Zwei Bands, jede für sich (Teil I und II) und beide zusammen (Teil III) - das nennt sich dann Split-CD. Einer Zweckbestimmung wird hier absolut widersprochen, sie wird regelrecht verneint. Diese CD sei »eine dringende Notwendigkeit« der »beiden verbrüderten Bands« mit einem Schlagzeuger und einem Labelchef (na, ein wenig Zweckbestimmung ist da wohl dabei und wenn man sich die Fahrerei spart ☺).
[Was bei den heutigen Benzinpreisen dann doch wieder Sinn macht - die Redaktion.]
Dreiteilig bekommt Ihr vorgeführt, was es sonst noch so Neues auf dem deutschen Musikmarkt zu hören gibt. Nur sind das wieder Titel, die seltener im Radio (sehr, sehr schade), sondern eher auf Konzerten oder Festivals zu hören (und zu sehen) sein werden (Achtung: Zappanale 2008, am 16.08. - beide Bands 18.00 und 20.00 Uhr).
Das CD-Projekt, welches hier entstanden ist, bewegt sich musikalisch zwischen New Model Army, Cure, streckenweise sehr wildem 'Geschrote', bis hin zu Trigon- und Frogg Cafe-Klängen und -Szenarien, will heißen, die Musiker fahren keinesfalls eingleisig. Da ist alles drin, vom Gitarren Rock über Metal bis hin zum Prog und Jazz. Kein Genre wird ausgelassen - Reggae, Pop, Post Rock, Doom, Salsa, Stoner, Polka… - 'Stark Rock' nennen es die Akteure.
Nicht gespart wird ebenfalls, und das auf Grund der Vielfältigkeit der Musik, an Rhythmus- und Tempowechseln, teils verworrenem, teils obermelodiösem instrumentalen Sound, schräg und eben, manchmal fast rein akustisch, manchmal Stahlwerkhalle vormittags; Schmetterling und Dampfwalze. Ihr wißt, was ich meine?
Soweit mein erster Gesamteindruck der Split-CD, die im letzten Winter in den Ilmenauer Baracken »[...] in den Tiefen des Thüringer Waldes« eingespielt wurde.
Differenzierter sieht es dann so aus:
Teil I - Tarentatec (EP "Baracke", 2006), mit fünf Tracks vertreten, die schon mal den musikalischen Spielraum der Band offenbaren und zeigen, dass es noch mehr zu entdecken gibt, dass es weiter gehen wird, nach dieser CD. Weiterentwicklung nennt man das, glaube ich.
E-Gitarrenrock, treibend, kompromisslos - sich entwickelnde Songs, die plötzlich ein Eigenleben annehmen und sich 'im Werden' verändern, Räume schaffen. Hier kann ich schon mal schön abdriften. 'Rückwärts laufende' Gitarren schaffen Sitar-Atmosphäre, gehen auf einen ausgeprägten psychedelischen Trip, den ein einfühlsames Akustikgitarrenspiel weiterführt, unterbrochen und begleitet von schräg eingespieltem, verzerrtem Instrumentarium, Wortfetzen…, eine Klasse für sich, der Titel "Weltherrschaft". Danach kracht es wieder los, Tarentatec halten sich an ihre eigenen Regeln, sie 'metallen', sie 'schrammeln' auf den Gitarren, es ist wunderbar, dass ihnen so wenig heilig ist. "Aruba!" ist ein Weltherrschaft-Stück, sinnlich instrumental, würde- und stilvoll, das an Instrumentarium zunimmt und elektronisch abgeschlossen wird. So abgeschlossen, dass es eigentlich fast keinen Übergang zu...
