Hier an dieser Stelle die ganzen schwedischen Bands namentlich zu nennen, die es rein mit der Kraft ihrer Musik schaffen, Hirnschalen abzuschälen, würde den Rahmen dieser Rezension gnadenlos sprengen. Deshalb seien stellvertretend nur zwei dieser 'Wildsau-Combos' hervorgehoben:
Hellsingland Underground und...
Siena Root. Wer nicht wenigstens diese beiden kennt, dem ist ohnehin kaum noch zu helfen... begrabt ihn an der Biegung des Flusses!!!
Seit dem letzten Album,
Different Realities von 2011, haben sich
Siena Root ziemlich rar gemacht. Nun wird der Grund klarer: Es hat offensichtlich einen Wechsel an einem entscheidenden Posten gegeben.
Jonas Ahlén scheint die Sängerin
Janet Jones Simmonds in der Zwischenzeit beerbt zu haben. Nicht gänzlich überraschend, denn der Mikroständer hat schon häufiger bei
Siena Root den Besitzer bzw. die Besitzerin gewechselt. Eine männliche Stimme - da muss man sich in diesem speziellen Bandgefüge erst einmal umorientieren, was aber keine große Herausforderung darstellt.
Jonas Ahlén ist nämlich ein richtig guter Vertreter seiner Zunft. Er kann dies eindrucksvoll beweisen, obwohl er auf der rein instrumentalen B-Seite gar nicht mitwirkt.
...aber was für eines! Nach den knapp zehn Minuten ist klar: Es muss schnellstens wieder ein 'echter' Longplayer aus dem Hause
Siena Root her. Diese Truppe ist auch mit dem neuen Sänger eine echte Granate im 'klassischen' Heavy Rock.
Gleich der Titelsong "Conveniently Blind" wurzelt knietief im allerfeinsten Hard Rock-Stoff der Siebziger. Die Hammond röhrt, faucht und legt ein 'Solo-Furioso' vor, dass dem Hörer unweigerlich
Deep Purple in den Sinn kommt - kann man sich gar nicht dagegen wehren.
Jonas Ahlén erweist sich mit seiner angenehmen Rockröhre als glatter Kunstgriff. Die Nummer hat enormen Biss und Zug nach vorne - die Melodien fräsen sich sofort und nachhaltig ins musikalische Langzeitgedächtnis ein.
Das Instrumental "Mishra Kafi" lässt als B-Seite deutlich orientalische Züge erkennen, was nicht nur an der Sitar, sondern auch an den tranceartigen Strukturen liegt. In den anfänglichen Parts erinnert das gewaltig an
Guru Guru (und deren Sitarspieler
Werner Goos). Man sieht förmlich Sufis vor seinem geistigen Auge, wie sie sich langsam in Trance tanzen, um dann derwischartig in ihr gnostisch-göttliches Prinzip einzutauchen. Derart lässt sich auch der wilde Parforceritt deuten, der sich im zweiten Teil des Songs entwickelt.