Status Quo / The Party Ain't Over Yet...40 Years Of Status Quo
The Party Ain't Over Yet
"Meine Telecaster klingt wie jede andere. Francis' Telecaster klingt auch wie jede andere. Aber beide zusammen klingen wie STATUS QUO." (Rick Parfitt)
Um es gleich vorwegzunehmen:
Nein, es handelt sich bei der Doppel-DVD "The Party Ain't Over Yet ... 40 Years Of Status Quo" nicht um eine aktuelle Konzertaufzeichnung der gleichnamigen Jubiläumstour, auch nicht um ein Extralarge - Making Of der aktuellen Studioplatte und ebenso wenig um einen entsprechenden Zwitter, nein, wir haben es hier mit einer etwas kruden Gemengelage aus einer Dokumentation, welche tatsächlich ein Making Of des aktuellen Albums beinhaltet, gleichzeitig aber auch einen Rückblick auf 40 Jahre Parfitt/Rossi gewährt (Status Quo gibt's eigentlich erst seit 1967!), diversen Archiv - Schnipseln aus der Vergangenheit der Ausfallschrittlegende, Outtakes der Dokumentation, dem Dreh zum Video der Single "The Party Ain't Over Yet" und dem Making Of einer britischen TV-Soap, in welcher die Band kurzzeitig mitwirkte, zu tun.
Das liest sich jetzt etwas unübersichtlich, ist aber durchaus so gewollt, weil analog zur tatsächlichen Unübersichtlichkeit der vorliegenden Doppel-DVD.
Der Rezensent ist ob der Konzeption, sofern hier überhaupt von Konzeption gesprochen werden darf, etwas verwirrt.
So bietet uns Disc 1 mit einer ca. 78minütigen Dokumentation einen stimmungsvollen und informativen Einblick in den Entstehungs- und Produktionsprozess des neuesten Quo-Longplayers. Soweit, so gut.
Das Ganze beginnt aber mit einem aktuellen Liveauftritt und führt schon mal ganz keck in die Irre. Dann kristallisiert sich bald heraus, dass dieser Auftritt offenbar eine Art roter Faden sein soll, denn neben etlichen (Blödel-)Sequenzen Backstage endet letztlich die Dokumentation damit, dass die 5 aktuellen Protagonisten die Bühne entern.
Dazwischen haben wir neben den launigen Studioaktivitäten der Band auch deren Geschichte kennen gelernt, welche an Hand von Interviews, die während der Plattenproduktion geführt wurden, veranschaulicht wird. Zur besseren Verdeutlichung gibt es noch diverse Archiveinspielungen aus der Historie der Band zu bestaunen. Die Interviews beleuchten durchaus unterschiedliche Aspekte und entwerfen daher ein klareres Bild der Endlosschleifen-Boogierockkönige, als ich es beispielsweise bisher hatte. Zudem schimmert jederzeit eine ganz große Portion britischen Humors durch, der alleine schon diese Doku zu einem köstlichen Unterhaltungsfilmchen werden lässt.
So möchte ich mal kurz als Appetizer zwei Brüller von Rick Parfitt zitieren, von denen es hier nur so wimmelt und die natürlich auch von Francis Rossi zahlreich dargeboten werden:
"Ich bin nicht alt, aber ich kannte das Tote Meer schon, als es nur krank war."
"Wenn es nach mir ginge, gehe ich acht Jahre nach meinem Tod in Rente."
Letzteres Zitat ist doch für alle eingefleischten Quo-Heads ein sehr erfreulicher Ausblick. Übrigens wird auch ein schöner Blick in die Seele dieser Quo-Heads gewährt, so dass wirklich alle Facetten rund um die Band mal zur Sprache kommen. Insofern ist die Doku wirklich sehr informativ, vermittelt ausgezeichnet die spaßige aber gleichzeitig sehr professionelle Atmosphäre und Arbeit im Aufnahmestudio und wickelt mal eben so nebenbei die Historie von 40 Jahren 2-3 Akkordmucke aus fast allen Blickwinkeln betrachtet ab. Das finde ich persönlich etwas gewöhnungsbedürftig, ist aber in der Summe richtig gut gemacht.
