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Stephen Stills / Just Roll Tape April 26, 1968
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Das ist schon wieder so eine Story, die einem dieser einfallslosen PR-Heinis einmal einfallen müsste: Stephen Stills nimmt ein halbes Jahr vor dem ersten Crosby, Stills & Nash-Album im Anschluss an eine Plattensession mit Judy Collins nur für sich ein Dutzend Songs auf. Er zahlt den Aufnahme-Techniker aus eigener Tasche und sagt ihm: »Just roll tape«, setzt sich hin und spielt auch einige der unvergleichlichen Stücke, die bald den Ruhm der legendären Supergroup begründen sollten. Das Masterband bleibt im Studio, und als das 1978 geschlossen wird, darf es ein anderer Musiker, Joe Colasurdo, mitnehmen. Es braucht lange, bis der sich die besonderen Bänder irgendwo anhören kann und er erkennt auch, welchen Schatz er da in Händen hält. Der soll zurück an den Urheber gehen, aber das dauert aus unerklärten Gründen bis 2003, als Graham Nash eingeschaltet wird. Der war es auch, der Stills zu der Veröffentlichung überredete, die uns nun vorliegt. Klasse Geschichte (und wenn sie erfunden ist, dann nehm ich den »einfallslosen PR-Heini « in dem Fall mit dem Ausdruck tiefsten Bedauerns zurück.)!
Stills war damals 23 Jahre alt, Buffalo Springfield lag in den letzten Zügen, die umschwärmte Judy Collins wollte auch nicht mehr viel von ihm wissen (was er in "Suite: Judy Blue Eyes" beklagt) und die USA taumelten vom 'Summer Of Love' in die zunehmende Depression. Die Studentenunruhen und die Proteste gegen Rassendiskriminierung und den Vietnam-Krieg bestimmten mehr und mehr die Schlagzeilen. Die Leute gingen auf die Straße, Martin Luther King war kurz zuvor ermordet worden, wenig später Robert Kennedy, und die Gewalt eskalierte. Kurz darauf führte Präsident Lincoln B. Johnson die allgemeine Wehrpflicht ein und verzichtete auf eine erneute Wiederwahl. Das alles als Hintergrund dieses Tags, als Stills seine Aufnahmen machte.
Und was gaben die Bänder vom 26. April 1968 nun her? Stephen Stills nur mit eigener Gitarrenbegleitung, der entspannt, aber konzentriert, seine Stücke in die Mikrophone spielt. Die wohlbekannte hohe Stimme und sein klasse Spiel mit den so typischen Trademarks zeigen, wie weit er damals als Künstler schon war. Die Demoaufnahmen enthalten die Rohfassungen der großen CS&N-Songs "Suite: Judy Blue Eyes," "Helplessly Hoping" und "Wooden Ships", die (zusammen mit "Black Queen") auch später Eingang in das Repertoire der Quartett-Besetzung mit Young fanden. "Change Partners" und "So Begins The Task" erschienen auf seinen Solo- und Manassas-Alben. Bislang völlig unveröffentlicht (nicht mal wohl auf Bootlegs, wenn man spezialisierten Kollegen glauben darf), obwohl von gleicher Qualität sind "All I Know Is What You Tell Me", "Dreaming Of Snakes" und "The Doctor Will See You Now". Der Rest findet sich später in anderen Songs wieder. Die regulären 12 Titel des Mitschnitts werden ergänzt von einer weiteren Aufnahme aus der Zeit, "Treetop Flyer", bei der sich Stills auf der Dobro begleitet.
Der Singer/Songwriter Stills pur mit klasse gespielten Songs, das ist schon mehr als nur ein Dokument, das zurecht nun veröffentlicht wird. Zumal die Takes von bemerkenswerter Qualität sind; o.k. einige Übersteuerungen sind vorhanden, aber ansonsten ist das Material schon technisch sehr sauber aufgenommen und wiedergegeben. Das klingt frisch und hat auch, nicht nur durch die lange Verschollenheit, eine besondere Aura. Interessant natürlich vor allem für CSN&Y-Fans, die die Songs ohne die berühmten Vokal- und Gitarrensätze hier praktisch 'nackt' hören können. Aber auch so, für sich, in Zeiten, da solche Solo-Alben wohl wieder vermehrt auf den Markt kommen, steht "Just Roll Tape" bestens da. Befürchtungen, dass da mit obskuren Aufnahmen, die irgendjemand jetzt aus einer Ramschkiste gezogenen hat, noch ein schneller Dollar/Euro gemacht werden soll, sind unbegründet. Und die erstmals hier gespielten Songs mit Bezügen auf die damalige Zeit sind schon allein das Geld wert!
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