"Fretworx", das alleine klingt schon klasse.
Passt aber leider nicht ganz, denn es werden nicht nur die Frickel-Künstler vor dem vielarmigen Herrn des Rock in blauer Schrift hervorgehoben. Max Middleton (unter anderem Snowy White) ist der Alibi-Tastenmann unter den Bund-Akrobaten. Dafür darf er gleich zweimal ran.
Mit guten Gitarristinnen scheint Brain Tarquin nichts am Kopf zu haben. Komisch, gibt es keine Saiten-Zauberin, die seine gedachte Qualitätskontrolle bestanden hätte? Dem ist wohl so, sonst wären doch auch blaue Frauen-Namen dabei. Genau gesehen befindet sich gar keine Frau im Line-up. Rock-Musik ist eben Männersache, könnte man interpretieren und stellt nicht die Meinung des Rezensenten dar.
Tarquin ist Emmy Awards-Besitzer, hat mit den Jungle Room Studios in New York einen eigenen Ort der musikalischen Schöpfung, verwirklicht sich in der Band Asphalt Jungle zusammen mit seinem Kumpel Chris Ingram, der es sowohl mit den Tasten, als auch dicken Saiten hat. Die machen soviel gemeinsam, da wird es bestimmt auch zu einem oder mehreren freundschaftlichen Bieren kommen.
Wenn jetzt noch aufgelistet wird, für welche TV-Sendungen oder -Serien er Musik geschrieben hat, dann würde das hier den Rahmen sprengen. Die Zahl der Filme ist nicht so stattlich...
Produzent und Familien-Vater ist er auch noch.
Steht auf der Jewel-Case-Rückseite: »Composed, Produced & Engieered By Brain Tarquin« trifft das nicht ganz zu, denn der Opener wurde von Jan Hammer geschrieben und auch die drei Bonus-Tracks sind Fremd-Gewächse.
Bei "Blue Wind" darf der Name Jeff Beck natürlich nicht fehlen.
In diesem Stück spielen der Bassist Billy Sheehan sowie Gitarrist Doug Doppler die Hauptrollen. Doppler, das passt, denn er macht den Beck… nicht schlecht. Direkt zu Beginn wird eine Rock-Rakete gestartet. Tarquin hat überall seine Finger im Spiel. Hier ist er für das erste Solo zuständig und Doppler folgt.
Hey, was ist das denn! Santana steht doch ganz woanders in der Tracklist. Tarquin hat allerdings eine Song im Santana-Flair zu Papier gebracht und zieht seine Bahnen in dessen Dunstkreis. Ich hätte schwören können…
Der Jazz-Gitarrist Frank Gambale ( Chick Corea) macht die Saiten-Arbeit über dem vortrefflichen Rhythmus von Reggie Pryor. Perkussive Elemente dürfen natürlich nicht fehlen und Gambale landet über die Rock-Rutsche im Fusion-Pool.
Die Komposition "Towers" mit dem aktuellen Deep Purple-Gitarristen Steve Morse kann man wohl als den Titel-Song der CD ansehen, denn im Booklet steht, dass ein Teil der Platten-Einkünfte den 'Friends of Firefighters' zukommt… 11.09.2001.
Der Song selber ist eine Kopf-Kino-Angelegenheit mit viel Keyboard-Teppich und im balladesken Rahmen gehalten. Eine tolle Nummer, die klar macht, dass "Fretworx" nicht nur Gefrickel ist. Zu den Streichern steht im informativen Booket: »recorded with a sixty piece symphony orchestra«.
Der nächste 'blaue' Musiker ist ein Blueser und dann direkt mit einem Bottleneck auf den Saiten unterwegs! Wer allerdings einen 12-Takter als Ohrenschmaus erwartet, wird enttäuscht, auch wenn die Will Ray-Slide-Gitarre ( The Hellecasters/ Candye Kane) sehr gut ins Gefüge des ähnlich wie der Vorgänger ruhig gehaltenen Songs passt. Die Hand-Trommeln von Eric Darken sind in "Constantinople" sehr gut zu hören.
Die Saiten werden reduziert und für "86th Street" auch das Line-up. Die 'Sechsundachtzigste' ist eine melodische 'funky alley' mit tollem Bass-Groove, für den Randy Coven ( John Macaluso, der hier auch die Felle bedient) sorgt. Sein Solo ist hervorragend! Diese Nummer gleitet wie erwärmte Kufen über gefrorenes Wasser.
Jetzt kommt Tarquins schlechtes Gewissen... in Person von Max Middleton, der seine Brillanz in "Solidarity" ausspielen kann. Ein bluesiges Solo nennt er sein Eigen und Traquin lickt mit Würde.
