Steve Skaith Band / Latin Quarter Revisited
Latin Quarter Revisited Spielzeit: 42:02
Medium: CD
Label: Westpark Music, 2010
Stil: Politpop


Review vom 12.03.2010


Tom Machoy
Mit Steve Skaith verbinde ich sofort Latin Quarter, eine Band, die ich seit den 80er Jahren kenne und sofort in mein musikalisches Herz geschlossen habe. Wie sollte ich sie auch nicht kennen, ihre Titel "Radio Africa" oder "Modern Times" liefen so oft im Radio und "Radio Africa" hatte sogar eine Chartplazierung zusammen mit "New Millionaires". Zweimal habe ich damals Latin Quarter 'konzerttechnisch' verpasst, wat'n Pech aber auch. Und so blieb mir wenigstens deren Musik auf den CDs zu hören, die ich mir dann auch alle, Stück für Stück, zunächst als LP, angeschafft habe.
Und ich höre sie heute immer noch so gerne wie damals, egal ob es "Modern Times", "Mick And Caroline", "Swimming Against The Stream", "Long Pig" "Bringing Rosa Home" ist oder Compilations, wie die "Radio Africa"-CD oder "Nothing Like Velvet" (keine wirkliche Compilation), die sogar den Titel "Dominion" mit deutschem Text darbietet. Wobei meine Wertung als beste Scheibe "Bringing Rosa Home" favorisiert und am Schluss "Long Pig" (der Kannibalen-Bezeichnung für menschliches Fleisch) stehen würde, na ja, Geschmackssache eben.
Anschließend war es für ein Weilchen still um Steve Skaith (Auflösung von Latin Quarter im Jahre 1999) und ab 2003 gab es dann Steve Skaith, der seitdem in Mexiko lebte, mit seiner Band zu hören. Stilistisch nicht viel anders, lateinamerikanisch, folkisch, natürlich, politisch - auf jeden Fall wieder klasse Musik. Zumal Steve Skaith auch immer wieder auf Latin Quarter-Material zugreift, sei es auf dem "Mexile"-Album von 2003 mit "Model Son" ("Swimming Against...") und besonders natürlich in den Konzerten, wovon ich nun auch Augenzeuge sein durfte. Die 'alten' Titel, die jeder kennt und mitsingt, einfach fantastisch.
Im Zwei-Jahres-Rhythmus ging es dann weiter mit "Empires & Us" (2005) und Imaginary Friend (2007), auf dem Richard Wright (Gitarre der Latin Quarter-Urformation) einen Gastauftritt hat. Seit 2007 lebt er wieder in England, formierte die Steve Skaith Band mit neuen Musikern und Musikerinnen, bis auf Ricardo Serrano, der bereits auf den 2005er- und 2007er-Alben mitspielte. Von diesen drei Alben gefällt mir das letzte von 2007 am besten, alles noch mit mexikanischer Besetzung. Es ist sehr 'violinenlastig', wodurch ein irrer Sound entsteht, der streckenweise völlig abgedreht klingt... psychedelisch!
Und nun das vierte Album, "Latin Quarter Revisited". Ein Album, dass auf Material von "Modern Times", "Mick And Caroline", "Swiming Against The Stream" und "Long Pig" zurückgreift, so ziemlich auf alle bekannten Titel dieser CDs. Produziert wurde es von Steve Jeffries (Keyboards der Latin Quarter-Urbesetzung). Es wurde aber so produziert, dass ein völlig neuer Sound zustande gekommen ist, der jung klingt, nichts nachspielt vom 'alten' Material und die Titel im neuen Gewand erkennen lässt. Oft wird mehr minimalistisch instrumentiert, akustisch, was diese Titel in einem ganz frischen Licht erstrahlen lässt. So, als wären sie einem Jungbrunnen entstiegen.