Auf der Disc 2 gibt es dann noch einen ca. 18-minütigen Nachschlag, indem nicht verwendetes Material der Doku zur Verwendung kommt.
Dabei gibt es gerade hier noch weitere Kapriolen des Humors zu bestaunen. Wiederum glänzt dabei insbesondere Rick Parfitt mit solch schönen Pretiosen wie:
"Ich fühle mich heute wie eine Million Lire. Das sind ungefähr acht Pfund, oder?"
"Meine Frau sagte: 'Komm rauf und liebe mich.' Ich antwortete: Beides geht nicht."
Darüber hinaus wird hier nochmals deutlich, genauso wie in der eigentlichen Dokumentation selbst, welch wichtige Rolle das 'heimliche' fünfte (heute sechste) Mitglied im Bandgefüge einnimmt, nämlich Bob Young, seit 1970 u.a. kongenialer Songwriting-Partner von Francis Rossi.
Auch die beiden hatten bei den Interviews offenbar einen Heidenspaß, was sich in Dialogen wie folgenden dokumentiert:
Interviewer: "Wie lief's im Budokan?"
Rossi: "Keine Ahnung, waren wir da nicht voll?"
Young: "Ja, wie immer!"
Oder:
Bob Young: "Einer der neuen Songs ist im selben Schreibstil (wie früher, d.Verf.) entstanden. Es kommt einem ein Text in den Sinn, der wahrscheinlich gar keinen Sinn ergibt. Aber wenn dann alles fertig ist, kann man darin lesen, was man will."
Francis Rossi: "Das heißt, er ist ein Haufen Scheiße, aber wir sind damit durchgekommen."
Young: "Ich hab' ihm schon gesagt, mit wie viel wir durchgekommen sind."
Selbstredend beölen sich dabei die Protagonisten nach besten Kräften.
Ich muss sagen, wer den britischen Humor und Leute, die sich auch gerne mal selbst auf die Schippe nehmen können und vor allem sich selbst nicht zu ernst nehmen schätzt, der/die wird unabhängig von der Musik mit diesem DVD-Doppel seine/ihre helle Freude haben!
Hauptbestandteil sind hier aber die sogenannten 'Classic Archive Tracks', die es immerhin auf ca. 75 Minuten bringen.
So erleben wir uralte Promoclips mit Titeln wie "Technicolour Dreams" (1968), "Down The Dustpipe" (1970) und "Tune To The Music" (1971), wo blutjunge Musiker ihre musikalische (Aus)richtung suchen. Es folgen insgesamt 4 Titel von einem 1974er Konzert im 'Wembley Empire Pool', wo sie dann selbige schließlich gefunden hatten.
Leider hat das Bild- und Tonmaterial bei diesen 4 Titeln nur durchschnittliche bis eher schlechte Bootlegqualität, was den Genuss doch sehr trübt.
Viel besser kommt diesbezüglich der nachfolgende Kracher "Forty Five Hundred Times" rüber. Wir kommen hier bei einem 1982er Konzert im Birminghamer 'NEC' in den Genuss einer ausgesprochen kraftvollen, lebendigen und dynamischen Version dieser ausgedehnten Vorzeigeboogierockgranate. Und das mit bestem Ton und Bild!
Aber halt, apropos Bild, bis hierhin und auch bei den beiden noch folgenden Vollplaybackpromoclips von "Someone Show Me Home" (1978, Säuselschmonzette mit Folkeinschlag auf Schlagerbasis) und "Let Me Fly" (1978, mit Orgel und Gebläse aufgemotzter Standardboogie) sehen wir das Bild weder im 16:9 Format, noch im üblichen 4:3 Format. Nein, wir erleben hier das für den Rezensenten neuartige Guckkastenformat - oben, unten, rechts und links dicke schwarze Streifen, so dass nur noch ein kleines, fast quadratisches Rechteck übrigbleibt.
