Prog Metal aus der Schweiz verbindet man seit 1998 mit dem Namen Silent Memorial - aber nur in Asien. Dort kennt man sie also schon länger, die Voralpen-Progger aus Sumiswald - da spielt übrigens auch "Die Schwarze Spinne" von Jeremias Gotthelf - das nur am Rande. Und weil sich seinerzeit kein Label fand, das die Scheibe auch in Europa vertreiben wollte, haben Silent Memorial elf Jahre später ihr Debütalbum neu abgemischt und neu aufgelegt, rechtzeitig übrigens zur Veröffentlichung von Studioalbum Nummer zwei, "Retrospective".
Inzwischen hat die Band allerdings ein stark verändertes Line-up. Als Sänger ist Cloudscape-Frontmann Mike Andersson eingestiegen. Damit blieb die Band den schwedischen Sängern treu (aussprachetechnisch also gar kein Grund zur Vorab-Panik!), denn auf "Cosmic Handball" singt/sang Thomas Vikström (u.a. Therion, Brazen Abbot, Candlemass). Basser Michael und Drummer Jurg sind auch schon lange nicht mehr in der Band. Dieser Re-Release ist also eine Art Relikt aus einer anderen Ära - wir leben doch in einer schnelllebigen Zeit, gell.
Diese Zeit in der zweiten Hälfte der 90er war allerdings in Sachen Prog Metal schon extrem geprägt von Dream Theater - und das hört man "Cosmic Handball" an allen Ecken und Kanten (über-) deutlich an. Schon der Opener "O'Meditation" - "Mysteries Of Space" ist nur so eine Art 'kosmische Schwingung' - ist ein kurzweiliger Longtrack mit episch aufgebauten Spannungsbögen in anspruchsvoll gestalteten Drei-Minuten-Schleifen und nicht zuletzt einem eindringlichen Chorus als markante Hookline. Der progressive Hörgenuss hat aber einen Beigeschmack. Das komplette Intro klingt nach "Pull Me Under", und zwar so was von! Damit tut/tat sich die Band keinen Gefallen.
Ganz so krass bleibt es aber nicht. Stilistisch überrascht man zwar in den seltensten Fällen - beeindruckt aber gleichwohl durch großes Können und eine höhere Gabe für komplexe Kompositionen. Die Instrumentalpassagen sind erste Sahne und immer wieder mal Zappa-esk ("Carpet Diver"). Einflüsse von klassischem Metal und symphonischem Prog Rock schimmern durch und werden hin und wieder bombastischer und sperriger verarbeitet, als das bei Dream Theaters ersten Alben der Fall war. Das geht schon eher in Richtung Magellan. Hin und wieder ist das Ganze schwer und anstrengend zu hören; der zweite und der dritte Durchgang lohnen sich aber um so mehr.
Was die Lyrics angeht, darf man keine all zu großen Ansprüche an Tiefgang stellen. Wirklich irritiert bin ich aber nur bei "Lovely Galaxy", einer Art Liebes-Hymne auf die Milchstraße mit Textzeilen wie »Galaxy, oh lovely galaxy, we want to make love to you - cosmic intercourse can you imagine how, the highest love of it all«. Nun ja, vielleicht war das auch als Gag gemeint? Den Song belächeln sie heute schätzungsweise als 'Jugendsünde' - oder aber es handelt sich um die Bandhymne schlechthin, die live jedes Mal im Pflichtprogramm steht. Beides ist vorstellbar.
Mit "Cosmic Tornado" habe ich für mich noch einen persönlichen Favoriten auf dem Album ausgemacht. In dem Stück erinnern mich zwischen den aggressiveren 'galaktischen Unwettern' einige Melodien und Harmonien angenehm an "A Blueprint Of The World" von Enchant. Auch Ayreon-Fans sollten unbedingt mal reinhören - manch bombastisch-wildes akustisches Sperrholz und nicht zuletzt die orgeligen Classic Rock-Einflüsse ("Carpet Diver") könnten da rasch Überzeugungsarbeit leisten. Und die nimmersatten Jäger und Sammler im Prog-Bereich stellen sich "Cosmic Handball" sicherlich auch gern ins Regal - auch, wenn das Album trotz großer Klasse nicht gerade die Welt verändert (hat).
Line-up:
Thomas Vikström (vocals)
Christoph Baertschi (guitar)
Michael Halbach (bass)
Christian Haenggi (keyboard)
Jurg Friedli (drums)
Tracklist |
01:Mysteries Of Space (1:15)
02:O'Meditation (9:01)
03:I. Carpet Diver (7:02)
04:II. Deserted Land (8:48)
05:III. Falling Apart (2:54)
06:Fantasy Suit (7:07)
07:Lovely Galaxy (5:24)
08:Cosmic Tornado (11:25)
09:Black Hole (Exit) [13:14]
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