Die Texte, die damals von Mike Jones (wie Elvis Costello, aber besser) geschrieben wurden und damals schon so aktuell waren, haben selbst nach über 25 Jahren nichts von ihrer Aktualität verloren (was eigentlich ziemlich übel ist). Einzig am Text von "Radio Africa" wurden einige Passagen aktualisiert und den neuen politischen Unruhen angepasst. »...engagierte, zeitlos-aktuelle Poesie...« wird das hier genannt, besser ist es kaum auszudrücken.
Und nun lehne ich mich zurück, um der Musik zu lauschen, bei einigen Stücken leise mitzusingen und diese unaufdringlichen Melodien in mir aufzunehmen.
Unbekanntes, Neues gibt es nicht, aber die Arrangements sind hervorragend. In "New Millionaires" ist es das überzeugende Klavierspiel von Steve Jeffries, das dem Titel diese eigene Note verleiht, und dieses leise Akkordeon-Plätschern von Siobhan Culhane (früher Dostoyevskys), in "Radio Africa Continued" gleich zu Beginn Catherine Burkes Klarinettenspiel, das eher nach Klezmer, denn nach Reggae klingt und der ruhig führende Bass von James Ahwai über die Dauer des gesamten Titels.
Steve Skaith hat sich für diese CD eine ganze Menge einfallen lassen. Der dröhnende Harmonikaeinsatz zu Beginn von "Something Isn't Happening"; zwischendurch 'flackert' immer wieder das Harmonikaspiel von Siobhan Culhane auf. Es ist die schöne Besonderheit in diesem Stück, neben dem leise, sanften Mandolinenspiel von Catherine Burke.
"Dominion" war schon immer einer meiner Lieblingstitel; und diese Version mit Mandoline, Akkordeon und den minimalistischen Flötentönen hat nun dieses nur bestärkt. Die Damen der Steve Skaith Band bestechen durch perfekte Instrumentierungskunst. Im Stück "The Night" ist es eine große Freude, dem Klarinettenspiel zu lauschen, leise und fein und doch spüre ich die Dominanz des Instruments, von dem der Titel lebt.
"Eddie" ist der nächste Höhepunkt: Flöten, Akkordeon, so tief gespielt wie ein Bass, und Pipes (Dudelsackpfeifen), dass ich denke, irgendwo in den schottischen Hochebenen zu sitzen.
In "Donovan's Doorway" sind es für mich erneut die Frauen, die durch ihre Vielseitigkeit an den Instrumenten diese Außergewöhnlichkeit in den Interpretationen der Titel hervorzaubern. Akkordeon und besonders das Flötenspiel, das schon fast einen jazzigen Eindruck hinterlässt.
Vom "Swimming Against The Stream"-Album, sofort erkannt und mitgesungen, "It Makes My Heart Stop Speaking": Weniger geht kaum und trotzdem alles erreicht - Gänsehaut!! Es ist so schön, dass mit Klarinette, Akkordeon, Gitarre und Gesang so viel Freude und auch ein bisschen Sehnsucht erzeugt werden kann.
Mit viel grandiosem Flötenspiel, ein wenig Kalimba (kaum zu hören), einem schnurgeraden Gitarrenspiel und einem sehr dominanten Bassspiel (äußerst angenehm) wird auch "I Together" zu einem Ohrenschmaus.
Den Abschluss der CD bildet "Church On Fire" vom "Long Pig"-Album. Und hier sind noch mal alle Band- und GastmusikerInnen vertreten. Das schnellste Stück der CD - »Holy smoke - We've got a church on fire!«
Gesanglich ist Steve Skaith auf der Höhe der ersten Latin Quarter-LP, musikalisch ist dieses 'Aus-alt-mach-neu' komplett gelungen. Ich bin begeistert, bin begeistert, bin begeistert.
Line-up:
Steve Skaith (vocals and guitar)
Cathrine Burke (mandolin, whistles, clarinet, vocals)
Siobhan Culhane (accordion, whistles)
Ricardo Serrano (drums and percussion)
Tracklist
01:New Millionaires
02:Radio Africa Continued
03:Something Isn't Happening
04:Dominion
05:The Night
06:Eddie
07:Remember
08:Donovan's Doorway
09:Heart Stop Speaking
10:I Together
11:Church on Fire
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