mann, hat der Harry Riffs drauf! Da schieben sich Gitarren- und Harpsounds übereinander, wie Packeis. Der Oktopus hat einen Lieblingsarm, mit dem er nach seiner Beute greift und "Oszyllograph Explosion" ist einer meiner Lieblingssongs geworden, denn "b-transfusion" läuft sich einen Wolf im Player…
"Trip To Blueski" ist mit einem locker groovenden Rhythmus unterlegt, zu dem Sczepanski und Alfter ebenso relaxt aufspielen. Herrliche Melodien, auch ein Zeichen des Albums, lassen einen abermals träumen.
Über "Let's Hop", in dem der Gitarrist mit starken Jazz-Licks aufwartet, kommen wir zu einem richtigen Ohrwurm: Was der Harper in "Pani(c)ka", eines der vier Stücke von über 8 Minuten Laufzeit, mit seinem Instrument veranstaltet, ist unglaublich. Jan benutzt das Mississippi-Saxofon als Lautsprecher seiner Gefühle. Sehnsüchtig, melancholisch und röhrend bläst, zieht und beendet er die Töne.
"Inwardly Flight", welch ein Name für einen Song? So, wie der Name, hört er sich auch an. Traumhaft schön dahin fließend, mit einer bluesigen Hookline und orientalischen Elementen versehen, wird der Song zum nächsten Hinhörer. Ohne Worte heißt es doch im Booklet. Korrekt ist das schon, aber in diesem Track sind Stimmen zu vernehmen und das Stück hat ein elegant arrangiertes Ende.
"Soulsound", in dem der programmierte Bass so tief pumpt, als komme er aus einem Bergwerksschacht, ist Alfter-Land zum Austoben und klingt ziemlich experimentell. Klänge eines Vibrafons vermengen sich mit den Gitarrentönen und allerlei Effekten.
"On The Other Side" könnte man als Fortsetzung des vorherigen Track ansehen, denn man hört eine Art Sound-Collage. Wenig Rhythmus, viele Effekte und einige Stimmen.
Empfehlenswert ist es, sich das Album mal mit Kopfhörer zu Gemüte zu führen. Klasse!
Mit "b-transfusion" ist Jan Sczepanski eine Platte, deren gesamtes Artwork ebenfalls von ihm stammt, gelungen, die erstaunlich eingängig daher kommt und bei einer Spieldauer von über einer Stunde findet man keine verschwendete Minute, im Sinne von überflüssig. Hut ab, vor diesem Projekt, das ein einziges Hörvergnügen darstellt. Ohne Wenn und Aber: Eine dicke Empfehlung!
Line-up:
Jan Sczepanski (harmonicas, piano-, keyboard-, bass-, drum-programming, voices, special effects)
Harry Alfter (guitars, sitar, keyboard-, drum-programming, special effects)
Tracklist
01:Ambulance Drive (4:03)
02:Guardian Angel (7:33)
03:Quintessenz (8:49)
04:Oszyllograph Explosion (4:44)
05:Trip To Blueski (8:50)
06:Let's Hop (4:02)
07:Pani(c)ka (8:15)
08:Inwardly Flight (8:15)
09:Soulsound (5:54)
10:On The Other Side (3:14)
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