Was soll das???
Dies ändert sich erst beim Video zur Irish Folk inspirierten Schunkelschmonzette "Burning Bridges" (1988), der anschließend noch drei Songs vom Quo-Auftritt bei der 1999er Ausgabe der 'Night Of The Proms' folgen. Hier erklingen selbstredend die eigentlich unvermeidlichen "Whatever You Want", "In The Army Now" und "Rockin' All Over The World", begleitet von einem großen Orchester und räumen beim Publikum erwartungsgemäß mächtig ab.
Zum Schluss gibt es dann für knappe 10 Minuten Impressionen vom Videodreh zur aktuellen Single "The Party Ain't Over Yet" mit im wahrsten Sinne des Wortes fliegenden Kisten und ca. 30 Minuten lang Einblicke in die britische TV Soap 'Coronation Street'. Hier agiert wohl ein Hauptdarsteller, der in seiner Rolle großer Fan von Status Quo ist. Und so wurden selbige für ein paar Episoden ins Drehbuch geschrieben, was in dem Höhepunkt gipfelt, dass die Band höchstpersönlich auf der Hochzeit dieses Charakters spielt.
Hierbei werden ganz nette Einblicke hinter die Kulissen der Dreharbeiten und des Plots gewährt und wir erleben Status Quo bei ihrer, so vermute ich mal, Premiere als 'Schauspieler'. Einzig das jüngste Mitglied der Band, Schlagzeuger Matthew Leghtly (Jahrgang 1961) scheint sich dabei etwas unwohl zu fühlen, denn er betont:
"I'm a drummer, not an actor"
Fazit:
Dieses DVD-Doppel bietet Unterhaltung pur und hat nebenbei auch noch jede Menge Informationswert. Über die 'Konzeption' ließe sich dabei trefflich streiten, aber für den wahren Quo-Head ist das sowieso eine Pflichtanschaffung. Alle anderen können hier die Band, ihre aktuelle Arbeit und ihre Historie in amüsanter Form kennen lernen und dürften wie der Rezensent beim nächsten Live-Konzert der Simpelrocker doch mit einem etwas anderen Blickwinkel an die Sache herangehen.
Insofern erfüllt das Paket durchaus viele Kriterien einer Daseinsberechtigung.
Viel Spaß damit!
Technische Daten:
Colour
Region Code 2, 3, 4, 5
Subtitels: Englisch, Französisch, Italienisch, Deutsch, Spanisch
Disc 1: Picture Format: PAL 16:9 Widescreen; Audio Content: PCM Stereo
Disc 2: Picture Format: PAL 16:9 Widescreen und 4:3 FF (aha, d. Verf.), Audio Content: PCM Stereo, Dolby Digital 5.1 Surround Sound.


Spielzeit: ca. 200 Min., Medium: Do-CD, Warner Music Vision, 2005
Disc 1
Documentary: 1hr 18mins
Disc 2
Archive Footage: 1hr 15mins
1:Technicolour Dreams (promo 1968) 2:Down The Dustpipe (promo 1970) 3.Tune To The Music (promo 1971)
Live at Wembley Empire Pool 1974 including:
4: Big Fat Mama 5 & 6: Backwater/Just Take Me 7: Roll Over Lay Down 8: Don't Waste My Time
Live at Birmingham NEC 1982:
9: Forty Five Hundred Times 10: Someone Show Me Home (promo 1978) 11: Let Me Fly (promo 1978) 12: Burning Bridges (promo 1988), Live Night of the Proms 1999:
13: Whatever You Want 14: In The Army Now 15: Rocking All Over The World
'Quo on the Street' - 30mins
Outtakes - 18mins
Olaf "Olli" Oetken, 05.11.2005