Wenn sich eine Band 'Supagroup' nennt, darf man ein gerüttelt Maß an Selbstbewusstsein bei den Protagonisten voraussetzen. Aber: Als sich Supagroup Mitte der Neunziger formierte, grassierte noch nicht das Krebsgeschwulst, das man scherzhaft als 'Supergroupitis' bezeichnen kann. Oder gibt es etwa nicht eine Inflation von 'Supergroups'? Gut: Bei Chickenfoot mag dieser Ausdruck noch gerechtfertigt sein, aber bei Black Country Communion wird's schon haarig. Hat Jason Bonham, unabhängig von seinen respektablen Qualitäten als Drummer, etwa schon musikalisch 'etwas gerissen'? Außer, dass er 'Sohn' ist... In anderen Fällen - ich erspare mir Namensnennungen - wird es noch krasser: Ist ein Elaborat aus Mitgliedern von irgendwelchen 'hochgejazzten' Nischen-Bands per se schon 'super'? Das Musikbusiness dreht schon gewaltig 'am Rädchen', um eine nette Redewendung für 'völlig verrückt' zu benutzen.
Bei Supagroup passt es aber! Allein die umgangssprachliche Schreibweise lässt vermuten, dass man das eher als Persiflage verstehen darf. Der ganze glamouröse Habitus, der sich nach dem Hören von "Hail! Hail!" gefestigt hat, bestätigt diese Vermutung erst recht.
Die beiden chinesischstämmigen Gitarristen Chris und Benji Lee bilden das musikalische ZNS von Supagroup. Ursprünglich stammen die beiden aus Anchorage/Alaska - von der Westküste also, wo sich traditionell viele Asiaten angesiedelt hatten. Da man Alaska mit Fug und Recht als tiefste Rock-Provinz bezeichnen kann, zog es die Lees nach New Orleans, wo man sich vorwiegend dem Sludge Metal zu widmen begann. Weil sich diese Musik Ende der achtziger Jahre vorwiegend in Louisianas Metropole herausgebildet hat, bezeichnet man diese Musikrichtung auch als 'NOLA-Sound' - als Referenz würde ich hier gerne Down benennen.
Ich muss zugeben, dass ich von Sludge Metal null Ahnung habe. Für mich klingen Supagroup eher nach Glam Rock mit einem deutlich wahrnehmbaren 'Southern Touch'. Ach egal, der Kram rockt einfach nur karnickelgeil...
Wie die nächsten gut fünfzig Minuten stilistisch abgehen werden, kann man bereits an den ersten beiden Songs festmachen: Das Haupt-Riff von "Hail! Hail! (Rock And Roll)" klingt original nach Little Caesar - das der Single "Sexy Summertime" lässt die Georgia Satellites neu aufleben. Genau in diesem Spannungsfeld agiert Supagroup - und zwar unter Hochpannung! Allerdings sind die Hardcore-Wurzeln des Sludge in punkigen Abrockern "That's Enough Boys" (mit Gastauftritt von Danko Jones!) oder "Lion In The Age Of The Cage" nicht zu leugnen. Das sind dann auch die Momente, in denen mich "Hail! Hail!" nicht so sehr anspricht. Sehr viel besser kommt da schon "Back In The Game" daher: Ein 'bissiger' Heavy-Rocker, den man - um in der Metapher zu bleiben - besser nicht von der Leine lässt. Bei "Where'd You Put The Whiskey?" lassen Aerosmith vernehmbar grüßen. Es folgt für mich das Highlight, die Perle dieses Albums: Die 'glühenden' Riffs von "Down He Goes" brennen sich geradezu in die Gehörgänge fest - die Return-Taste muss geradezu manisch immer wieder neu gedrückt werden. Großes Kino, Jungs...
Das auf zwei akustischen Gitarren (wer das Cello spielt, ist dem Booklet nicht zu entnehmen) vorgetragene "Along The Yangtze" leitet auf den 'Rotz-Rocker' "Dear Hong Kong" über. Sicherlich wird sich das Brüderpaar mit beiden Songs auf seine familiären Wurzeln beziehen wollen. Als zweiter, aus einem sehr guten Album herausragender Song ist die Power-Ballade "The Bold Are Doomed To Die" zu nennen. Diesen krassen Gegensatz zwischen der mit messerscharfen Riffs unterlegten Strophe und dem balladesken, mit Streichern unterlegten Refrain habe ich irgendwann in den Siebzigern bei der zu Unrecht vergessenen Band Angel gehört. Erinnert sich noch jemand an Songs wie "The Winter Song" oder "That Magic Touch"?
"Crazy Too" rockt so gnadenlos wie ein musikalischer Klon aus den Stones und dem Georgia Satellites-Mastermind Dan Baird. "Never Bring A Knife To A Gunfight" fällt gegenüber dem Rest der Songs komplett aus dem Rahmen, dies aber sehr positiv! Hier kocht und brodelt eine gehörige Portion Southern Rock mit. Eine rein akustische Ballade mit schönem Satzgesang blendet "Hail! Hail!" aus und Supagroup zeigen einmal mehr, dass sie mehr als einfach nur Abrocken drauf haben.
Das bislang nur in den USA erschienene Album ist nun endlich - mit fast einem Jahr Verspätung - auch in Europa erhältlich. Supagroup wird sicherlich nicht nur bei mir Eindruck machen. Ein witziges Cover und ein Booklet mit allen Songtexten runden den rundum positiven Gesamteindruck ab. Kaufempfehlung!
Line-up:
Chris Lee (lead vocals, rhythm guitar)
Benji Lee (lead guitar, keyboards, vocals)
Leif R. Swift (bass)
Michael Brueggen (drums, percussion)
Guests:
Danko Jones (vocals - #4)
Marcy Van Hesseling (vocals - #9)
Tracklist |
01:Hail! Hail! (Rock And Roll)
02:Sexy Summertime
03:Back In The Game
04:That's Enough Boys
05:Where'd You Put The Whiskey?
06:Down He Goes
07:Along The Yangtze
08:Dear Hong Kong
09:The Bold Are Doomed To Die
10:Lion In The Age Of The Cage
11:Crazy Too
12:Never Bring A Knife To A Gunfight
13:And The Sun Will Still Shine
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