Wer auf diesem Album den krachenden vehementen Rock erwartet hat, wird zumindest bis hierhin enttäuscht sein.
Erst mit "Dionysus" und Randy Coven geht es melodisch wieder in die höheren Gänge und Traquin spielt seine Saiten-Stärken aus. Seltsam ist es schon, denn der Mann hat so verdammt viel mit dem Jazz zutun und der taucht bisher noch nicht einmal als Minderheit auf.
Die Twin-Guitar-Nummer "Manhatten" bringt Andy Timmons auf den Plan. Es rockt!
Ein Meeting der akustischen und elektrischen Gitarre ist "Aphrodite" mit Ex- Dire Straits-Mann Hal Lindes. Meldodic Rock steht an und die Gitarren-Arbeit ist einfach toll.
Bei Middletons zweitem Mitwirken ist dann der Blues die Basis, auf die der "Jungle Room Boogie" setzt. Der Track darf als ein weiteres Highlight gewertet werden und der Keyboarder hat ein klasse Feeling.
Von kirchlich anmutenden Orgel-Tönen begleitet ist jetzt Rob Balducci dran. Für "Tears" dürfen die Feuerzeuge angemacht werden. Eine der typischen ruhigen Rock-Nummern, die in jedes große Stadion passt.
Chuck Loeb macht es dann! Er spielt Jazz und das ganz hervorragend… auf der Akustischen.
Weiterhin lässt man es wieder rockig angehen, abermals mit Twin-Gitarren-Sound und vor den Bonus-Tracks zupft Steve Brooke noch einmal eine akustische Gitarre zu Tarquins Läufen.
Die drei Extra-Songs sind echte Schmankerl und wurden nicht für vorliegendes Album eingespielt. "Funk Me Tender" stammt von Randy Covens Album aus dem Jahr 1990 und als Partner hat er sich damals Steve Vai ins Studio geholt. Geboten wird treibender, in die Beine gehender Hammer-Funk!
Auch "Jam In E" ist ausschließlich eine Santana-Angelegenheit mit Neal Schon an der zweiten Gitarre. Alt und ganz stark gejammt.
Den Abschluss bilden drei Minuten "Homeward Strut" von Tommy Bolin. Auch alt und auch klasse und vom Sound her etwas belegt.
"Fretworks" ist überraschender Weise kein erwartetes orgiastisches Nonstop-Gefrickel. Tolle Gitarren-Kost von vielen guten Musikern…
Line-up:
Brian Tarquin (guitar, bow guitar)
Doug Doppler (guitar - #1)
Frank Gambale (guitar - #2)
Steve Morse (guitar - #3)
Will Ray (slide guitar - #4)
Andy Timmons (guitar - #8)
Hal Lindes (acoustic guitar, electric guitar - #10)
Rob Balducci (guitar - #12)
Chuck Loeb (guitar - #13)
James Ryan (guitar - #14)
Steve Booke (acoustic guitar - #15)
Steve Vai (guitar - #16)
Jim Hickey (guitar - #16)
Carlos Santana (guitar - #17)
Neal Schon (guitar - #17)
Tommy Bolin (guitar - #18)
Billy Sheehan (bass - #1)
Randy Coven (bass - #4, 5, 7, 16)
David Brown (bass - #17)
Chris Ingram (keyboards, piano - #9, bass - #2, 6, 8, 10, 11, 12, 13, 14, 15, percussion - #3)
Greg Rolie (keyboards - #17)
Max Middleton (Fender Rhodes - #6, 11, clavenet - #11)
Greg Morrow (drums)
Reggie Pryor (drums, percussion - #2, 6, 9, 11, 12, 13, 14)
Johnny Macaluso (drums - #8)
Todd Turkisher (drums)
Michael Shrieve (drums - #17)
Eric Darken (percussion - #4)
Chepito Areas (percussion - #17)
Michael Carabello (congas - #17)
Tracklist |
01:Blue Wind (3:55)
02:Spanish Harlem (3:37)
03:Towers (5:16)
04:Constantinople (4:32)
05:86th Street (5:19)
06:Solidarity (4:03)
07:Dionysus (3:17)
08:Manhatten (3:52)
09:Black Rose (4:31)
10:Aphrodite (4:41)
11:Jungle Room Boogie (3:37)
12:Tears (3:16)
13:Yorkville (4:43)
14:Westside Highway (3:37)
15:Triumphant We Stand (4:13)
Bonus Tracks:
16:Funk Me Tender (5:17)
17:Jam In E (8:33)
18:Homeward Strut (3:00)
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Externe Links:
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