…Teil II - Osis Krull gibt, die mit fünf Instrumental-Nummern diese CD reifen lassen. Sehr, sehr jazzlastiges 'Zeugs', es wundert mich nicht, dass die zur Zappanale eingeladen sind. Sehr kompakt, sehr »komplexer starkrockender Frickel-Doomjazz« (na gut, wenn es das Gehörte damit beschreibt). Und spacig dahintreibende Klangornamente zum Wegträumen bis der 'Frickel-DJ' alles wieder zur Erde zurückbringt. Das alles in "Luigi", das alles in knappen neun Minuten, das alles ist irre gut! Und so geht es weiter: Rhythmus-brechendes, sattes Gitarrenspiel. Hier führe ich beispielhafter Weise noch mal Frogg Cafe und Trigon an.
Track Sieben und Acht sind ebenfalls verwoben, lassen aber in ihrer Einheit viel Spielraum für die einzelnen Musiker, die sich hier instrumentalistisch austoben können (von wegen Instrumentaltitel, ha, hier wird Text gesprochen - erwischt!). Bass und Gitarre liefern sich ein wahres Gefecht, das Schlagzeug hält das Schiedsgericht (und nicht zu knapp). Und weil sie einfach nicht aufhören können, spielt sich das ganze Szenario, diesmal unter Hinzuziehung der Tasten, auch in "Attique Chrome" ab. Hier beweisen Osis Krull, was in ihnen steckt, nämlich Potential ohne Ende. Und weil "Coffeelord" anfangs so soft ist (sehr viel Keyboard im 80er Jahre-Jan-Hammer-Filmmusik-Stil), wurde ich doch gleich gefragt, seit wann ich mir auch das "Knight Rider"-Thema anhöre. Was ist "Knight Rider"? Und einen Zimmerverweis hatte das zur Folge. Allein schon diese Vorstellung, David H., einfach nicht zu glauben! ☺!!
Auch wieder übergangslos geht es zu Teil III - "Candy And Springtime", ein witziges, wenn auch nicht, wie ich finde, notwendiges Sammelsurium aus allem, was wohl sonst noch so passierte - dort im Thüringer Wald. Da erinnert mich einiges an "Eisgekühlter Bommerlunder" [für alle Unwissenden: das ist Kümmelbranntwein - die Redaktion], dann ist da noch schmachtender Gesang zu hören, zerfetze Gespräche, die sicherlich aus dem Zusammenhang gerissen sind und vermutlich absolut nichts zu bedeuten haben, wie »…hmm, hmm, gut gepackt….die Tüte« (meine Variante dazu: Allein im Wald, im Winter, die verpackte Essensration in einer vollen Plaste-Tüte!), es wird gejammt, was das Zeug hält.
[Das mit der Tüte, Tom - das kann man auch anders interpretieren. Die Red.]
Es ist ein ziemlich kurzweiliger dritter Teil mit zwei Höhepunkten für mich. Einmal "Der Wanderer", ein sehr schönes kurzes Akustikgitarrenstück und anschließend "Mekong" mit nicht unbedingt asiatischem, eher psychedelischem Einschlag. Hier heben sie einfach noch mal ab. Das Ganze geht stark in Richtung Zone Six oder Electric Orange. Und wie das abgeht, davon steht ja hier (in RockTimes) schon genug geschrieben.
Wieder was Deutsches, wieder saustarke Musik, wieder Lust auf noch mehr davon.
O-Ton der Bands: »Tarentatek stinkt!
Mehr als normal und endlich live on earth…«
Ich sag dazu: Findet es heraus, ich weiß es schon!
Zum Anhören: "Weltherrschaft", "Luigi", "Attique Chrome", "Mekong"
Tracklist |
I: Tarentatek
01:Julias Day Dream
02:Catch Breath
03:Weltherrschaft
04:Trac Too Beam
05:Aruba!
II: Osis Krull
06:Luigi
07:Spider Ryder
08:Proximity
09:Attique Chrome
10:Coffeelord
III: Candy And Springtime
11:Back From Berlin
12:Love
13:Julias Nightmare
14:DEFA(Dance Factory)
15:Der Wanderer
16:Mekong
17:Spinnenreiter
18:Shaman
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