Slivovitz / All You Can Eat
All You Can Eat Spielzeit: 47:34
Medium: CD
Label: MoonJune Records (Cargo Records), 2015
Stil: Jazz Rock, Fusion

Review vom 21.11.2015


Markus Kerren
Die Band Slivovitz beschreibt sich selbst als ein musikalisches Kollektiv. Die Gründung geht auf das Jahr 2001 in Neapel zurück und seither soll sowohl die Musik als auch die Stilistik (die von den Italienern unter dem Oberbegriff Ethno Jazz Rock zusammengefasst wird) im ständigen Fluss sein. 2005 erschien das gleichnamige Debütalbum, das 2009 von "Hubris" gefolgt wurde, das in seiner Aktualität 2011 schließlich von "Bani Ahead" abgelöst wurde. Mit dem einladenden Namen "All You Can Eat" liegt nun also die vierte Scheibe des (momentanen) Septetts vor, die insgesamt acht Tracks und eine Spielzeit von einer guten dreiviertel Stunde aufweisen kann.
Fließen und gleiten tut hier wirklich alles, die rockigen Anteile werden zumeist von Gitarre, Bass und Schlagzeug gelegt, die dann aber scheinbar beliebig oft von den Bläsern in einen völlig neuen Kosmos transportiert werden und sich plötzlich in einem soften Jazz-Stück befinden. Vor allem die Bläser erinnern immer wieder mal an die Musik bzw. die Atmosphäre von Frank Zappa (beispielsweise dessen Album "Waka/Jawaka", 1972). Und genauso unberechenbar wie der verstorbene Großmeister zu Lebzeiten war, so ist es Slivovitz mit ihrer Musik.
Dabei gibt es immer wieder sehr lange Passagen, die äußerst harmonisch und 'friedlich' die Ohren umschmeicheln, bis sie dann von teilweise halsbrecherischen Breaks abgelöst werden und sich die komplette Nummer plötzlich auf völlig neues Terrain begibt. Dass die komplette Scheibe rein instrumental ist, stört aufgrund der ständigen Tempo- und immer wieder vorkommenden Stilwechsel übrigens überhaupt nicht. Die Musiker (Derek Di Perri, Marcello Giannini, Pietro Santangelo und Riccardo Villari sind seit der Bandgründung mit dabei) sind allesamt Asse auf ihren Instrumenten und auch die Improvisationen zeugen von Experimentier- und Abenteuerfreudigkeit.
Aber wenn ich hier von vielen Breaks spreche (die zweifelsfrei vorhanden sind), dann heißt das noch lange nicht, dass es sich bei "All You Can Eat" um ein hektisches oder 'fahriges' Album handelt. Vielmehr verstehen es die Neapolitaner ganz prächtig, ihre Linie beizubehalten, alles wie aus einem Guss klingen zu lassen und die Stücke zumeist sogar sanft auf das Nervenkostüm abzufeuern. "Oblio" wird zum Beispiel von einer sanft gezupften E-Gitarre gestartet zu der sich dann die Bläser gesellen, die den Staffelstab anschließend an die Violine weitergeben. Bei der Melodieführung wird dann entweder munter abgewechselt oder gemeinsam agiert.
Was diese Scheibe außerdem empfehlenswert macht ist die Tatsache, dass die vertretenen Stücke trotz der relativ großen Besetzung nie überladen wirken, man hat nie das Gefühl einem musikalischen Overkill ausgesetzt zu werden. Klasse gemacht. Hinter dem witzigen Titel "Currywurst" hat dann Derek Di Perri an der Harmonika seinen großen Auftritt in Form eines Solos. Davon abgesehen legt hier die Gitarre einen tollen groovigen, ja sogar funkigen Teppich, den die Bläser sofort aufgreifen und das Boot gemeinsam in einem ganz feinen Gewebe über fünf Minuten lang durch die stürmischen Wellen geschifft wird.
Die Italiener von Slivovitz beweisen also auch mit "All You Can Eat" eindrucksvoll, warum sie nicht nur in ihrer Heimat großen Erfolg, sondern sich in fast ganz Europa bereits einen hervorragenden Namen erspielt haben. Natürlich sollte man ein gewisses Faible für Jazz und Fusion haben, bevor man sich diese Scheibe zur Brust nimmt. Ist diese Voraussetzung jedoch gegeben, dann wird man mit diesen 47 Minuten garantiert jede Menge Spaß haben.
Line-up:
Derek Di Perri (harmonica)
Marcello Giannini (acoustic & electric guitars)
Vincenzo Lamagna (bass)
Salvatore Rainone (drums)
Ciro Riccardi (trumpet)
Pietro Santangelo (tenor & alto saxophone)
Riccardo Villari (acoustic & electric violin)
Tracklist
01:Persian Nights
02:Mani In Faccia
03:Yahtzee
04:Passannante
05:Barotrauma (La Zappa Sui Piedi)
06:Hangover
07:Currywurst
08:Oblio
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