Zum 5. Mal heißt es dieses Jahr wieder "Eier mit Speck" zum Frühstück für die Besucher des gleichnamigen Festivals in Viersen am südlichen Niederrhein.
Das von den Organisatoren Christoph Tappesser, Saori König, Jürgen Haigh und Christoph Jinkertz erschaffene Drei-Tages-Festival hat im Laufe der Jahre stetig an Popularität gewonnen und letztes Jahr waren immerhin knapp 3.000 Besucher am Start. Zum 5-jährigen Jubiläum war es an der Zeit mal einen kleinen Rückblick zu machen und hinter die Kulissen dieses Festivals zu schauen. Außerdem erzählte uns Christoph Tappesser, den alle aber nur ' Tappi' nennen, was uns denn im Jubiläumsjahr erwartet.
Bei einem Pott Kaffee traf ich mich also am Karfreitag Mittag bei Tappi in seiner Viersener Wohnung in der Küche zu einem sehr angenehmen Plausch.
RockTimes: Erst mal Glückwunsch zu fünf Jahren "Eier mit Speck" in Viersen. Gehen wir mal zurück zum Anfang in das Jahr 2006. Aus welcher Motivation heraus habt ihr das erste Festival organisiert?
Tappi: Es war ehrlich gesagt nicht meine Idee, sondern ich wurde angesprochen, ob ich nicht Lust hätte da mitzumachen. Anfangs war ich sehr skeptisch, denn in Erinnerung an die damaligen "Randsberg Open-Airs" ( Anm.: lokales Open-Air in Viersen, was sich aber leider nicht finanziell rentiert hat) war ich natürlich vorsichtig. Trotzdem habe ich dann mitgemacht und uns allen war klar, das , wenn wir das schon machen, auch groß aufziehen und schon ein paar Bands haben, die auch überregional 'ziehen'. Im ersten Jahr waren es Pothead, die immerhin doch einigen Leuten ein Begriff sind. Die Resonanz war gut und so haben wir dann auch motiviert weitergemacht.
RockTimes: Schon im folgenden Jahr 2007 hattet ihr einen echten Knaller, denn die Schweden von Volbeat sind ja doch mittlerweile eine große Nummer. Hattet ihr da in Punkto Booking ein goldenes Händchen, was man nur einmal hat?
Tappi: Nun, ich hoffe das gelingt uns noch mal. Wir arbeiten daran (lacht). Aber du hast natürlich recht, denn Volbeat waren wirklich ein Glücksgriff. Wir bekamen Anfang 2007 die CD und waren alle begeistert. Wir sind ja ein Team aus vier Leuten und bei dieser Band sagten alle sofort »Ja«. Als wir die Band dann gebucht hatten, starteten sie ein paar Wochen später dann richtig durch und waren überall mit ihrer damaligen CD 'Platte des Monats'. Volbeat haben aber sowieso 2007 eine Ochsentour hingelegt und an sprichwörtlich jeder Steckdose gespielt, wo man sie wollte. Das intensive Touren hat sich aber auch ausgezahlt und ohne Zahlen zu nennen kann ich dir sagen, das wir jetzt locker ein vielfaches des damaligen Booking-Preises hinblättern müssten.
RockTimes: Vor allem in den ersten Jahren hattet ihr leider öfters Pech mit schlechtem Wetter und viel Regen. Frustriert einen das dann eigentlich, wenn es die ganze Zeit nur regnet?
Tappi: Ja, das ist dann wirklich frustrierend. Man kann alles organisieren und planen, aber auf das Wetter hat man nun mal keinen Einfluss. Am meisten tut es mir dann für die unbekannten Bands Leid, die so gegen Mittag oder früher Nachmittag spielen. Da bleiben dann die Leute doch lieber unterm Vorzelt ehe sie sich eine unbekannte Band angucken und nass werden. Kann ich ja wiederum aber auch nachvollziehen, denn wer hat schon Lust bereist nachmittags klitschnass zu sein.
RockTimes: Spätestens seit dem letzten Jahr seid ihr auch überregional bekannt, was man ja immer sehr schön an den Autokennzeichen auf dem Parkplatz sehen kann. Macht euch das stolz, wenn ihr seht, das Leute u.a. auch Ostfriesland oder Stuttgart weite Strecken an den Niederrhein fahren?
