Stoppok / PopSchutz
PopSchutz Spielzeit: 67:07
Medium: CD
Label: Grundsound/La-La-Land, 2014
Stil: Deutschrock, Roots Rock

Review vom 01.10.2014


Steve Braun
Mit Stefan Stoppok verhält es sich wie mit einem alten Rotwein allererster Güte: Er wird mit dem Alter immer besser! Das konnte man auf den letzten Soloalben des 'Pott-Poeten' ebenso feststellen wie auf "PopSchutz", diesem ersten Studioalbum mit Band seit satten sechs Jahren - eben seit "Sensationsstrom" von 2008.
Dieser Reifeprozess lässt sich an verschiedenen Parametern festmachen. Einmal an der Lässigkeit, mit der Stoppok hier sechzehn Knaller - einen kaltschnäuziger als den anderen - raushaut. Zum anderen der spielerischen Leichtigkeit, mit der sich der Wahl-Essener aus einem ganzen Sammelsurium stilistischer Mittel bedient. Das erinnert zum großen Teil verdammt an J.J. Cale
(Friede seiner Asche!!) - gelegentlich, wenn die Pustefix-Truppe der Mad Mercy Horns das große Gebläse ausfährt, auch mal an den einen oder anderen Chicago-Blueser. Da sind 'knödeliger' Americana und Roots Rock ebenso auszumachen, wie ein ums andere Mal Stoppoks Wurzeln im Folk Rock.
Da steht natürlich auch automatisch die reifer werdende Stimme im Fokus, die sich mit ihrem brüchiger werdenden Timbre passgenau in diesen musikalischen Rahmen einfügt. Überhaupt ist Stoppok (neben Herbert GrÖnemeyer) der einzige deutsche Rocker, der eigentlich 'unsingbare' Sätze mittels schnoddriger Schnauze (»es hätte nich besser komm könn« oder Zungenbrecher wie (»ich hör auf drüber nachzudenken, was Du mir gestern erzählt hast«) tätsachlich 'singbar' werden lässt.
Die ultrageile Truppe, die Stefan Stoppok hinter sich versammelt hat, steuert ein Übriges zum durchgängigen Gelingen von "PopSchutz" bei. Zuvorderst natürlich der bestens beleumundete Wally Ingram, vor allem als kongenialer Partner von David Lindley auffällig geworden, aber auch die Tausendsassas Reggie Worthy und Martin Huch (erspart mir hier bitte Hunderte von Referenzlinks) hinterlassen ebenso nachdrückliche Spuren wie die 'Tastengötter' Sebel und Blue Weaver an Hammond bzw. Piano.
Der allgegenwärtige Allerwelts-Einheits-Pop im »La-La-Land« kann die Synapsen des musikalischen Langzeitgedächtnisses verkleben und somit schwerst schädigen. Dagegen braucht es "PopSchutz"! Einen besseren als den von Onkel Stoppoks Hausmarke kann es gar nicht geben.
"PopSchutz" rockt die Hirnwindungen einfach, effektiv und nachhaltig frei. Keine Schnörkel, kein Trallala, kein Schickimicki-Wischiwaschi - einfach grundehrlicher, ziemlich amerikanisch ausgelegter Rock mit herb-deutschen Texten, die angenehm aufs plakative Anprangern verzichten, dafür hintergründig schürfen und zum Nachdenken anregen.
Was durch und durch gut ist, braucht nicht aufwändig seziert zu werden! "PopSchutz" präsentiert sich gut abgehangen wie ein teurer Pata Negra, derart rauchig-zart und geschmeidig, dass man die weit über sechzig Minuten problemlos auf Dauerschleife stellen kann. Das Stirnrunzeln beim Studium der Trackliste bzgl. Kraftwerks "Das Model" löst sich schnell in breitestes Grinsen auf. Angedeuteter Reggae-Rhythmus, Hammond, Lap Steel... man muss schon eine verdammt coole Socke sein, um so einen Klassiker derart frech umzumünzen!!
Zusätzliche Anspieltipps? Beispielsweise das rotzfreche "Wie schnell ist nix passiert", das mit Westcoast-Flair gespickte "Ganz egal, was auf der Fahne steht", der herrlich verzwirbelte Reggae "Was Du mir gestern erzählt hast" oder der Schlichtweg-Oberbrüller "Wir woll'n unser Steak zart":
»Warum reißen sich die Menschen
Gegenseitig den Arsch auf
Um sich dann zu beschwer'n
Dass es hier nicht gut riecht
Und lauter Mist auf dem Weg liegt ...«
"PopSchutz" befriedigt nicht nur jeden langjährigen Stoppok-Fan, sondern sollte auch so manchen neuen interessierten Deutschrock-Liebhaber akquirieren können. Ein durchweg überzeugendes Album - wer hätte ernsthaft etwas anderes von Stefan Stoppok erwartet?
Line-up:
Stefan Stoppok (Gesang, Gitarre, Fußdrum, Banjo, Waldzither)
Reggie Worthy (Bass, Gesang)
Sebel (Hammond, Akustikgitarre, Gesang)
Wally Ingram (Schlagzeug, Percussion, Gesang)

Gäste:
Blue Weaver (Piano)
Martin Huch (Pedal Steel, Dobro)
Steve Baker (Harp)
Der Waller-Heartchor u. d. L. v. Christiane Fricke:
Astrid North, Christian Brückner, Melanie Stahn, Julie Mensah, Johnny Liebling, Ralph Beulsmann, Chris Kiehl (Gesang)
Die Mad Mercy Horns:
Jörg Lahmann (Trompete)
Marten Ulrich (Tenorsax)
Katrin Begerow (Posaune)
Tracklist
01:Auf festem Grund (3:58)
02:La Kompostella (4:51)
03:Wie schnell ist nix passiert (3:56)
04:Kalter Kaffee, ruhige See (4:21)
05:Ganz egal, was auf der Fahne steht (4:04)
06:Ich sach ma so (4:51)
07:Wir woll'n unser Steak zart (4:36)
08:Nicht besser komm' könn (3:18)
09:Geh aufrecht (5:12)
10:Was Du mir gestern erzählt hast (3:53)
11:Komm an Bord, meine Liebe (4:52)
12:Alles klar (5:14)
13:Mach Dich winterfest (2:12)
14:Der Weg zu Dir (2:38)
15:Das Model (4:51)
16:Beknackte Kneipe (4:20)
Externe Links: