SH.TG.N / Same
SH.TG.N Spielzeit: 48:53
Medium: CD
Label: Moonjune Records, 2012
Stil: Avantgarde

Review vom 16.12.2012


Markus Kerren
Aus dem schönen Belgien erreicht mich irgendwie immer ziemlich abgefahrenes Material. So auch SH.TG.N (sprich Shotgun), die ihr am 01.12.2011 live (im Studio) in einem Rutsch aufgenommenes, gleichnamiges Album vorstellen. Die Band wurde im Februar 2009 von dem Keyboarder Antoine Guenet mit dem Plan gegründet, es mal so richtig krachen zu lassen und dabei einen Gegenpunkt zu allen aktuellen Musikrichtungen zu setzen. Und aus diesem Blickwinkel betrachtet, kann man nur sagen: Volltreffer, Mission erfüllt!
Irgendwie schafft es das westeuropäische Sextett, eine Mischung aus schwerem Metall, Jazz, Psychedelic und Avantgarde auf die Reihe zu bekommen, bei der nicht unbedingt immer klare Songstrukturen oder ein logischer Aufbau der jeweiligen Tracks nachvollziehbar sind. Und: Da schwebt auch eindeutig der Geist des seligen Frank Zappa über dieser Scheibe, speziell wenn Wim Segers sein abgedrehtes Vibraphon zu sehr heavy gespielten Gitarrenakkorden ins Spiel bringt.
Der Gesang scheint eine eher untergeordnete Rolle zu spielen, zumindest wird er relativ wenig eingesetzt. Wenn, dann oft genauso ungewöhnlich (manchmal gar psychopathisch), wie auch die zwölf Tracks auf diesem Debüt vom Musikalischen her klingen. Ach ja, psychedelische Einflüsse wurden natürlich auch noch verwendet, denn schließlich sind die Belgier konsequent in ihrem oben genannten Vorhaben. Und wenn man sich auf diesen ganz eigenen Stil einlassen kann, dann taucht man zwangsläufig in einen anderen Kosmos ab, der einen knapp fünfzig Minuten nicht mehr loslässt.
Der Sound dieser komplett live (ohne Netz und doppelten Boden) eingespielten Scheibe ist wunderbar rau, entspricht aber durchaus dem erwarteten qualitativen Standard. Bei "Erase Her Head" geht es, wenn man von dem abgedrehten Gesang absieht, sogar relativ geradlinig zur Sache, bevor bei "A Glimpse Into Eternity" erstmal nichts so richtig zusammenpassen will. Aber bei genauerem Hinhören wird klar, dass da ist schon Methode dahinter ist, sprich der Sechser weiß eigentlich ganz genau, was er da so macht. Allerdings braucht der interessierte Musikfan erstmal ein paar Durchläufe, bis er die Zusammenhänge erkennen kann.
Aber gut, Platten, die sich einem erst nach und nach erschließen, sind ja eigentlich sowieso immer reizvoller und haben eine wesentlich höhere Langzeitwirkung, als das beim Gegenteil der Fall ist. Das Label Moonjune Records bezeichnet diesen Stil übrigens als »Heretic-Neo-Medieval-Carnival-Folk-Metal-Jazz-Rock-in-Opposition«... ja, genau, besser hätte ich es eigentlich auch nicht ausdrücken können.
Aber im Ernst, das Debütalbum von SH.TG.N ist definitiv keine leichte Kost und erst recht nichts für jeden Tag bzw. jede Situation. Man muss schon in der richtigen Stimmung sein, um in die Welt der Band abtauchen und sich dort auch wohlfühlen zu können. Rein vom Spielerischen sind alle sechs Musiker spitzenmäßig, darüber gibt es gar keinen Zweifel. Wer also Lust auf die etwas unkonventionellere Unterhaltung hat, der liegt bei dieser Gruppe definitiv richtig. Erstmal anchecken kann aber auch nicht schaden.
Line-up:
Antoine Guenet (keyboards, vocals)
Fulco Ottervanger (lead vocals)
Wim Segers (vibraphone)
Yannick De Pauw (guitars)
Dries Geusens (bass)
Simon Segers (drums)
Tracklist
01:Dead Baby
02:Deejays Should Have Low Self-Esteem
03:Eyjafjallajökull
04:Shitgun
05:Camera Obscura
06:Shotgun (Afraid Of)
07:Save Us From Bloody Women
08:Erase Her Dad
09:A Glimpse Into Eternity
10:Esta Mierda No Es Democracia
11:J33 (I Don't Wanna See)
12:Black Beetle
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