Simple Minds / 29.08.2010 , Polodrom, Jüchen
Simple Minds Simple Minds
Polodrom, Jüchen
am 29. August 2009
Konzertbericht
Stil: Rock
Fotos: © Christoph Heitzer


Konzertbericht vom 09.09.2010


Udo Gröbbels
Große Namen auf dem platten Land
In Zeiten von Wirtschaftskrise und illegalen Downloads können es sich auch große Bands nicht mehr erlauben, nur ein paar auserwählte Konzerte in Großstädten wie Berlin oder Köln zu spielen. In den letzten Jahren hat es sich immer mehr gezeigt, dass auch vermeintliche Mega-Bands mal auf dem schönen Lande auftreten müssen. Von irgendwas muss man ja leben und so freut es die Landbevölkerung um so mehr, dass man nicht immer in die Städte fahren muss, sondern auch mal in 20.000er-Orten große Musiker bewundern darf.
Im niederrheinischen Jüchen vor den Toren Düsseldorfs ist die Sache allerdings etwas anders. Zwar ist der Ort klein und beschaulich, aber die Location Polodrom auf dem Gelände des Motorradausstatters Polo ist alles andere als provinziell, denn mit einer der größten festinstallierten Freilichtbühnen Deutschlands kann man hier auch größere Bands in einem entsprechenden Rahmen präsentieren. Letztes Jahr haben hier die H-BlockX und Lenny Kravitz schon grandiose Auftritte hingelegt und in diesem Jahr kamen zum Sommer-Open Air Polo Rockt die schottischen Simple Minds vorbei.
Glasgow meets Niederrhein
LivingstonDie Simple Minds haben zwar heute nicht mehr den Status wie in den 80ern und frühen 90ern, aber trotzdem verfügt die 1977 in Glasgow gegründete Band über jede Menge Hits und auch die neueren Alben wie z.B "Graffiti Soul" von 2009 sind immer noch besser als 95 % der aktuellen Popmusik. Trotzdem denkt fast jeder bei dem Bandnamen an die großen Hits wie "Belfast Child" und den Mega-Hit "Don't You Forget About Me".
Man konnte also gespannt sein, wie groß der Bogen sein wird, den die Formation aus 33 Jahren Bandgeschichte live in Jüchen spannen würde.
LivingstonVor jedem Headliner steht meistens noch eine Vorband, und an diesem Abend hatte die internationale Truppe von Livingston das Vergnügen als Opener zu fungieren. Vergnügen soll hier nicht ironisch klingen, denn während viele Vorbands mit einem miesen Klang abgefertigt werden, bekam das Quintett einen amtlichen Sound gemischt. Die Band mit Mitgliedern aus Südafrika, Italien und Deutschland legte sich ordentlich ins Zeug und das Publikum nahm die Jungs wirklich gut an. Ihre Musik erinnerte etwas an Snow Patrol und mit kleinen Gimmicks wie einer Percussion-Einlage lockerte man ihre nicht gerade extrem abwechslungsreichen Kompositionen doch gut auf. Insgesamt eine solide Leistung.
Alive and Raining
Simple MindsWährend der Umbaupause zu Simple Minds passierte dann das, was sich am Himmel schon länger abzeichnete: Wolkenbruch. Hatte die Vorband noch das Glück, ihr Set komplett vor einem trockenen Publikum zu spielen, so öffnete jetzt aber der Himmel die Schleusen und die knapp 4.000 Zuschauer flüchteten sich unter alle möglichen Unterstellmöglichkeiten. Das sollte dann auch bis zum siebten Lied nicht mehr aufhören mit dem Regenguss, was natürlich für die Band einen sehr ungünstigen Konzerteinstieg bedeutete. Erfreulicherweise ließ sich Polo aber nicht lumpen und am Eingang bekam jeder Besucher umsonst einen Motorrad-Regenponcho geschenkt, was dann auch dankbar angenommen wurde. So wurde aus den Zuschauern ein großer roter Haufen.
Simple MindsGegen 20.20 Uhr bestiegen Simple Minds nach dem Intro "Theme For Great Cities" die große Bühne und schon beim Opener und Klassiker "Sanctify Yourself" kam der trotz Sauwetter hervorragende Klang voll zur Geltung. Ein großes Kompliment an den Mischer, der trotz absolut widriger Umstände (Regen und Wind) einen glasklaren Sound ins Polodrom zauberte.

LivingstonIn den folgenden knapp 100 Minuten gab es einen gelungenen Mix aus neuen Songs wie "Stars Will Lead Your Way" oder "Moscow Underground" und natürlich jede Menge Klassiker, wie das mit einem unheimlichen Groove versehene "Waterfront". Die Lightshow war auch sehr stimmig, und um eine Backgroundsängerin erweitert machte das Sextett einen sehr entspannten Eindruck. Frontmann Jim Kerr redete nicht viel zwischen den Songs und sein alter Freund aus Gründertagen, Charles Burchill, zauberte auch sehr lässig die Riffs aus seiner Gitarre. Bei "Mandela Day" hörte dann der Regen auf und spätestens bei "Don't You" war alles wieder gut. Für die richtigen Fans gab es als Abschluss vor der Zugabe noch das uralte "New Gold Dream" aus dem Jahre 1982.
Kraftwerk lassen grüßen
Simple MindsMit einer sehr gelungenen Coverversion von Kraftwerks "Neon Lights" (im Original "Neon Licht" vom Album "Die Mensch-Maschine") eröffnete man zunächst eher verhalten das Zugabe-Set. Mit der aktuellen Single "Rockets" gab man dann wieder etwas mehr Gas, um zum Höhepunkt des Konzertes mit "Alive And Kicking" nochmals die Masse zu mobilisieren. Gänsehaut! Das abschließende "Ghostdancing" (ebenfalls aus einer längst vergangen Zeit stammend) bildete einen schönen Abschluss eines tollen Konzertes.
Simple MindsNatürlich wollte ich nicht über die Querelen des Jüchener Spätsommerwetters schreiben, aber es war nun mal leider ein sehr prägender Faktor an diesem Abend und erst nachdem es wieder trocken war, kam endlich Stimmung auf. Ist aber auch nachvollziehbar, denn im strömenden Regen macht so ein Konzert als Zuschauer keinen Spaß. Trotzdem war es insgesamt ein musikalisch absolut hochwertiger Abend. Wenn man jetzt noch "Befast Child" gespielt hätte, wäre der Autor wunschlos glücklich gewesen, aber auch so war es ein toller Nostalgie-Trip mit einigen Schwenkern in die Neuzeit einer ganz großen Band.

Wir danken Friedhelm Kortmann von Polo für die problemlose Akkreditierung.
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