Shizoey / Lineaments
Lineaments Spielzeit: 44:24
Medium: CD
Label: World In Sound, 2010
Stil: Post Rock


Review vom 01.06.2010


Moritz Alves
Der Begriff 'Lineament' kommt normalerweise in der geologischen Fachsprache vor und bezeichnet ein System oder eine Zone von weit in die Erdkruste hineinreichenden Störungslinien bzw. Brüchen. Im allgemeinen Sprachgebrauch dagegen wird unter 'Lineament' auch ein Charakterzug verstanden.
Beide Begriffserklärungen treffen wunderbar auch auf die dreiköpfige Band Shizoey aus dem österreichischen Vorarlberg zu, deren höchst ehrliche Musik durch ihre unglaubliche Intensität einerseits die Erderscheinung zu verändern scheint und andererseits natürlich auch massig Charakterstärke zeigt. Diese Kunst ist unter der Überschrift "Lineaments" veröffentlicht worden.
Shizoey verstehen es, wirklich authentische, rohe Rocksounds zu kreieren, die man irgendwo zwischen Grunge, Postcore, Psychedelic- und Blues Rock einordnen muss. Die ganze Chose zeichnet sich somit durch einen wunderbaren Jam Rock-Charakter aus und fängt auf diese Weise die pure Essenz der Rockmusik, wie sie eben am besten von sogenannten Power Trios produziert werden kann, auf Albumlänge ein: Die musikalische Klasse dieser Truppe zeigt sich in ausschweifenden, oftmals verschrobenen Soundkollagen, die einen lebhaften Stilmix erschaffen.
Unkonventionelle, leicht disharmonische Melodielinien werden hier von einem Sänger vorgetragen, der neben normaler Intonation auch gerne in Richtung Hardcore tendiert und in wüste, emotionale Schreitattacken abdriftet. Die brillante Gitarrenriff-Akrobatik dringt gnadenlos in des Hörers Ohren ein, beißt sich in den Synapsen fest und mausert sich dort zu wahren Soundungetümen inklusive rhythmischer Finessen und Laut-Leise-Dynamiken.
So kommt es, dass auf verquere Disharmoniemonster wie "In My Dreams" plötzlich nahezu komplett gegensätzliche Psychedelic-Garage-Rock-Sounds ("Flow") folgen. Das ist bei Shizoey glücklicherweise die Normalität. Auf diese Weise wird eine klangliche Magie erschaffen, wie man sie heute leider nicht auf vielen Alben spüren kann. "Lineaments" ist jedoch so ein ungeschliffener Diamant, eine einzigartige, extrem ehrliche Rockscheibe, deren kruder Crossover-Mix seine Liebhaber in vielen Rock-Subgenres finden sollte.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Shizoey die besten Elemente aus Hard Rock und Punk nehmen, einen ordentlichen Schuss Sechziger-Acid Rock drüberschütten, dabei die Postcore-Würzung nicht vergessen und am Ende als sehr schmackhaftes Musikgericht auf dem (Platten-) Teller landen. Dass zwischendurch mit einem Titel wie "Oriental Dream" auch eine überlange, astreine Jam Rock-Gitarrenorgie ihren würdigen Platz findet, darf dann als schmackhaftes Sahnehäubchen angesehen werden.
"Lineaments" ist zweifellos eine dieser Scheiben, bei der man sich freuen kann, auf geschmackvolle, handgemachte Musik zu stehen. Hammerteil!
Line-up:
Bernd Wehinger (guitar, lead vocals)
Marcel Bell (drums)
Daniel Vonbun (bass, lead vocals)
Tracklist
01:Intro (2:10)
02:Diving For Something (3:30)
03:Loco (2:52)
04:Lesson To Learn (4:51)
05:St Anton (4:16)
06:Shizoey (3:32)
07:Black Stones (3:59)
08:Dead Baby (2:57)
09:In My Dreams (1:42)
10:Flow (3:21)
11:Oriental Dream (6:12)
12:Empty Eyes (2:38)
13:Outro (2:24)
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