Was kommt denn da aus dem Hause des Bluesspezialisten Ruf Records daher? Raubeinig-stacheliger Southern Rock? Hell yeah, ist Thomas Ruf nun unter die Rebel Flag-Schwenker gegangen?? Obwohl... so gänzlich fehlplatziert ist das gar nicht. Der Blues als Ausdruck des Lebensgefühls des Südens ist seit jeher ein wichtiges Standbein des Southern Rock. Zwar spielten ihn stets 'Weiße', denen von Dummköpfen oftmals Rassismus und noch Schlimmeres nachgesagt wurde, dennoch waren diese Musiker zutiefst von dem Sound der Afroamerikaner beeindruckt und beeinflusst. Naja, wenn man an die Schönheit des alten Atlanta denkt, kann man auch nur den Blues bekommen... sorry, ich 'schwoff' gerade ab.
Skinny Molly wurde im Jahr 2004 von dem kurzzeitigen Skynyrd-Recken Mike Estes und dem Molly Hatchet-Gründungsmitglied Dave Hlubek gegründet. Im gleichen Jahr kam man nach Europa und räumte in Deutschland gewaltig ab. Trotzdem - und das ist ein Markenzeichen für die unstete Southern Rock-Szene - dauerte es ganze vier Jahre, bis mit No Good Deed das erste Album herauskam. Da hatte es Hlubek allerdings bereits zurück zu Hatchet gezogen.
Die Platte fiel seinerzeit bei mir komplett durch und verstaubte bis zu dieser Rezension im hintersten Winkel des Southern Rock-Regals. Aber auch nach vier Jahren kann man bei "No Good Deed" wenig Milde walten lassen. Skinny Molly wollten seinerzeit vielleicht auf Nummer sicher gehen und agierten merkwürdig verkrampft. Ein bisschen Country-, ganz viel Mainstreamrock... für die Southern-Szene zu zahnlos, fürs US-Radio nicht angepasst genug. Viel zu selten ließ man sich etwas Leine und dann blitzte, wie bei "Too Much", etwas von der Spielfreude der Band auf. Außer dem saftigen "High Price Of Low Livin'" ist herzlich wenig auf der Habenseite von "No Good Deed" zu finden.
Als dann Mastermind Estes für den schwer und lange erkrankten Bobby Barth bei Blackfoot einstieg, meinte man schon, das Sterbeglöcklein bimmeln zu hören. Nun, da Blackfoot in tiefer Agonie liegt, meldet er sich mit einem Klassealbum zurück... und hat sich mit Jay Johnson eine Muscle Shoals-Legende an die zweite Gitarre geholt. Das MUSS knallen - und genau das tut es auch!
Gleich "If You Don't Care" knüppelt fett aus den Boxen - na also, geht doch! So muss Southern Rock klingen!! Mit "Devil In The Bottle" wird eine alte Skynyrd-Nummer nachgeschoben, an der Mike Estes als Co-Autor Rechte besitzt. Die Nummer ist wesentlich bissiger als die lasche Urversion auf der zwiespältigen "Endangered Species" von 1994. Nach diesem bärenstarken Auftakt lässt der etwas lasche Country-Rocker "Two Good Wheels" etwas durchhängen, bevor Skinny Molly mit "Too Bad To Be True" wieder das Messer zwischen die Zähne nehmen.
Die wahren Großtaten von "Haywire Riot" folgen nun erst. "Judge Parker", dem berühmt-berüchtigten 'Hanging Judge' gewidmet, hat alles, was einen lupenreinen Südstaatenrocker ausmacht: ein kerniges Riff, schwerblütiges Feuer und eine Whiskey-gegerbte Stimme. "Bitin' The Dog" ist scharf, wie eine durchgeladene Waffe - das polternde "Shut Up And Rock" hat gar das Zeug zu einer Hymne. Die Gitarrenfigur zu "After You" erinnert zwar an Skynyrds "Double Trouble", was das Fußwippen und Kopfnicken zu diesem lässigen Country-Rocker kaum beeinträchtigt. Meine persönlichen Lieblingssongs sind die beiden Rausschmeißer "None Of Me No More" und "Dodgin' Bullets". Ersterer vermittelt genau die Stimmung einer schwül-heißen Nacht in den Swamps von Alabama - letzterer das Lebensgefühl des Südens... breit wie ein Monster-Truck.
"Haywire Riot" bringt für Skinny Molly so richtig Speck bei die Bohnen - ein äußerst herzhaftes Mahl nach der dünnen "No Good Deed"-Suppe. Nix für Feinschmecker, sondern eher was für Leute, die genau wissen, wie es sich anfühlt, nach zehnstündiger Maloche hungrig heimzukommen. Klasse, weiter so - aber das nächste Mal mindestens eine Viertelstunde länger. Wenig mehr als 35 Minuten ist schlapp!!
Line-up:
Mike Estes (lead vocals, lead and slide guitar, mandolin, baritone guitar)
Jay Johnson (lead guitar, background vocals)
Kurt Pietro (drums)
Luke Bradshaw (bass, background vocals)
Additional Musicians:
John Foster (B3 organ - #2)
Derek Parnell (co-lead guitar - #9)
Tracklist |
01:If You Don't Care (3:36)
02:Devil In The Bottle (3:39)
03:Two Good Wheels (3:21)
04:Too Bad To Be True (3:22)
05:Judge Parker (3:28)
06:Bitin' The Dog (3:14)
07:Lie To Me (3:45)
08:Shut Up And Rock (2:57)
09:After You (3:11)
10:None Of Me No More (3:38)
11:Dodgin' Bullets (3:15)
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