Terminal / Tree Of Lie
Tree Of Lie Spielzeit: 49:58
Medium: CD
Label: Revolution Records, 2010
Stil: Modern Prog

Review vom 21.04.2010


Boris Theobald
Gar nicht so leicht einzuordnen, das junge polnische Sextett... und das ist wahrhaftig kein schlechtes Zeichen für eine Newcomer-Band im Prog-Bereich. Terminal aus Posen haben mit ihrem Erstlingswerk "Tree Of Lie" mehrere Stilrichtungen miteinander vermischt und setzen damit eine deutliche Duftmarke. Gleich beim Opener "Afterlife" fällt der mechanische Drive auf, wie aus einer Industriemaschine gepresst, mit trockenen Gitarren in einem unterkühlten Klangraum, umgarnt von elektronischen Loops und Effekten. Der Sound erinnert ein wenig an Conceptions "Flow", das anno 1997 seiner Zeit um Jahre voraus war.
Und auch ein wenig an Engine (für die eigentlich dasselbe wir für "Flow" galt), und (als jüngeres Beispiel) an "Coral Dreams" von Crises. Denn Terminal haben keinen 'klassischen' Metalsound, sondern einen sehr modern geprägten mit starken Alternative-Anleihen - und doch ist er knüppelhart! Mit markanten Breaks. Mordsmäßig breitwandige Gitarren in den Refrains stehen im Wechsel zu oftmals abwartenden, psychedelisch angehauchten und eher emotionalen Atmosphären in den Strophen. Sänger Daniel Moszcynski zeigt sich entsprechend wandelbar, von gefühlsbetont und introvertiert bis hin zu wütenden Shouts.
Die Gegensätze auf "Tree Of Lie" sind so ein bisschen wie mit dem Bulldozer über die Gänseblümchenwiese fahren - Idylle und dann platt machen, ziemlich reizvoll! Als besonderes Schmankerl halten noch weitere Stilrichtungen Einzug, nämlich sanfter Jazz in den ganz ruhigen Momenten - und 'gerappter' Sprechgesang, ein bisschen dreckiger Straßen-R'n'B. Da, wo es brachial zur Sache geht, passt das auch, denn es wird nicht übertrieben. Der Terminal-Metal kriegt halt einen Hauch von Linkin Park, aber eher als punktuelles Stilmittel - kein Abdriften in Nu Metal-Gefilde.
Terminal sind schließlich eine Prog-Band, ohne wenn und aber! Allein die herrlich diffizile Rhythmik sorgt dafür; in der Schlägerabteilung ist immer was Spannendes unterwegs. Die rhythmische Seite ist auch sehr gekonnt in die atmosphärischen Wechsel eingebunden, man pendelt schon mal zwischen schwebendem Dreiviertel-Takt und versiert verproggten Geradtakt-Variationen. Die Klasse der Rhythmussektion ist sehr gehoben; dazu sollte auch Gasttrommler Virgil Donati beitragen. Der hat zwei Tracks für die Polen eingespielt. Nur welche, das ist nicht zu erfahren, und als Nicht-Profi-Drummer kann man da lange analysieren... schade.
Besonders im Ohr hängen bleibt auf dem Album "Behind The Mask", wo der Spieß mal rumgedreht wird: Hier werden in der Strophe Wände eingerissen und der Chorus ist getragen, sehr melodisch. Die Melodien, die sie da zusammenspinnen, sind fast immer richtig stark und eingängig. "The Maze" macht die Band sogar schon fast zu einem Kandidaten fürs Radio. Aber keine 'Sorge' - dazu ist dann der Titeltrack "Tree Of Lie" viel zu experimentell; hier zeigen Terminal, dass sie auf engstem Raum auch hübsch vertrackt komponieren können. Und dazu ist "Game Of War" wirklich ein paar Nummern zu gewaltig, da wird nämlich teils Hardcore-mäßig gehustet.
Eine Überraschung gibt's bei "Deep Inside", das ist das Stück zum in sich Gehen, aber weit mehr als bloß die Quotenballade. Recht lyrisch geht es zu, mit Klavier und Violine und Cello (wie auch beim Intro und beim Outro des Albums), dann kommen aber nach ein paar Minuten doch noch bedrohlich verzerrte E-Gitarren ins Spiel - Gänsehaut-technisch eine feine Sache! Ansonsten setzt bei diesem Debütalbum zugegebenermaßen irgendwann einmal der Ermüdungseffekt ein, weil die düster eingefärbten Atmosphären einander irgendwann zu ähnlich werden. Aber Terminal müssen sich auch nicht alle paar Minuten neu erfinden, um unterm Strich ein mehr als ordentliches Debüt mit ziemlich individueller Note abgeliefert zu haben.
Line-up:
Bartek Pietsch (bass)
Daniel Grupa (keyboard, piano)
Daniel Moszcynski (vocals)
Grzegorz Dziamka (drums)
Jacek Rychly (guitar)
Patryk Zukowski (guitar)
Tracklist
01:The Beginning (1:48)
02:Afterlife (4:35)
03:Mind Destruction (4:30)
04:Together Apart (3:57)
05:Behind The Mask (4:33)
06:Brand New Sin (5:23)
07:Deep Inside (6:16)
08:The Maze (4:29)
09:Evil Machine (4:41)
10:Tree Of Lie (3:34)
11:Game Of War (4:26)
12:The End (1:38)
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