Tappi: Ja, das ist natürlich ein tolle Sache. Wir haben aber schon seit Beginn an immer ein paar 'Exoten' unter den Besuchern dabei. Als im ersten Jahr Pothead spielten, kamen einige Fans aus Ostdeutschland zu dem Auftritt und die kommen seitdem immer wieder. Es ist öfters so, das Leute von weiter her kommen wegen einer speziellen Band. Dann gefällt es ihnen bei uns so gut, das sie dann im nächsten Jahr unabhängig von Bands wieder kommen.
RockTimes: Woher kamen denn so die weitgereistetsten Besucher bisher?
Tappi: Wie gesagt - aus ganz Deutschland sowieso. Dann noch Besucher aus den Niederlanden und Belgien, was jetzt aber eigentlich nicht so weit ist ( Anm. Viersen liegt nur ca. 20 km von der niederländischen Grenze entfernt). Außerdem freuen wir uns jedes Jahr auch immer wieder auf eine Gruppe Festivalbesucher aus Österreich. Das ist doch schon mal ein gutes Stück entfernt und zum Auftritt von Therapy? letztes Jahr kamen sogar ein paar Fans aus England zu uns.
RockTimes: Wie läuft das Booking ab ? Werdet ihr oft mit der harten Realität konfrontiert, wenn ihr eine Band haben wollt und die dann aber jenseits eueres Budgets liegt?
Tappi: Mittlerweile wissen wir zumeist recht genau, wer für unser Festival in Frage kommt und wen wir gar nicht anfragen brauchen. Natürlich haben wir über 100 Bands, die wir gerne mal bei uns in Viersen auf die Bühne holen würden, aber das sind leider nur Wunschträume. In der Karriere einer Band haben wir zwei Punkte, an den wir sie für das "Eier mit Speck" buchen können: Entweder wenn sie gerade kurz vor dem Durchstarten stehen, noch bezahlbar sind und schon etwas bekannt oder eben wenn sie ihren Karrierezenit hatten und nun wieder kleine Brötchen backen müssen. Das ist aber auch die Schwierigkeit beim Booking. Man braucht eben doch min. ein bis zwei etwas bekanntere Namen, um Besucher zu locken.
RockTimes: Mittlerweile bekommt ihr aber auch sicher auch viele Anfragen von kleinen Bands, die bei euch mal spielen wollen.
Tappi: Ja und das nicht zu knapp. Was dieses Jahr schon an unaufgeforderten Demos eingetroffen ist, übersteigt alles. Die können wir gar nicht alle hören. Trotzdem ist es aber unser Anliegen, jungen und vor allem originellen Band eine Bühne zu geben. Außerdem sind die auch noch alle bezahlbar (grinst).
RockTimes: Ich denke es ist teilweise schon sehr abgeschmackt, was mittelgroße Bands haben wollen, oder?
Tappi: Oh ja, das ist teilweise echt nicht mehr nachvollziehbar. Gerade Bands die aktuell einen Hit haben, sind für uns echt nicht bezahlbar. Ich denke aber das liegt auch daran, dass sich die Musiklandschaft in den letzten Jahren so stark verändert hat. Früher verdiente eine Band sehr viel mit Plattenverkäufen, was ja bekanntlich doch sehr nachgelassen hat. Daher muss die Kohle jetzt über die Konzerte reinkommen.
RockTimes: Seit dem ersten Festival besticht euer Billing vor allem durch eine sehr bunte Mischung aus verschiedenen Musikstilen. Ist die Vielfalt heute so etwas wie euer Markenzeichen geworden?
Tappi: Nein, das hat sich so ergeben und war nicht von uns kalkuliert. Da wir, wie gesagt, aus einem Team von vier Leuten bestehen und jeder verschiede Musik hört, ist es schon Mal logisch, das dabei eine bunte Mischung raus kommt. Es ist aber auch so, dass wir nur Bands buchen, die uns auch persönlich gefallen. Wir würden niemals eine Gruppe holen, nur weil die gerade angesagt ist oder bekannt und uns aber nicht gefällt. Wir müssen da schon 100 % hinter stehen.
RockTimes: Ein anderes Markenzeichen ist sicherlich die Verpflichtung einer Prog-Rock-Band, die immer als vorletzter Act am Samstag Abend spielt. Wie kam es dazu ?
