Sweet Sybil / Same
Sweet Sybil Spielzeit: 39:35
Medium: CD
Label: Eönian Records, 2010
Stil: Sleaze Metal

Review vom 23.08.2010


Moritz Alves
Dass die Schwemme an Hair Metal-Bands Ende der Achtziger/Anfang der Neunziger Jahre enorm war, ist gewiss keine Neuigkeit für Rockkenner. Logisch, dass unter all den Emporkömmlingen damals auch eine Menge Totgeburten zu finden waren, die es (glücklicherweise) gar nicht erst zu uns über den großen Teich geschafft haben.
Das US-Label Eönian Records hat es sich gut zwanzig Jahre später allerdings zur Aufgabe gemacht, einige alte Schätzchen von damals wieder auszugraben, in ein frisches Gewand zu stecken und neu auf den Markt zu werfen. So können Glam Metal-Freaks ihre Sammlung durch längst verschollen geglaubte Geheimtipps komplettieren und sich somit ein zweites Loch in den Popo freuen.
Die Truppe mit dem genrepassigen Namen Sweet Sybil darf man glücklicherweise eher in die Geheimtipp-Kategorie einordnen, anstatt sie achtlos auf die Sleaze-Müllhalde zu werfen - die Bezeichnung 'Totgeburt' trifft bei den fünf Herren aus Chicago also glücklicherweise nicht zu. Die Band klingt exakt so, wie man als erfolgversprechende Hard Rock-Combo vor circa zwei Dekaden zu klingen hatte: Auf diesem gleichnamigen Album gibt's amtlich gespielten Sleaze Metal auf die Ohren, der zudem mit dem ein oder anderen Glanzmoment aufwarten kann.
Die vorliegende Scheibe ist als Zusammenstellung aus den bisherigen Sweet Sybil-Aufnahmen zu sehen, die man nur auf einer garantiert superraren EP von 1991 (Tracks 1 bis 6) oder einem mindestens ebenso seltenen Sampler ("Loud And Plowed" (1992), Tracks 7 und 8) finden konnte. Somit offenbart sich hier für Szenekenner ein kleines Schatzkästchen, dem obendrein mit "You & I", dem letzten Song der Scheibe, eine Neueinspielung von 2009 angehängt wurde.
Musikalisch hatten die Herren um den 1993 verstorbenen Schlagzeuger Randy Matthiesen jedenfalls vieles richtig gemacht. Gleich der Opener "Remember When" wartet mit ausgeklügelten Songstrukturen auf (das eröffnende Riff erinnert gar etwas an "Merry-Go-Round" von der Crüe), und das darauf folgende, sexuell anrüchige "#69" geht durch seinen mit Bläsern gespickten, schön groovenden Sleaze ohne Widerstand ins Ohr. Wem das allerdings etwas zu soft und poppig ist, der sollte bei dem derbe sleazenden "Downtown Suicide" (Ratt, anyone?!) auf seine Kosten kommen, wo Sweet Sybil ihre Straßenmetal-Schlagseite ganz deutlich auskosten.
Im weiteren Verlauf gibt's mit "Walkin' Talkin'" ein schleichend-lauerndes, metallisches Groovemonster auf die Löffel, und das melodische "Someone In Your Eyes" erkennt man im Grunde schon am Titel als kommerziell ausgerichtete AOR-Nummer (gut, der Gesang ist etwas zu fies dafür). Dass "Alone With You" die (halbakustische, eher durchschnittliche) Ballade der Scheibe ist, kann man am Titel unschwer erkennen, und mit "You & I" hält man schlussendlich als echte Überraschung noch eine verdammt lässige Lagerfeuer-Nummer mit tollen Vocals bereit, die durch ihre fetzigen Akustikgitarren-Figuren ordentlich Spaß macht.
Unterm Strich zeigt diese Zusammenstellung, dass Sweet Sybil Anfang der Neunziger durchaus Songwriting-Qualitäten besaßen, sich jedoch auch ein paar langweilige Momente auf der Scheibe befinden: "Jump Back" und "Burning House" sind Songs, auf die man locker verzichten könnte, diese werden aber von Hochkarätern wie "Remember When", "Downtown Suicide" und gerade "You & I" aufgewogen. Sleaze-Freunde und Glam-Alleskäufer können sich das Silberscheibchen also bedenkenlos ins Regal stellen.
Line-up:
Sam Carava (vocals)
Mike Parker (lead guitar, backing vocals)
Randy Matthiesen (drums, backing vocals)
Jeff Malas (bass, backing vocals)
Brian Unger (guitar, backing vocals)
Tracklist
01:Remember When (3:59)
02:#69 (3:19)
03:Downtown Suicide (4:44)
04:Walkin' Talkin' (5:54)
05:Someone In Your Eyes (4:29)
06:Jump Back (4:55)
07:Burning House (4:25)
08:Alone With You (4:08)
09:You & I (3:42)
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