Seit Kansas Anfang 1975 mit ihrer zweiten Platte "Song for America" bei mir einen bleibenden Eindruck hinterließen, der in den folgenden vier Jahren durch mehrere Alben (allen voran "Leftoverture") und dem Besuch eines Konzerts der Band im März 1978 in Saarbrücken verfestigt wurde, ( → Ticket) war diese Spielart des Rock auch bei mir angesagt. Schubladenexzeß wie heutzutage war - zum Glück - noch nicht 'in'.
Als Steve Walsh 1981 nach Dave Hope und Kerry Livgren dann Kansas verließ, gründete er zusammen mit Billy Greer (bass) und Mike Slamer (guitar) die Melodic-Rock Formation Streets, nach zwei Alben wurde die Band allerdings begraben. Walsh und Greer rappelten sich auf, die in der Zwischenzeit aufgelösten Kansas in zweiter Generation wiederentstehen zu lassen (der auch Steve Morse angehörte). Slamer hatte wohl die Schnauze voll und verdingte sich fortan als Session-Gitarrist und Produzent.
Mit Kansas ging seitdem alles seinen eher langsamen Gang, man produzierte ein paar Platten und lebte (nicht schlecht!) von vergangenem Ruhm. Billy Greer unterschrieb im Jahr 2000 bei Frontiers Records und formierte mit seinem alten Kumpel Mike Slamer das Projekt Seventh Key, wieder mit Streets'schem Melodic-Rock als Wegweiser. Der Band waren zwei Alben 'vergönnt', bevor auch diese Truppe das Zeitliche segnete. Die Weigerung, mit ihren Songs auch live aufzutreten, hatte das Ende wohl maßgeblich beeinflußt.
Und nun gibt es tatsächlich doch noch eine Live-Scheibe (Release Datum: 7.11.2005), einmal als reine Audio-CD und auch als DVD. Der ausschlaggebende Punkt war wohl die Bitte des Chefs der Plattenfirma an Nicole Slamer, einen Auftritt von Seventh Key zu filmen. Jeder Vater wird alles tun, um die Karriere seiner Tochter zu befördern und so ist es kaum verwunderlich, dass sich diesmal auch Slamer erweichen ließ, seiner über 20 Jahre dauernden Bühnenabstinenz ein Ende zu setzen und mal wieder (mit eigenem Material) aufzutreten.
Mir liegt die Audio-CD vor und zuerst mal ist lapidar festzustellen, dass es sich nicht um einen 'echten' Live-Gig handelt. Laut Labelinfo spielte die Band zwar live auf der Bühne, allerdings bestand das sicher nicht zahlende Publikum aus Freunden, Familienmitgliedern und ausgesuchten Gästen. Wenn dem so war, wurden Beifallsbekundungen wohl von Konserve reingemischt. Nicht, dass man dies der Performance anmerken würde und auch der Sound unterscheidet sich in nichts von anderen Liveproduktionen. Was im Umkehrschluss bedeutet, daß wir fast nie richtige Liveatmosphäre vorgesetzt bekommen - irgendwie tricksen sie alle später noch mal im Studio. Ein berühmtes Beispiel ist sicher Live And Dangerous von Thin Lizzy.
Die Platte zeigt aber ohne Zweifel das übliche Melodic-Rock Spektrum, und das darf man bescheinigen, auf hohem Niveau. Die beherrschen alle ihre Instrumente im Schlaf und sind als alte Profis auch abgeklärt genug, ein sowohl munteres als auch abwechslungsreiches Programm in Bits und Bytes zu zaubern.
Eigentlich fragt man sich, wieso jemand, der solche Qualitäten als Flitzefinger auf den sechs Saiten besitzt wie Mike Slamer, der seiner Gitarre sowohl druckvolle als auch gefühlvolle Klänge zu entlocken weiß, sich dem Live-Business verschlossen hat. Der kann's doch! Im Rahmen dieser Songs - melodieseliger, stadiontauglicher Rock - leistet er hervorragendes.
Das akustische "Forsaken", mit Billy Greer's Bruder Johnny an der Gitarre und dem Kansas-Original Robbie Steinhardt an der Violine verschafft dem Hörer mal eine Verschnaufpause. Das ist für meinen Geschmack jedoch etwas zu viel mit Pathos besprüht, dagegen sind die anderen, für diese Art Musik unvermeidlichen Balladen - allen voran "It Should Have Been You" - doch eher 'mitsingbar', im wirklichen Bühnenleben vor tausenden von Fans kämen die sicher sehr gut an...
Ohne Licht kein Schatten, das gilt auch hier. Das Songwriting ist nicht immer das Gelbe vom Ei, manchmal scheint man sich auf der Bühne auch mal kurz zu verhaspeln, das letztere ist aber vernachlässigbar, oder höre ich das nur so? Keine Ahnung, zumindest kommt es mir ein paar Mal so vor. Sicher ist, dass die Musiker eine mehr als zufriedenstellende Leistung abliefern, vor allem die Gitarren können überzeugen.
Von den Bonustracks haut "Love Train" nochmal eine Menge guter Argumente auf den Tisch, die beiden anderen Songs aus dem Studio klingen jedoch viel zu angestaubt, das gilt insbesondere für "Remember You Well". Mit sowas ist heutzutage kein Blumentopf mehr zu gewinnen, wenn man damit je einen gewinnen konnte. Einfach gestrickte Hausmannskost, die man nie vermissen würde. Schwamm drüber.
Der Klang dieser CD ist voll und saftig, der technische Mixdown unterstreicht den Eindruck, es hier eher mit einer Studioproduktion zu tun zu haben, aber was soll's: Das Ergebnis zählt, und das kann sich durchaus hören lassen. Die Musiker versuchen auch nicht, wie Kansas zu klingen, aber die lange Erfahrung und Zugehörigkeit (mancher hier Spielenden) zu dieser Classic-Rock Truppe lassen sich nicht immer abschütteln. Was ja nichts Schlechtes ist.
Spielzeit: 79:48, Medium: CD, Frontiers Records, 2005
1: The Sun Will Rise 2: An Ocean Away 3: It Should Have Been You 4: Sin City 5: Always From The Heart 6: Forsaken 7: You Cross The Line 8: The Kid Could Play 9: Only The Brave 10: When Love Is Dying 11: Winds Of War 12: Cold Hearted Woman 13: The Storm Rages On (Studio Bonus) 14: Remember You Well (Studio Bonus) 15: Love Train (Studio Bonus)
Manni Hüther, 01.11.2005
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