Nichts Neues von Eddie Turner? Doch! "Naked ... In Your Face" ist zwar eine weitere Live-Scheibe des 'Devil Boy' aus Amerika, aber dieses Mal mit der bemerkenswerten Anna Lisa Hughes an den dicken Saiten und als Backing Sängerin. Der Vollständigkeit halber: Kelly Kruse trommelt.
Der Meister des »Blusion«, wie es auf seiner Facebook-Seite zu lesen ist, bringt in etwa sechsundsiebzig Minuten die Seele des nicht puristischen Blues-Fans zum Kochen. Dabei ist Anna Lisa Hughes nicht nur die Frau für die tiefen Töne oder Chor-Sängerin, sondern übernimmt auch die Lead Vocals. So zum Beispiel gleich in der zweiten Nummer "Mistreated", einem Lied aus ihrer eigenen Feder.
Die Überraschung ist perfekt. Bisher nur bei Auftritten in Amerika mit von der Partie, war diese Musikerin mit Eddie Turner noch nicht in Europa unterwegs. Nach dem zweiten Track entstehen Begehrlichkeiten ... wann kommt er mit dieser Frau über den großen Teich zu uns, denn Anna Lisa Hughes ist als Lead Sängerin einfach nur überzeugend. Mit langsamem Tempo geht "Mistreated" über die Bühne. Die Stimme der Sängerin dominiert fast das Stück. Nach einem klasse Gitarrensolo, es dauert etwas, kommt ihr Einsatz und wenn man bisher nur Eddie Turner hat singen hören, ist man jetzt von den Socken. Eine echte Bereicherung! Ganz abgesehen vom Soul auf den Stimmbändern, kann Anna Lisa Hughes auch noch sexy klingen. Mehr davon gibt es später noch ...
Okay, diese Überraschung hat gesessen und ist gleichzeitig ein Highlight.
Der Mann der Fusion von Blues und Psychedelic hat uns allerdings noch mehr zu bieten, auch wenn die Tracklist aus alten Freunden besteht. Ach, haben wir schon so oft gehört würde dem nicht gerecht werden. Viel eher passen die Gedanken, die man hat, wenn es nach längerer Zeit um ein Wiedersehen geht: Du hast dich aber verändert. Natürlich nur zum Positiven.
So geht es einem auch bei Kompositionen wie "Rise" oder "Dangerous", zwei Nummern, die vor ausgedehnter Spielzeit nur so strotzen. Elf beziehungsweise zwölf Minuten stehen am Ende der Lieder auf dem Tacho und wer Eddie Turner kennt, füllt er die nicht niveaulosem Gedudel. Schön, dass die Aufnahmen ebenfalls die Clubatmosphäre widerspiegelt, auch wenn die Anwesenden durch ihre Unterhaltungen nicht immer beim Blues sind.
Inspiration bis zum Horizont gibt es nicht nur bei Eddie Turners Eigenkompositionen, die für "Naked ... In Your Face" am 22. August 2015 im Blues Can, Calgary mitgeschnitten wurden. Bei den Coversongs setzt der in Kuba geborene Blueser nicht auf Jimi Hendrix & Co. sondern hat Nick Gravenites' "Buried Alive In The Blues" sowie "Don't Let Me Be Misunderstood" im Visier der musikalischen Fantasie. Ah, da ist sie wieder, Anna Lisa Hughes mit ihrer faszinierenden Stimme und dann gleich in beiden gerade aufgezählten Songs. Bei "Don't Let Me Be Misunderstood" kann man sich vorstellen, wie ihre ausdrucksstarke Stimme wirkt. Den Song gibt es hier quasi in einer Zeitlupen-Balladen-Version. Wunderschön! Eddie Turners Gitarrensolo jongliert förmlich mit den Noten des bekannten Song-Themas. Anna Lisa Hughes stellt über das Album verteilt natürlich auch ihre Funk-Fertigkeiten auf dem Tieftöner unter Beweis.
"Dangerous", phasenweise im Duett gesungen, ist Hypnotik und Psychedelic pur. Der lange Gitarren-Alleingang ist extrovertierte Extravaganz erster Kajüte und endet furios. Dieses Trio macht Stimmung. Mit "Secret" hat das Album einen genialen Schlusspunkt. An und für sich mehrere, denn achteinhalb Minuten sind schon ein Pfund. Mit jazzigen Einlagen und Sechssaiter-Klangspielereien geht es ab in den psychedelisch-bunten Trance-Orbit. Herrlich! Ganz am Schluss gibt es dann doch ein wenig Jimi Hendrix-Ähnliches.
"Naked ... In Your Face" gehört direkt neben den anderen Eddie Turner-Tonträgern in die Sammlung, auch, aber nicht nur wegen Anna Lisa Hughes.
Line-up:
Eddie Turner (guitar, vocals)
Anna Lisa Hughes (bass, vocals)
Kelly Kruse (drums)
Tracklist |
01:Jody (6:09)
02:Mistreated (8:07)
03:So Many Roads (9:15)
04:Rise (11:05)
05:Buried Alive In The Blues (6:36)
06:Blues Fall Down Like Rain (7:55)
07:Don't Let Me Be Misunderstood (4:56)
08:Dangerous (12:16)
09:Secret (8:47)
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