Gipfeltreffen der britischen Folk-Größen: June Tabor meets Oysterband. Nicht das erste, bereits 1990 gab es das gemeinsame Album "Freedom And Rain".
Dass diese Kombination nahezu ideal ist, braucht man den Folkfriends kaum zu erzählen. Tabors dunkle, leicht harsche Stimme und der noch immer etwas aufmüpfig klingende Sound der Band lassen keine Gefühlsduselei oder altertümliche Schwärmereien aufkommen. "Ragged Kingdom" ist erfrischend unromantisch und egal, ob traditionelles Liedgut wie "Bonny Bunch Of Roses" oder neu interpretiertes Popmaterial wie "Love Will Tear Us Apart" (von Joy Division) angestimmt wird - das passt alles bestens und wie aus einem Guss. Hier wird nicht das Gestern aufgewärmt, sondern ein zeitgemäßer Zugang zur Song-Tradition geschaffen. Produziert wurde das gemeinsame Werk von Al Scott.
Für die Grand Dame des britischen Folk waren es nach längerer Aufnahmepause sehr produktive Monate, Anfang des Jahres kam erst ihr von der Kritik gelobtes Album "Ashore" heraus.
Die letzte CD
der Kollegen liegt schon länger zurück, die seinerzeit Kollege Wolfgang ebenfalls richtig gut fand.
"Bunny Bunch Of Roses" eröffnet als spannende Ballade die Scheibe. Ein schneller Marschrhythmus treibt das Stück vor einer diffusen Klangkulisse. Tabors Gesang pflügt mittendurch - ein Auftakt nach Maß. Bei dem ebenfalls recht sperrigen "That Was My Veil" (ein PJ Harvey-Cover) kommen Erinnerungen an die frühen Jefferson Airplane. Das erste Gesangsduett zwischen der Lady und John Jones finden wir bei dem etwas eingängigeren "Son David" zur Mandolinenbegleitung. Zupfgitarre und Cello untermalen sanft "Love Will Tear Us Apart", wieder mit den beiden Leadstimmen im Mittelpunkt. Gefühlvoll, aber nicht kitschig. A capella wird "(When I Was No But) Sweet Sixteen" intoniert. Mit "Judas (Was A Red Headed Man)" nimmt die Band die dramatische Stimmung vom Anfang wieder auf. Irgendwann muss ja auch ein Liebeslied kommen - "If My Love Loves Me" - aber auch das gerät Frau Tabor und ihren Mates zur Gänsehaut-Ballade.
Den emotionalen Höhepunkt hat das Album allerdings mit dem expressiven "Hills Of Shiloh": Tabor singt mit rauchiger Stimme das getragene Lied aus dem amerikanischen Bürgerkrieg zu wenigen intensiven Gitarrenakkorden.
Die Beklemmung löst sich mit dem flotten "Fountains Flowing", einem zweistimmigen Song im alten Bänkelsänger-Stil. "The Leaves Of Life" baut die Spannung wieder auf, bei "Seven Curses" darf die Band dann richtig loslegen (Mr. 'Chopper' sägt in bester Metal-Manier über die Cello-Saiten) und zum Finale ist auch das Schifferklavier mal dran. Die beiden Leadvokalisten singen "The Dark End Of The Street" auf für dieses Album recht traditionelle Weise und das kann dann auch die 'echten' Folkies halbwegs versöhnen. Die konservative Abteilung wird wohl einige Probleme mit dieser neuen Zusammenarbeit der ehemals 'jungen Wilden' haben, die auch im gesetzteren Alter keine Lust auf das Klischee haben. Das "Lumpen-Königreich" ist kein leichter Hörgenuss, dazu klingt einfach schon June Tabors Stimme zu ungewöhnlich. Den Satzgesang mit ihr zu arrangieren, war sicher eine Herausforderung. Aber das Ergebnis ist beeindruckend. Es wird sicher seine Zeit brauchen, bis sich die volle Schönheit dieser gemeinsamen Produktion richtig erschließt. Die langen Abende kommen ja jetzt und dafür ist das Album gemacht. Nur schade, dass wir diese Besetzung wohl nie live in Germany zu hören bekommen werden. Die Oysterband allein gibt's jedoch bald wieder auf unseren Bühnen, am 1. Dezember beginnt die neue Tour.
Line-up:
June Tabor (voc)
John Jones (voc, harp)
Ray Cooper (bass, cello, voc)
Al Scott (bass, mandola)
Alan Prosser (guitars, voc)
Dil Davies (drums, perc)
Ian Telfer (violin)
Tracklist |
01:Bonny Bunch Of Roses
02:That Was My Veil
03:Son David
04:Love Will Tear Us Apart
05:(When I Was No But) Sweet Sixteen
06:Judas (Was A Red Headed Man)
07:If My Love Loves Me
08:The Hills Of Shiloh
09:Fountains Flowing
10:The Leaves Of Life
11:Seven Curses
12:The Dark End Of The Street
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