Mit dem Nachfolger von Trails, einer musikalischen Dokumentation von Klaus Adamascheks sechsmonatiger Amerikareise, zieht der unter dem Künstlernamen Shiregreen firmierende Mann aus Rotenburg so etwas wie eine Bilanz seines bisherigen Lebens, »um sich an seine Träume zu erinnern und das eigene Leben wieder fest in die Hand zu nehmen.« Diese Quasiretrospektive legt er abermals kompositorisch und von der Stimmung des Albums her auf seine bekannt ruhige, aber spannende Weise an. Shiregreens Lieder haben eine unverwechselbare individuelle Note, die man gerade im Singer/Songwriter-Milieu nur sehr selten finden wird.
Shiregreen steht für eine beeindruckende Ausgewogenheit und zieht zusammen mit seinen tollen Begleitmusikern, unter anderem ist Tom Eriksen wieder mit von der Partie, musikalische Kreise, mit denen er den Hörer auf einfühlsame Weise in seine Welt des Folk und Country entführt. Dabei werden grundsätzlich die akustische sowie elektrische Gitarre zu ausdrucksstarken Partnern, denen bei vorliegendem Album die Violine von Lukas Bergmann oder Sascha Schmitts Akkordeon als Stimmungsverstärker zur Seite stehen. Der Schlagzeuger Frank Schäfer untermalt mit seinem Drumming förmlich die einzelnen Lieder. Klasse, sein Feeling!
"The Stories I Could Tell" ist ein emotionales Barometer, dessen Messbereich von Nachdenklichkeit bis Hoffnung alles abdeckt. Mit Shiregreen, wie zum Beispiel bei "Old Graveyards", in die Vergangenheit zu schauen, ist eine sowohl musikalisch wie textlich sehr unterhaltsame Angelegenheit. Auch wenn es im gerade erwähnten Song um einen Friedhof »an der schwedischen Westküste oberhalb von Göteborg« geht, könnte mir bei diesem Lied aber auch ein Friedhof in England in den Sinn kommen. Im Song heißt es unter anderem:
»[...] Now and then I take you to some old graveyard
Two lovers strolling on mossy grass
We are walking from stone to stone, talking from heart to heart
We're reading all the letters from the past, from the past [...]«
"Roll On Train" ist aus meiner Sicht ein weiteres Juwel der Singer/Songwriter-Kunst. Man kommt sich bei dem von einem Train-Rhythmus unterlegten Lied wie ein Passagier in einem Zug vor und die Besonderheit liegt hier in einer durch die Violine sowie Handtrommeln von Paul Adamaschek erzeugte Dynamik. Als würde an verschiedenen Bahnhöfen eine Pause eingelegt, gibt es verträumt-nachdenkliche Phasen, in denen sich die E-Gitarre mit einem bluesigen Beitrag bemerkbar macht. Ja, so können Shiregreen & Co. in besonderem Maß zum Wohlbefinden des Hörers beitragen.
Wie im gerade beschriebenen Song hat jede Komposition ihre individuelle Auslage und glänzt sozusagen durch handverlesene Arrangements. Der Protagonist meint: »Fifty-five ist mehr als eine Zahl, fifty-five ist ein gutes Stück Lebensgefühl. « Vorausgesetzt, man hat diese Marke erreicht oder bereits überschritten, kann man dem wohl ohne Vorbehalte zustimmen. Nicht unerwähnt bleiben sollte allerdings, dass dieses Album durchaus auch für wesentlich jüngere oder ältere Zeitgenossen geeignet ist. Ganz im Sinn von Shiregreen, der Vergangenheit und Gegenwart miteinander in einen wörtlich genommenen Einklang bringt.
Aus dem Booklet erfährt man, dass zum Beispiel "Lakeside Song" noch aus dem "Trails"-Fundus stammt, sich aber ohne Probleme in den Kontext der Platte einfügt. Auch bei dem etwas flotteren "Like A Dinosaur" kann man dem Künstler folgen ... old school sein ist schön.
"The Stories I Could Tell" ist voller Überraschungen und musikalischer Feinheiten. Über ein solches Album darf nicht nur Shiregreen glücklich sein. Es liefert dem Hörer jede Menge wunderschön inszenierte, persönliche Sichtweisen sowie Emotionen, die man immer und immer wieder erleben möchte.
Line-up:
Klaus Adamaschek (lead vocals, acoustic guitar, harps, background vocals)
Tom Eriksen (electric guitar, acoustic guitar, background vocals)
Sascha Schmitt (organ - #1,5,13, accordion, glockenspiel, table bells)
Lukas Bergmann (violin)
Paul Adamaschek (bass, chimes, piano, toy piano, organ - #11,12, percussion, Fender Rhodes, background vocals)
Frank Schäfer (drums)
Sabrina Töwes (background vocals)
Alexander Knoll (background vocals)
Tracklist |
01:The Year That I Turn Fifty-Five (5:11)
02:For The Memories [Part One] (4:14)
03:Old Graveyards (4:22)
04:The Stories I Could Tell (4:14)
05:Roll On Train (5:11)
06:Lakeside Song (3:13)
07:Like A Dinosaur (3:45)
08:All About You (4:29)
09:Last Day Of The Summer (4:30)
10:Midnight Sun (4:10)
11:For The Memories [Part Two] (2:43)
12:Crossroads (3:07)
13:Last Song (4:34)
(all songs written by Klaus Adamaschek, except #1,8, words Klaus Adamaschek, music Klaus Adamaschek/Tom Eriksen)
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