Vor 20 Jahren waren Skid Row auf dem Höhepunkt ihrer Karriere angelangt. Ihr gleichnamiges Debüt war nach dem Release 1989 unaufhaltsam durch die Decke gegangen und hatte mit "Youth Gone Wild", "18 & Life" sowie "I Remember You" drei Superhits abgeworfen, die heute ihren verdienten Platz in der Sleaze Metal-DNA haben.
Nach diesem äußerst respektablen Einstand war es 1991 an der Zeit, ein Nachfolgewerk aus der Taufe zu heben. Mit "Slave To The Grind" schafften die Mannen dann das Unglaubliche: Sie toppten ihren Erstling und stiegen als allererste Metal-Band überhaupt mal eben auf Platz 1 in die US-Billboard-Charts ein.
Das Album war somit von Beginn an ein riesiger Erfolg, auch wenn die Gruppe sich ein gutes Stück weit vom Songwriting des Debüts entfernt hatte. Die Grundausrichtung auf "Slave To The Grind" ist eine ganze Ecke mehr auf Heavy Metal fixiert als es noch beim Vorgänger der Fall war, ja, dieser Silberling ist das härteste Skid Row-Langeisen aller Zeiten. Dies mag wohl auch Sangesgott Sebastian 'Baz' Bach zuzuschreiben sein, der sich etwas mehr ins Songwriting einbringen konnte als auf dem Debüt, das von den Skid Row-Gründern Rachel Bolan (Bass) und Dave 'The Snake' Sabo (Gitarre) im Alleingang geschrieben worden war.
Damit ist wohl die unglaubliche Eleganz und Power dieses Zweitwerks zu erklären, mit dem Skid Row ihren Zenit erreicht hatten und an dessen Durchschlagskraft sie bis heute nie wieder haben anknüpfen können. "Slave To The Grind" trägt nicht nur einen genialen Albumtitel, sondern enthält zwölf absolute Knaller-Songs, die es richtig in sich haben und die spielerisch die Verbindung von Glam- zu Heavy Metal schaffen. So konnten ob der Brutalität des Materials plötzlich auch beinharte Hartwurst-Fans bedenkenlos zugreifen, die Skid Row zuvor aufgrund ihrer Beau-Optik noch als heillose Poser und als 'Mädchen-Metal' verschrien hatten. (Allen voran war natürlich der deutschstämmige Kanadier Sebastian Bach - bis heute der Prototyp des Metal-Posterboys - schuld an unzähligen feuchten Höschen.)
Aber lassen wir die Optik mal außen vor: 'Let the music do the talking' heißt es, und diese alte Weisheit ist auf "Slave To The Grind" unbedingt anzuwenden! Dieses Teil schafft es wie kaum ein zweites Album aus der goldenen Sleaze-Ära, knallharte Mörderriffs und intensive Balladenmomente wie selbstverständlich nebeneinanderzustellen - beide Sound-Extreme sind hier in Form ultimativer Sahnestücke vorhanden. Die Scheiblette wird von gleich drei absoluten Riff-Monstern eröffnet, die bis heute verdammt noch mal unerreicht sind. Die Gitarrenarbeit auf "Monkey Business", "The Threat" und dem Titeltrack ist dermaßen ausgefeilt und essenziell, dass dem Hörer einfach die Kinnlade runterklappt. Diese Songs sind eine einzige Metal-Lehrstunde! Beginnt der Opener noch ganz unschuldig mit einem clean gespielten Riff und verhaltenem Gesang, bricht nach einigen Takten plötzlich die Hölle los, und Skid Row rocken einen ihrer besten Songs runter. Das darauffolgende "Slave To The Grind" ist ein hundsgemein stampfender, wütender Giftbrocken, zu dem man sich unweigerlich die Rübe abschrauben muss. Abgelöst wird er von den fiesen, fast noch brutaleren "The Thread"-Riffs, die sich unbarmherzig in die Gehörgänge fräsen - Metal pur!
Somit kann man nach diesem Killer-Trio der Verschnaufpause "Quicksand Jesus" nur dankbar sein. Zusammen mit "In A Darkened Room" und "Wasted Time" stellt dieser Übersong das Balladen-Soll des Albums, das die emotionale Seite von Skid Row wiederspiegelt. Hatte es auf dem Debüt mit "18 & Life" sowie "I Remember You" schon zwei ähnlich gelagerte Sternstunden gegeben, perfektionierten die New Jersey-Boys diese Kunst 1991 und warteten mit tiefgehenden, unglaublich vielschichtigen Arrangements auf. Die Debüt-Balladen mögen über die Jahre zwar bekannter und erfolgreicher geworden sein, in musikalischer Hinsicht und vom Songwriting her können sie den drei "Slave To The Grind"-Schmonzetten jedoch nicht das Wasser reichen.
