Slagr / Straum, stille
Straum, stille Spielzeit: 44:47
Medium: CD
Label: Ozella, 2011
Stil: Avantgarde

Review vom 19.07.2011


Norbert Neugebauer
»Diese Musik haben die Nornen gesponnen« - mein Gedanke nach dem ersten Hören dieser CD, so unwirklich, diffus und weltfremd klingt das, was das norwegische Trio Slagr hier auf dem Ozella-Label herausgebracht hat. Slagr bedeutet Stück oder Melodie, ein alter nordischer Begriff und der Albumtitel heißt übersetzt Strom, Stille.
»Tradition und Moderne lassen sich auf eine dunkel-betörende Affäre ein« kündet die Homepage zu diesem Release. Auch das Cover deutet auf Extravaganz hin.
Wenn man sich dann noch die Instrumentierung ansieht, hat man wohl schon eine Ahnung, was sich hier mehr verbirgt als offenbart.
Schicksalsschwanger und mystisch tönt es durch die Titel, die federführende Hardangerfiedel wird oft nur leicht angestrichen und kratzt und stöhnt dann mehr, als dass sie singt. Auch die beiden anderen Instrumente sind sehr zurückhaltend eingesetzt. Es klingt archaisch, nordische Melodien bilden den Grundtenor, dazu kommen leichte Jazz-Anleihen, Neutöner-Strukturen á la Steve Reich, zuweilen klassische Aspekte. Das passt durchaus zusammen. Einfache, langsame Rhythmen - eine Art Nordland-Mystizismus des 21. Jahrhunderts, puristisch, mit eigenartigem Reiz. Nein, keine modische Esoterik, das hier hat alte Wurzeln.
"Straum, stille" beschwört nebelverhangene, einsame Landschaften ohne Menschen herauf, dunkle Stimmungen, skandinavische Melancholie. Klänge des Vergessens.
Der Hörer muss ein besonderes Faible für diese Art von Musik haben, die weitab normaler Hörgewohnheiten (vor allem des Rockmusikfans) liegt. Aufgenommen in der Sofienbergkirche in Oslo unter Leitung von Nils Økland hat sie einen sakral-meditativen Charakter, kammermusikartig auf wenige Elemente reduziert, mehr Zustand als Fluss. Wer "Officium" schätzt, wird auch hier Anknüpfungspunkte finden, wenngleich das Werk von Garbarek/Hillard Ensemble durch die Vocals natürlich einen ganz anderen Charakter hat. Fans nordischer Ethnoklänge und Seelenverwandte des leidenden Hobbits Frodo finden hier etwas für ihre Sammlung. Auch als Soundtrack für einen düsteren Krimi irgendwo in den Tundrawäldern wird sich "Straum, stille" hervorragend eignen, nicht jedoch für das fröhliche Mittsommerfest.
Slagr wurden 2003 gegründet, jedes der drei renommierten Mitglieder ist noch in anderen Projekten tätig, teilweise wurden auch schon Solo-Alben veröffentlicht.
Line-up:
Anne Hytta (hardanger fiddle)
Sigrun Eng (cello)
Amund Sjølie Sveen (vibraphon)
Tracklist
01:Drifting Out Of Sleep
02:Solaris
03:April
04:Layngdalen
05:Still
06:First Frost
07:Quiet Rain
08:Shimmer
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