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Tommy Schneller Band / Backbeat
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Was gibt es eigentlich Neues aus dem Hause der Tommy Schneller Band? Kurz mal im Internet recherchiert und siehe da: Für den kommenden 26. Februar hat der gute Tommy den Rosenhof von Osnabrück gebucht, denn dort soll während einer CD-Release-Party sein dann aktuelles Werk "Backbeat" der Öffentlichkeit vorgestellt werden. Für mich als Hauptstädter sind die ca. 440 Kilometer von Tür zu Tür dann doch etwas zu weit, um dem zu erwartenden Spektakel hautnah beizuwohnen. Dafür habe ich vorab "Backbeat" in Form eines Doppeldeckers vor mir zu liegen und als erstes fällt mir ein Tapetenwechsel auf. Wurden seine Vorgängeralben Smilling For A Reason und
Cream Of The Crop unter dem Label seines einstigen 5 Live-Weggefährten Henrik Freischlader, Cable Car Records, veröffentlicht, werden nun die Regale diverser Plattenläden von Timezone Records mit seinem neuen Album beliefert. Warum auch nicht? Ich kenne kaum jemanden dem eine Luftveränderung nicht gut getan hätte. Um letztlich festzustellen, ob das auch auf die 'Lilien-Band' zutrifft, lasse ich unverzüglich CD Nr. 1 vom Stapel. Diese beginnt mit dem Titeltrack "Backbeat". Moment mal, das Teil ist zweifelsohne dem Genre des Blues Rock zuzuordnen und ich kann mir nur schwer vorstellen, dass es 'nur' dem Gedankengut Schnellers entsprungen ist. Eine Recherche des üppigen Booklets bescheinigt: Barret und Filser sind die Urheber des Songs. Sicherlich auch ein Grund, warum hier die Gitarrenfreunde voll auf ihre Kosten kommen, denn was der Sechssaitenmeister und Slide-Experte Jens Filser zum Besten gibt ist allererste Sahne. Da finde ich es schon fast bedauerlich, dass der gute Jens von der einheimischen Medienlandschaft nicht unbedingt die Aufmerksamkeit erhält, die ihm allein seitens seines Könnens zustehen müsste. Immerhin hat Filser u. a. schon mit Größen wie Jeff Healey oder Chris Kramer musiziert. Mit "I Know What You're Thinkin'" ist ein weiteres Stück aus dem 'Architektenbüro' Barrat & Filser entsprungen und ich kann den beiden in Sachen Song-Entwürfe problemlos ein glänzendes Zeugnis ausstellen. Wer einfach nicht genug von Filsers Gitarrenzauber bekommen kann, der sollte sich unbedingt "Cold Attitude" reinziehen. Spätestens danach wird der Leser meine vorherigen Zeilen bezüglich des Klampfers Anerkennung verstehen.
Ansonsten hat Bandboss Schneller bei jedem anderen Lied der Platte seine Ideen zu Papier gebracht. Und zwar fast ausschließlich im Verbund mit Filser. Nur bei "Barefootin'" hat er auf den Einfallsreichtum von Jan Hirte zurückgegriffen. Daraus entsprang eine ganz starke Nummer, deren aufgenommener Duettgesang, mit Tommy selbst und seiner Gastsängerin Dorrey Lin Lyles, das herausragende Element ist. In der Gesamtheit versprüht das Stück einfach nur gute Laune - dreieinhalb Minuten zum Innehalten und relaxen.
Deutschlands vielleicht bester Saxofonist versteht es wie kaum ein anderer, derart variabel und gefühlvoll sein Lungenvolumen ins Mundstück des Messingkorpus' zu blasen und dabei die herrlichsten Töne zu erzeugen. Seine Stimmbänder besitzen einen hohen Erkennungswert, die dadurch recht markant und fälschungssicher wirken. In der Tat bestechen seine Textvorträge stets mit bluesig-souligen Untertönen, hören sich zu keiner Zeit abgedroschen, verbraucht oder gar steril an, sondern wirken sehr authentisch. Zum Ende der ersten CD wurde bei "Tryin' To Let Go" zu den gewohnt bluesigen Tönen noch ein kräftiger Jazz- und Dixie-Notencocktail beigemischt und dieser beschließt für mich nach einer guten Dreiviertelstunde eine komplett runde Sache.
War Mister Schneller bisher nur mit englischen Gesangsvorträgen unterwegs, widmet er sich im zweiten Teil des Doppeldeckers den deutschsprachigen Fans. Aus gutem Grund, wie ich finde, denn der Oldtimerliebhaber weiß nicht nur glänzend mit einem Saxofon umzugehen, sondern hat auch sehr gehaltvolle Botschaften zu verbreiten. So geht ihm zum Beispiel eine "Arschkalte Art" regelrecht gegen den Strich: »Wach mal auf, Mann - so kann's nicht weiter geh'n, die Zeit ist reif jetzt - sich dagegen aufzulehn', nur zusammen - können wir die Sache dreh'n, doch du denkst nur an dich - das Problem ist klar zu seh'n.«. Muss ich da noch was hinzufügen?
Auch "Lass die Seele fliegen" und "Laut hör ich dich denken" brillieren mit sehr kritischen Inhalten und unterstreichen eindrucksvoll die Lebensphilosophie Schnellers. Er gehört nämlich zu den Menschen, die sich sehr aktiv in sozialen Projekten engagieren, und ist einer, der selbst gerne ohne Gegenleistung hilft, der unentwegt seine Umwelt mit äußerst wachsamen Sinnesorganen verfolgt und keiner ist, der alles schluckt und dem alles egal wäre! Von derart motivierten Künstlern kann es meiner Meinung nach nicht genug geben und allein schon aus diesem Grund ist "Backbeat" jeden Euro wert.
Doch sind wir kein Polit-, sondern ein Rockmagazin und rein aufs Musikalische bezogen, kann ich problemlos eine fette Kaufempfehlung aussprechen. Letztlich ist es so wie immer: alles reine Geschmackssache und in der Regel setzt sich Qualität immer durch. Und weiß Gott, mit den Musikern Tommy Schneller, Jens Filser, Gary Winters, Dieter Kuhlmann, Maik Reishaus, Dirk Schaadt, Dorrey Lin Lyes, Raphael Becker Foss, Tim Zimmermann und Bernhard Weichinger und deren Songmaterial bietet die Doppel-CD sehr viel Qualität auf!
Line-up:
Tommy Schneller (lead vocals, tenor & baritone sax) Gary Winters (trombone, flugelhorn) Maik Reishaus (bass) Dirk Schaadt (keyboards) Bernhard Weichinger (drums - #2-7,10-12) Jens Filser (backing vocals, guitar, mandolin) Tim Zimmermann (percussion) Raphael Becker Foss (drums - #1,8,9) Dorrey Lin Lyles (vocals) Dieter Kuhlmann (Trombone)
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