Es ist nahezu unmöglich zu sagen, welche der drei nun die großartigste ist - jede glänzt mit unglaublich intensivem Gesang, durch den sie meilenweit über dem üblichen Sleaze-Schmacht-Level schwebt. Es sind wirklich die Gesangslinien Sebastian Bachs, die diese Balladen zu etwas ganz Besonderem machen und die ohnehin ausgeklügelten Arrangements (Gänsehaut erzeugende Spannungsbögen en masse!) somit wunderbar ausbauen. - Atemberaubend, wie Baz sich in "Quicksand Jesus" in stratosphärische Höhen schraubt! Genial, wie seine Stimme bei "In A Darkened Room" mit den hochmelodiösen Gitarrenleads von Scotti Hill zusammenspielt! Einzigartig, wie der Sänger zu Beginn von "Wasted Time", der Intensität Rechnung tragend, butterweich über den 12-saitigen Ovations schwebt!
Doch auch die Metal-Schlagseite muss gewürdigt werden: Eines dieser Highlights ist zweifellos "Psycho Love", das abermals mit einem so derben Hauptriff ausgestattet ist, dass andere Bands dafür töten würden. "Livin' On A Chain Gang" beeindruckt durch seinen ellenlangen Solo-Part, bei dem sich Snake und Hill immer wieder die Lead-Bälle zuspielen. Das wild-rebellische "Riot Act" zeigt überdeutlich die rotzigen, mit Metal-Kante gespickten Punk-Wurzeln der Truppe auf, während das schleppende "Mudkicker" heavy vor sich hin stampft.
Schlussendlich wäre noch die mit F-Words gespickte Sleaze-Hymne "Get The Fuck Out" zu erwähnen, die offenbar dermaßen aneckte, dass in den USA extra eine entschärfte "Slave To The Grind"-Neuauflage mit dem Ersatztrack "Beggar's Day" - eigentlich der Japan-Bonustrack - in die Läden gestellt werden musste. "Get The Fuck Out" ist es außerdem zu 'verdanken', dass Skid Row wohl auf alle Zeiten Hausverbot im Wembley-Stadion haben werden - auf der damaligen Tour im Vorprogramm von Guns N' Roses wurde der Band nämlich hochoffiziell untersagt, diesen Track in London live zu spielen - worüber die Jungs sich natürlich kurzerhand hinwegsetzten.
Abseits von diesem provokativen Vulgärtrack enthält "Slave To The Grind" jedoch recht packende, tiefsinnige Texte, die insbesondere bei den Balladen hervortreten: So thematisiert "Quicksand Jesus" das nicht einfache Verhältnis des Menschen zu Gott, während "In A Darkened Room" Kindesmissbrauch aufgreift und dieses sensible Thema in einen sehr treffenden Text bettet. "Wasted Time" hingegen handelt offenbar von Ex-Guns N' Roses-Drummer Steven Adler, der - damals frisch gefeuert - immer mehr in eine Abwärtsspirale aus Drogen und Desillusion hineingeriet.
Rückblickend haben Skid Row mit "Slave To The Grind" vor zwei Dekaden ihr absolutes, mächtiges Meisterwerk geschrieben. Zwar blieben die Verkaufszahlen hinter dem Debüt zurück, doch in musikalischer Hinsicht haben Bach, Bolan, Snake und Co. hier definitiv noch einen drauflegen können, sodass die Scheibe in einem Rutsch in die Gehörgänge geht. Aufgrund der perfekten Mischung aus Härte, Melodie und ein wenig Schmalz müssen hier sowohl Metalheads als auch Kuschelrocker bedenkenlos zugreifen, denn "Slave To The Grind" gehört in jede gutsortiere Metal-Sammlung! - So, und jetzt noch mal "Monkey Business" reinschmeißen und die Anlage ganz weit aufreißen: »Ain't your business if I got no monkey on my back!«
Line-up:
Sebastian Bach (lead vocals)
Rachel Bolan (bass, backing vocals)
Dave 'The Snake' Sabo (guitars, backing vocals)
Scotti Hill (guitars)
Rob Affuso (drums, percussion)
Tracklist |
01:Monkey Business (4:19)
02:Slave To The Grind (3:29)
03:The Threat (3:50)
04:Quicksand Jesus (5:26)
05:Psycho Love (3:57)
06:Get The Fuck Out (2:43)
07:Livin' On A Chain Gang (3:58)
08:Creepshow (3:58)
09:In A Darkened Room (3:55)
10:Riot Act (2:40)
11:Mudkicker (3:54)
12:Wasted Time (5:49)
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