"Sag dem Teufel" "Julia und die Räuber" mögen sich mal "Den Hofnarr" oder die "Henkersbraut", die das Layout dieses Buches 'verbrochen' haben, zur Brust nehmen. Denn so verlockend und naheliegend der Gedanke »wenn wir schon durchgehend Vierfarbdruck wegen der vielen tollen Fotos machen, dann nutzen wir den doch auch aus« auch sein mag, die Idee ellenlange Passagen in dunkelroter, kleiner und auch noch kursiver Schrift auf schwarzen Grund zu setzen, sollte eigentlich zum "Aufstand" der Leser führen. Die umgekehrte Kombination (schwarze Schrift auf dunkelrotem Hintergrund) bringt das gleiche Problem mit sich – es ist, mal ganz nett ausgedrückt, sehr ermüdend zu lesen. Man muss schon hartgesottener Fan oder sehr gewissenhafter Redakteur sein, um sich das anzutun.
Wäre das Buch vom Inhalt her nicht wirklich interessant (und meine Augen noch relativ gut), hätte ich sehr wahrscheinlich spätestens nach der zweiten mehrseitigen Passage völlig entnervt aufgegeben. Und bevor ich mich jetzt endgültig dem Inhalt zuwende, noch ein Kritikpunkt – es ist an keiner Stelle erkennbar, wer denn nun Autor der gut 230 Seiten ist. Ich kann nur vermuten, dass es mehr oder weniger eine Gemeinschaftsleistung der Band war, eventuell auch mit 'wechselnder' Besetzung an der Schreibfeder. Nur vereinzelt ist (in den oben angesprochenen Passagen) ein eindeutiger Urheber erkennbar. Aufgefallen ist mir das in erster Linie deshalb, weil ich mich an manchen Stellen des Buches ernsthaft gefragt habe, wer denn da dem (Insidern wohlbekannten) Sängerkrieg so viel Raum zugesteht...oder ob da vielleicht jeder mal darf?
Doch nun endgültig zum Erfreulichen. Die Bandbio fängt Anfang der 80er Jahre in Potsdam mit einem kurzen Abriss der damaligen Musikszene an. Die Anfänge von Subway To Sally werden mit Simon und Bodenski in ihrer ersten Schülerband noch zu DDR-Zeiten gesehen. Ziemlich zeitgleich treffen, ebenfalls in Potsdam, Guido Schade, Ingo Hampf und Silvio 'Sugar Ray' Runge mit weiteren Musikern als Katzengold zusammen. Wie sich die Wege dieser Gründungsmitglieder kreuzen und kurz nach der Wende durch das Zusammentreffen mit Silke 'Frau Schmitt' Volland und der kurze Zeit später wegen ihrer Schwangerschaft wieder ausgestiegenen Conni (oder auch Conny, beide Varianten kommen im Buch vor) Jeutner, die Ursprungsbesetzung des Projekts Subway To Sally (damals noch mit 'u') zusammenfand, wird detailliert geschildert. Der Leser erfährt, wie Erik Hecht, aus dem kurz darauf Eric Fish werden sollte, dazufindet. Herrliche, zum Schmunzeln verleitende Zeitdokumente in Form von Schwarzweiß-Fotos und Zeitungsausschnitten, dokumentieren diese Phase der Bandgeschichte mit ihren vielen kleinen und kleinsten Auftritten. Mehr als nur ein Grinsen entlockt auch die Entstehungsgeschichte des 1993 erschienenen ersten Albums "Album 1994", mit einem diskussionsfreudigen Plattenlabel-Chef in Gesundheitslatschen, aufgenommen von einem kiffenden, langhaarigen Toningenieur in einem holländischen Studio.
Im weiteren Verlauf trifft die Band auf verschiedene Schlüsselpersonen, die in den farbigen Abschnitten mehr oder weniger ausführlich zu Wort kommen, so zum Beispiel Doro Peters vom Berliner Independentlabel Vielklang (wo u.a. Die Ärzte und verschiedene Mittelalterbands ihre Debütalben rausbrachten) oder Produzent Sven Regener (Sänger von Element Of Crime).
Neben unterhaltsamen Anekdoten und Geschichten aus dem Touralltag erfährt der interessierte Leser auch viel über die Entstehungsgeschichte der einzelnen Alben und dahinterstehende musikalisch-künstlerische Entwicklungen. Diese werden zum Teil sehr in die Tiefe gehend geschildert. Ganz kleines Beispiel gefällig? »... 5/4 oder 7/4 wurden verwendet, Taktarten innerhalb eines Songs gewechselt oder wie beim Liebeszauberthema in jedem vierten Takt ein Achtel weggelassen.« Auch hier wäre es wirklich interessant zu wissen, wer die Passage geschrieben hat.
Insgesamt weckt "Unsterblich" bei mir den Eindruck, dass in einer Art Collage viel Bandgeschichte und -geschichten zusammengetragen wurden – grundsätzlich kein schlechtes Vorgehen. Trotzdem wäre es vielleicht sinnvoll gewesen, dass abschließend nochmal jemand unvoreingenommen drübergeht , der ein klares Bild davon hat, wer denn eigentlich der Leser dieses Buches sein soll und es im Hinblick darauf überarbeitet. In der jetzigen Form wirkt es auf mich ein wenig zu sehr 'selbstgebastelt'. Da hätte ich mir eine klarere Linie erhofft. Ganz hartgesottene und unkritische Fans mögen genau dies vielleicht als Authentizität betrachten.
Mag sein, dass meine Messlatte zu hoch ist, doch speziell Subway To Sally, die immerhin meine erste Berührung mit der Mittelalterrockszene waren, rechne ich eigentlich zu den ganz Großen dieses Genres. Umso enttäuschender, wenn dann das Gefühl bleibt, diese Biografie wäre bestimmt auch noch besser möglich gewesen.
Nichtsdestotrotz hat mich das Buch dazu animiert, alle Alben erneut durchzuhören und daran dann richtig Freude zu haben.
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