Eigentlich kannte ich Sham 69 schon, als ich sie noch gar nicht kannte! Hört sich komisch an, aber die Geschichte war folgende: Circa Mitte der Achtziger erstand ein sehr guter Kumpel von mir das göttliche Album "Hau Ab" von der obskuren deutschen Punk Band MAF (Mut Aus Flaschen), welches ich mit Inbrunst geliebt habe. Und ein bestimmter Track dieses Longplayers fiel mir bereits damals ganz besonders auf.
"If The Kids Are United" war nämlich nicht nur einer der besten Titel der Langrille, sondern auch der einzige, der in englisch gesungen wurde (nicht, dass das einen wirklichen Unterschied gemacht hätte, denn ich konnte und kann selbst bis heute die deutschen Texte immer noch nicht verstehen).
Erst viele Jahre später erfuhr ich dann, dass dieser spezielle Song von der englischen Combo Sham 69 gecovert worden war. Wie dem auch sei, von MAF habe ich außer "Hau Ab" (vielleicht war der Titel ja auch ein Ratschlag an sich selbst?) nie wieder etwas gehört, während Sham 69 auch heute noch ihr Unwesen treiben und nun mit "Western Culture" ihr neues Album vorlegen.
Fest steht, dass diese Jungs immer noch gewaltig Feuer unter dem Hintern haben! Bereits beim ersten Song "ASBO Sports Day" lässt es der Vierer gewaltig krachen. Selbstverständlich bleibt man den drei Akkorden (ein vierter kommt nur, wenn es sich denn gar nicht vermeiden lässt) treu, schafft es aber dennoch, oder gerade deswegen eine ungezügelte Power zu entfesseln, ohne sich dabei groß um technische Filigranität zu kümmern.
Genauso stürmen uns "No Apologies" und der Titelsong aus den Boxen entgegen. Simple, aber effektive Gitarrenriffs und Refrains mit Mitgröhlfaktor, die live auf der Bühne wahrscheinlich zu wahren Schlachtfesten mutieren. Punk Rock im Jahr 2007, mit Sham 69 als Beispiel, bedeutet, dass die uferlose Ungestümheit der Siebziger wegen des fortgeschrittenen Alters natürlich etwas nachgelassen hat. Selbst die Instrumente wurden sauber eingespielt und der Sound der CD kann sich durchaus hören lassen.
Ungläubig stelle ich im Booklet sogar fest, dass man sich bei Sponsoren für Gitarrensaiten und spezielle Schuhe bedankt. Damals war die Parole grundsätzlich 'Thanks for nothing'!!! Über die Jahre haben sich die persönlichen Ansichten zu bestimmten Dingen offensichtlich geändert. Ohne jedoch dabei auf die einverleibte 'Fuck You'-Attitüde zu verzichten und der offensichtlichen Angepisstheit freien Lauf zu lassen.
Auf "Western Culture" jagt ein Feger den nächsten, wobei ich selbst von "I Want Glory", "No Apologies" und dem herrlich versoffenen und Rock'n'Rolligen "I Love Her" am meisten begeistert bin. Leider fallen zwei bis drei Songs etwas vom Niveau ab, aber der Großteil reißt mit. Gebracht wird das Dutzend Liedgut in herrlich breitem Cockney-Arbeiter-Englisch, was die ganze Chose nochmal runder macht.
Sham 69 haben mit "Western Culture" ein starkes Comeback vorgelegt und ich hoffe, die Band wird uns erstens noch für ein paar weitere Jahre erhalten bleiben, und zum Zweiten, dass sie auch die deutschen Bühnen mal in Flammen aufgehen lassen werden. Und wer denkt, dass Alter vor Punk Rock schützt, der hat die Rechnung ohne den seligen Sid Vicious gemacht. 7 Uhren!
Line-up:
Dave Parsons
Rob Jefferson
Scazz
Ian Whitewood
Tracklist |
01:ASBO Sports Day
02:No Apologies
03:Western Culture
04:Medic
05:Here Come The Lies
06:I Want Glory
07:Hollywood Hero
08:I Don't Believe A Word
09:Give Me A Minute
10:New York City
11:I Love Her
12:Bite The Bullet
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