Tappi: Wenn man, wie im letzten Jahr beispielsweise, hintereinander drei Fun-Bands hat, die richtig Gas geben und wo die Leute mitgehen können, muss man auch mal eine Verschnaufpause machen, damit die Leute beim Headliner nicht völlig ausgepumpt sind. Daher haben wir dann 'zum runterkommen' immer als vorletzten Act eine Band, bei der man zuhören muss und nicht abfeiern kann. Vorletztes Jahr waren das Riverside aus Polen ( Anm.: Toller Auftritt) und im letzten Jahr Prisma aus der Schweiz.
RockTimes: Ich habe gelesen, das dieses Jahr Pineapple Thief dabei sind. Werden die denn dann den 'Prog-Platz' einnehmen?
Tappi: Ich denke schon, aber das Booking ist noch nicht abgeschlossen und wir haben da noch was in der Hinterhand (grinst). Mal sehen ob das klappt. Lasst euch überraschen.
RockTimes: Letztes Jahr gab es ja den lustigen Druckfehler in einer lokalen Zeitung, die mal eben aus Dog Eat Dog den Rapper Snoop Doggy Dog gemacht hat und ihn sogar noch mit Bild als Headliner für das Festival angekündigt hat. Hast du doch eine kuriose Anekdote aus den letzten Jahren spontan parat?
Tappi: Da sind wirklich ganz viele obskure und lustiger Dinge passiert. Wenn man so etwas plant und dann Bands aus ganz Europa kommen, ist immer was dabei. 2007 zum Beispiel waren ja die Finnen von Waltari bei uns und der Sänger Kärsty ist einfach so mal komplett (überlegt etwas)... anders. So einen Typen habe ich noch nie vorher getroffen. Absolut sympathisch aber irgendwie ein komplett eigener Typ. Witzig war auch im selben Jahr, als die Fishbrothers aus England mit den russischen Jungs vom Jancee Pornick Casino Backstage ein heftiges Wodka-Gelage machten. Als ich dann am nächsten Morgen in den Backstage-Bereich kam, stand der Manager der Fishbrother wie Graf Dracula aus dem Keyboardkoffer auf, in dem er übernachtet hatte. Die Band hatte Backstage ein Zelt aufgebaut und da man wohl die Heringe vergessen hatte, hatte man Gabeln genommen und in die Erde gerammt. Natürlich ist dann das Zelt zusammen gebrochen und morgen lagen dann alle unter einer Plane. Das waren schon ein paar sehr seltsame Anblicke (lacht).
RockTimes: Was war dein persönliches musikalisches Highlight bei den bisherigen "Eier mit Speck"-Auftritten?
Tappi: Ganz klar Dog Eat Dog, die als Abschluss im letzten Jahr gespielt haben. Die waren der absolute Oberknaller. So eine ekstatische Stimmung im Publikum habe ich hier in der Gegend noch nie gesehen, und das wird auch zu 99 % sicher erst mal nicht getoppt werden können. Es war echt erstaunlich wie die Jungs es geschafft haben, nochmals am letzten Abend alle Zuschauer komplett aus der Reserve zu locken, und dass der ganze Platz abgefeiert hat. Das war wirklich ein unglaubliches Konzert.
RockTimes: Zum Schluss natürlich einen Blick auf das diesjährige Festival. Gibt es Veränderungen und auf welche Bands können wir uns freuen?
Tappi: Es bleibt auf jeden Fall, wie du schon festgestellt hat, ein bunt gemischtes Programm. Es werden ca. 25 Bands in den drei Tagen spielen. Das Booking ist noch im vollen Gange und wir sind noch mit diversen Headlinern in Verhandlung. Da kannst du dich mal fein überraschen lassen. Bisher u.a. bestätigt ist die Berliner Band Hasenscheiße (!!), die spanische Ska-Band TrashTucada, die Freaky Fukin' Weirdoz aus München, oder auch die niederländische Gruppe De Staat, die jenseits der Grenze dort schon richtig bekannt sind. Besonders freue ich mich auf Hayseed Dixie aus den USA , die mit ihren, sehr unorthodoxen Hillibilly-Coverversionen sicherlich ordentlich Stimmung machen werden.
RockTimes: Dann sagen ich vielen Dank für das Interview und den Kaffee, alles Gute und schönes Wetter für das diesjährige Festival. RockTimes ist natürlich auch wieder vor Ort!
Tappi: Ich habe nichts anderes erwartet (lacht).
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