In musikalischen 'Schubladen' denken ist einfach - denn die Schubladen sind nun mal da und man braucht sich nicht aufs Neue zusammenzureimen, wie eine Band klingt, welche Musik sie macht und an wen sie einen erinnert. Bleibt nur die Frage: Kann man eine neue Band nur wirklich weiterempfehlen, wenn sie nicht sofort in einer der bekannten stilistischen Kramkisten unterkommt? Muss sie unbedingt was Neues probiert haben?
Nun, die 2007 gegründeten Newcomer Secret Illusion aus Griechenland würden mit ihrem Debütalbum "Illusion" beim Vorsprechen im Patentamt so was von wieder nach Hause geschickt ... aber ich weigere mich dennoch aus vollster Überzeugung, der Band die Lizenz für den internationalen Spielbetrieb zu verweigern! Die fünf Hellenen spielen einen episch angehauchten melodischen Power Metal, wie man ihn kennt und von vielen Bands liebt, die mit Sicherheit ziemlich weit oben auf der Referenzliste von Secret Illusion stehen.
"Silent Voices" ist so ein typischer Melodic Speed-Track im Stile von Angra oder auch Labyrinth. In "Hold On Forever" und "Light On Your Way" klingt ganz, ganz viel megaschneller Power Metal à la Stratovarius durch. Die Rhythmussektion macht im hohen Tempo einen super Job. Und dabei wird auch Tastenmann Gus alles andere als stiefmütterlich behandelt. Er wirbelt vornehmlich mit quirligen Cembalo-Sounds umher - wieder eine Ähnlichkeit zu Stratovarius, genauer gesagt Jens Johansson - und setzt auch ordentlich Akzente! "Hold On Forever" prägt er mit einer eindringlichen Keyboard-Hookline in dramatischem Moll gleich zu Beginn - in Kombination mit dem dann einsetzenden Gitarren-Riff ein zündendes Epic Metal-Gemisch.
Und die Gesamtdramaturgie? Die Mischung stimmt - das ist wichtig und gut so. "Silent Voices" glänzt mit proggigem Aufbau. "Echoes In The Shadows" (über klischeehafte Namen sehen wir mal hinweg ...) ist ein Stück ausgesprochen 'klassischen' Heavy Metals mit teils galoppierenden Rhythmen und True-mäßigem Gitarrensolo. "Serenity" nimmt als Mid-Tempo-Schlepper auch mal Schlagzahl raus. Der Titeltrack "Illusion" bestätigt mit seinen expliziten Klassik-Zitaten den neoklassischen Hang des ganzen Albums. Und "Beauty Of A Lie" überrascht als Powerballade - sehr schwülstig, aber auch sehr schön ...
... und (nicht erst) hier kommt es natürlich auch auf den Gesang an. Frontmann Dimitris wendet sein glasklares Organ mit ziemlich viel Talent ein und manövriert ungehemmt in stattlichen Höhen umher. Oft gibt es sogar einen 'doppelten Dimitris' - nein, das ist kein Anis-Schnaps, sondern mehrstimmiger Gesang, parallel in unterschiedlichen Höhen. Das ist grundsolide und richtig gut, sowohl in den vielen sehr ordentlichen Hymnen als auch in mancherlei Strophe, wo er mal in reduzierten Clean-Gitarren-Passagen die ganze Aufmerksamkeit auf sich lenkt. Und manche leidenschaftliche Scream-Attacke zeugt richtig sympathisch davon, dass hier eine junge Band mit viel frischem Elan am Werk ist.
Vor großen Namen wie Andre Matos oder Timo Kotipelto braucht Dimitris sich nicht zu verstecken, wenngleich noch ein Ticken bis zur ultimativen Weltklasse fehlt ... und, nun ja, mit dem Wiedererkennungswert ist es nicht weit her. Das gilt auch für die Stilistik der Gesamtkapelle. Weil aber das Handwerk supersauber ist, die Vielfalt stimmt und bei dem ganzen Album einfach dieser Spirit rüberkommt, diese Leidenschaft, für das, was sie da tun ... deshalb muss man sie trotzdem gern haben! Für eine nachhaltige Aufmerksamkeit auf internationalem Parkett braucht es aber künftig ein bisschen mehr Findigkeit.
Line-up:
Dimitris (vocals)
Filippos (guitar)
Chris (drums)
Gus (keyboard)
Dimitris (bass)
Tracklist |
01:Silent Voices (5:56)
02:Hold On Forever (4:29)
03:Echoes In The Shadows (5:15)
04:Beauty Of A Lie (5:46)
05:Light On Your Way (4:35)
06:Loneliness (1:14)
07:Endless Flight (3:44)
08:Serenity (6:36)
09:Illusion (6:04)
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