Sex Museum / United
United
Die Vier-Mann und Eine-Frau Band Sex Museum zählt in ihrem Heimatland Spanien zu den Highlights der Alternativenszene - und das nicht erst seit gestern. Die Band gibt es schon seit gut 20 Jahren und hat bereits elf Alben und 14 Singles herausgebracht. Ebenfalls ist sie auf diversen Compilations und Tribute-Alben (Dictators, Thin Lizzy, Motörhead, ...) zu finden.
Zugegeben, ich habe bis jetzt noch nichts von dieser Band gehört und die Recherche im Internet ist aufgrund ihres Namens auch etwas problematisch. Die Presseinfo, die der Promo-CD (ohne Booklet) beilagen, verraten leider auch nicht viel mehr als die bereits genannten Informationen. Die Homepage ist auf spanisch.
Die Band scheint aber über die spanischen Grenzen hinaus bekannt zu sein, da gleich Promo-Aktionen in zwölf verschiedene Ländern laufen. Aber nun zur Musik.
Jetzt liegt "United" (Album Nr. 12) vor mir, welches zehn englischsprachige Songs und als letztes den spanischen Titelsong "Unidos" enthält. Zu Recht wurde "Ghost Without A Will" als Opener ausgewählt. Schon nach wenigen Sekunden wippt mein Fuß mit. Klingt es am Anfang sehr nach straightem Rock 'n' Roll in AC/DC-Manier, erschrecke ich mich ein wenig, als ein Synthesizer im Refrain einsetzt.
Positiv: Die Band unterstützt damit ihren eigenen Stil.
Negativ: Bei einigen Tracks gewöhnungsbedürftigt. Meist aber gut platziert und dezent im Hintergrund.
Rockmäßig steht der nächste Track "I've Lost My Faith (In You)" dem Opener in nichts nach... knallhart und geradeaus geht es zur Sache. Und hier erinnert das Synthesizer-Solo soundmäßig an Deep Purple. Den Refrain kann ich schon beim ersten Hören mitschreien - könnte ein Party-Rock-Hit werden... geht stark ins Ohr.
"Madrid" wirkt, verglichen mit den ersten beiden Tracks, etwas ruhiger, da diese Nummer nicht ganz so straight aufgebaut ist. Erinnert mich an irgendeine andere Band. Schwierig! Mit viel Fantasie, Vorsicht und mit Vorbehalt würde ich sagen eine Mischung aus Uriah Heep und Green Day. Klingt radiotauglich und mainstreammäßig - ob das nun gut oder schlecht ist, möchte ich nicht beurteilen.
Und jetzt wippen beide Füsse mit - ich hoffe ich falle nicht vom Stuhl :-)
Der 70s-Rock-Song "Mother Nature" klingt düster-tragisch, aber auch gleichzeitig wild und aufregend. Für mich bis jetzt der beste Song auf der CD. Klangvielfalt ohne Ende, perfekt zusammengetragen.
Umso mehr bin ich dann vom nächsten Stück "I Won't Go Back" ein wenig enttäuscht. Spontan fällt mir dazu ein 'Standard Rocksong' ein. Schade.
Der Titel "The Distance" klingt so wie er heißt ... mal keine verzerrten Gitarren, sondern wunderbare Rhythmusgitarre und ich bekomme Fernweh. Ein Gefühl, dass ich sonst bei "Far Far Away" von Slade oder "Hotel California" von den Eagles bekomme. Sehr schön und die 4:23 Min. fliegen an mir vorbei - dieser Song hätte von mir aus doppelt so lang sein können.
Der Anfang von "I Enjoy The Forbidden" könnte auch der Opener von einem Mystery-Hörspiel, wie "Die Sieben Siegel" sein. Dieser Eindruck vergeht aber recht zügig. Die CD ist nun musikalisch nicht mehr mit den ersten drei Stücken vergleichbar. Fast unbemerkt hat sich der Stil der CD komplett geändert. Schöner Rock, ohne wildes Drumherum.
Psychedelic-Funk-rockig fügt sich "Outrageous Woman" nahtlos in die Trackliste ein und ich frage mich, wie Sex Museum das macht. Das Album nenne ich doch mal erfolgreich abwechslelnd. Die Liste der voher genannten Bands kann übrigens auch um Thin Lizzy und Kiss erweitert werden.
Der Kreis scheint sich zu schließen, denn bei "Talk About The Good Times" werde ich wieder näher an den Stil der ersten Songs geführt. Ich drücke das mal so aus:
»Dam Di Dam...« (Der Autor summt und wippt freudig mit).
Das Album kommt ohne echte Ballade daher - gut, bin ich eh nicht so der Fan von, weshalb ich mich nun entschließe, "Something For Real" als diese anzuerkennen. Wohl der ruhigste Rocksong auf der Platte. Nun ja, finde ich, verglichen mit den anderen Nummern, etwas langweilig.
Wie am Anfang schon erwähnt, ist der letzte Track der CD "Unidos" in spanischer Sprache verfasst und bietet wieder ein neues Klangbild: 'Autofahrt in mexikanischer Wüste in einem Film von Quentin Tarantino'.
Bin ich kein Fan von... das gilt für diese Filme und für diesen Song.
Fazit:
Überraschend gut! Sofort wird klar, dass es sich nicht um eine neue Schülerband auf dem Markt handelt, sondern um alte Profis. Trotzdem gibt es bei jedem Song musikalische Vorbilder und Einflüsse zu erkennen, ohne dabei den eigenen Stil zu vernachlässigen. Bis auf wenige Ausnahmen gute, bodenständige und abwechslungsreiche Rockmusik.
Ich bin überrascht, dass mir dieses Album so gut gefällt. Erstens hatte ich noch nie von dieser Band gehört und zweitens habe ich bei meinen Recherchen eine handvoll Reviews gefunden, bei der diese CD alles andere als gut wegkam - das erging mir aber auch schon bei Smokewagons Deuce so, die zur Zeit meine Lieblingsrockscheibe ist.
Gut möglich, dass der eine oder andere Autor für 'neues Material' nicht offen ist oder andere Gründe hat. Die CD "United" von Sex Museum zählt zu denen, die ich mit guten Gewissen unterstützen kann. Da der Unterschied zu den anderen Reviews allerdings recht groß ist, bitte ich euch voher reinzuhören, da man doch etwas anderes bekommt als man vielleicht erwartet, wenn von 'Alternative Rock' die Rede ist.


Spielzeit: 44:16, Medium: CD, Locomotive Records, 2006, Alternative Rock
1:Ghost Without A Will 2:I've Lost My Faith (In You) 3:Madrid 4:Mother Nature 5:I Won't Go Back 6:The Distance (Despedida A La Francesa) 7:I Enjoy The Forbidden 8:Outrageous Woman 9:Talk About The Good Times 10:Something For Real 11:Unidos
Tom Kaldyka, 25.07.2006