Teufelskreis / Eifersucht
Eifersucht Spielzeit: 42:38
Medium: CD (EP)
Label: NRT Records, 2014
Stil: Heavy Rock, Deutschrock

Review vom 20.02.2014


Steve Braun
So lasse ich mir eine 'EP' gerne gefallen. Gut zweiundvierzig Minuten - so mancher Künstler hat größte Schwierigkeiten, das auf eine reguläre CD zu pressen. Ein derart vorbildliches Pressekit bekommt man auch nur alle Jubeljahre mal auf den Schreibtisch... Teufelskreis machen schon mal vorab einen richtig guten Eindruck.
Neue Deutsche Härte - diese neue Schublade springt bereits nach den ersten Takten von "Eifersucht" auf. Eine etwas zwielichtige Ablage - Lieferanten von Scheinheiligen Liedern machen hier großartigen Vertretern wie Stier oder den auf ihre Art ebenfalls genialen Rammstein (man mag sie oder eben nicht) das Leben schwer. Aber Frei.Wild hin, Böhse Onkelz her - ich persönlich lasse mir den guten alten Deutschrock nicht madig machen! Den gibt es seit über vierzig Jahren und sicher auch noch nach weiteren vierzig, wenn die Im-Trüben-Fischer schon lange Geschichte sein werden.
Teufelskreis sehe ich jedenfalls als absolut positive Neuentdeckung in dieser Sparte - hart bis an die Messerschärfe und absolut intelligent gemacht. Gut - okay, die Texte sind vielleicht eine Spur zu plakativ, aber nicht ohne Tiefenschärfe, gelegentlichen Wortwitz und vor allem: ohne jede 'prollige' Attitüde.
Der Bandname der vier Österreicher und der Titel dieser 'EP' korrelieren ziemlich eindeutig. Ist 'Eifersucht' nicht ein 'Teufelskreis'? Ein Wahnsinn, aus dem ein Ausbruch ohne Hilfe von außen nahezu unmöglich ist - ein Strudel, der zwei Menschen gnadenlos in tiefste Abgründe ziehen kann...
Mephisto Platzer singt sich in den acht Songs durch alle nur denkbaren Beziehungsqualen und man kommt nicht umhin, hier starke autobiografische Bezüge zu vermuten. Er stellt die Themen allerdings auf eine allgemeine Ebene und vermeidet somit jeglichen peinlichen Seelenstriptease. Das rollende 'R' nimmt zwar gelegentlich posenhaften Charakter an, aber das ist eine persönliche Befindlichkeit meinerseits und tut eigentlich nichts zur Sache.
'Mastermind' Belze Schütz erzeugt mit seinen Gitarren einen ebenso brettharten wie messerscharfen 'Wall of Sound'. Ich vermute mal stark, dass die eingestreuten Synthesizersounds - Akkordeonklänge (wie im Titeltrack) liefern hier authentische alpenländische Töne - ebenfalls von ihm stammen. Mike Novaks - alias Mr. Hyde - Schlagwerk klingt herzhaft, staubtrocken und kompromisslos knallig. Einzig Dieselchrist Schöns Bass dürfte präsenter abgemischt sein - sein überaus kerniges Spiel wäre es allemal wert!
Auffällig ist wie Teufelskreis es schaffen, einen Song auf den Punkt zu bringen. Paradebeispiel ist hier "Schüchtern": knallige Riffs, eingängige Hooks, spannungsgeladene Bridge und Solo - einfachste Mittel, kein Schnick-Schnack und Trallala, fertig. »Eins in die Fresse, mein Herzblatt« hat das Wolf Biermann vor Jahrzehnten mal (in anderem Zusammenhang) ausgedrückt. "Herzstich" ein weiterer dieser gnadenlosen Killer, die dich in Sekundenbruchteilen am Haken haben. Ich bewundere Musiker, die diese Fähigkeit zum Komprimieren beim Songschreiben entwickeln können. Sehr schön wird hier im Text herausgearbeitet, wie sehr 'Mann' dazu neigt, sich über die Partnerin zu definieren.
Bei "Liebe tut so weh" musste ich fast in den Tisch beißen. Diese Reminiszenzen an Bertold Brechts "Mackie Messer" sind schlichtweg genial. Dass Teufelskreis auch die Powerballade draufhaben, beweist "Im Angesicht" eindrucksvoll - mehr davon!
Diesen vier tollen Titeln zum Trotz ist (und bleibt wohl auch) "Seitensprung" mein Favorit - die Symbiose von Text und Musik gleicht hier einem Tanz auf dem Vulkan. Einzig "Zerrissen" - nomen est omen - wirkt etwas an einer bipolaren Störung leidend, aber wie ich die vier 'Ösies' so einschätze, haben sie genau dies auszudrücken beabsichtigt.
Teufelskreis überzeugen mit ihrer "Eifersucht"-EP durch mitreißenden Heavy Rock und mit Texten, die die üblichen testosterongeschwängerten Klischees des Genres komplett ausblenden. Für mich ein Kandidat für unsere Kategorie 'Entdeckung des Jahres' und ein schöner Zeitvertreib, während ich händeringend auf das neue Stier-Album warte...
Line-up:
Ronny 'Mephisto' Platzer (Gesang)
Friedl 'Belze' Schütz (Gitarre, Mastermind)
Chris 'Dieselchrist' Schön (Bass)
Mike 'Mr. Hyde' Novak (Drums)
Tracklist
01:Zerrissen (5:06)
02:Schüchtern (4:29)
03:Herzstich (4:04)
04:Seitensprung (4:54)
05:Eifersucht [Radio Edit] (4:03)
06:Liebe tut so weh (4:03)
07:Verdammt (4:19)
08:Im Angesicht (5:26)
09:Eifersucht [Album Edit] (5:34)
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