Tina Turner, geboren 1939 und seit über 50 Jahren im Musik-Geschäft - wenn man diese Frau auf der Bühne erlebt, kann man gar nicht glauben, dass sie die 70 mittlerweile schon überschritten hat.
Dieses Energiebündel, ausgestattet mit einer wunderbaren kraftvollen Stimme, die mit ihren sexy Tanzeinlagen so manchem Pseudo-Superstar noch heute das Fürchten lehrt, hatte es jedoch nicht immer leicht im Leben.
Als Anna Mae erblickte sie im ländlichen Nut Bush, Tennessee das Licht der Welt und war die zweite Tochter von Zelma und Floyd Richard Bullock. Die Familie gehörte nicht zu denen, die nichts hatten, wie Tina sich erinnerte: »Wir hatten immer schöne Möbel und in unserem Haus sah es immer schön aus. Wir hatten unser eigenes separates Schlafzimmer und ein Esszimmer, und außerdem besaßen wir Schweine und andere Tiere. Ich kannte Leute, die das alles nicht hatten, und wusste um den Unterschied. Arm waren wir nicht.«
Und dennoch war die kleine Anna damals schon sehr unglücklich, fühlte sich einsam und nie richtig geliebt von ihrer Mutter. Und als diese eines Tages die Familie im Stich ließ, brach für Klein-Anna, die damals gerade mal 10 Jahre alt war, eine Welt zusammen.
Tinas Vermutungen, dass sie eigentlich ungewollt war, sollten sich Jahre später als sie ihre Mutter dazu befragte, bestätigen.
Drei Jahre danach verließ auch der Vater seine beiden Töchter Anna Mae und Alline, die nun den Verwandten, Großeltern und Nachbarn überlassen wurden: »Ich wurde immer herumgeschoben, von einem Verwandten zum anderen. In meinem Leben gab es keine Stabilität.«
So wurde bereits der Grundstein für Tinas spätere Kämpfernatur gelegt, die nach der Trennung von Ike unabdingbar war, da sie zu einer regelrechten Überlebenskünstlerin werden musste.
Natürlich war es unumgänglich, dass Mark Bego in seiner Biografie über Tina deren unsägliche Ehe mit Ike mehrere Kapitel widmete, dauerte dieser Alptraum immerhin ganze 16 Jahre lang.
Grund für die Trennung waren Ikes zunehmende Gewalttätigkeiten gegenüber Tina (selbst seine diversen 'Betthäschen' blieben vor seiner Prügelei nicht verschont), der auf Grund seines regelmäßigen Drogenkonsums immer unberechenbarer und aggressiver wurde. Prügel gehörten zu Tinas Leben wie das tägliche Brot.
Oft wurde sie gefragt, wieso sie dies alles all die Jahre über so geduldig ertrug. Daraufhin meinte sie, dass sie ihn ja mal geliebt hatte, nach all dem Martyrium jedoch am Ende für ihn lediglich noch freundschaftliche Gefühle bzw. Dankbarkeit empfand. Sie war ihm dankbar dafür, dass er ihr geholfen hatte, ihren Traum - endlich auf der Bühne zu stehen und singen zu können - zu verwirklichen: »Ich hatte mich in seinem Netz verstrickt.« Dieser Satz bringt es sehr gut auf den Punkt, denn im Grunde waren damals beide voneinander abhängig: Tina war Ikes Quelle zum Erfolg, das wusste er und er wollte erfolgreich sein. Aber er selbst konnte nicht singen und Tina wollte unbedingt singen, sie war der eigentliche Star auf der Bühne. Ikes Angst bestand darin, dass sein 'Mittel zum Zweck' ihn eines Tages verlassen könnte und glaubte, sie durch ständige Kontrollen und Schläge beugen und halten zu können, bis ihr dann im Juli 1976 die Flucht gelang.
Natürlich waren die Jahre nach der Trennung kein Zuckerschlecken, denn Tina hatte alles bei Ike zurück gelassen. Sie besaß nichts, außer der Kleidung, die sie während der Flucht trug und ihrem Namen. Während der Scheidung bestand sie darauf, lediglich ihren Künstlernamen behalten zu können, der für sie eine Art 'Versicherung' für ihre zukünftige Karriere bedeutete. Denn als Ike & Tina Turner waren sie damals eines der angesagtesten Gesangsduos, der Name Turner hatte bereits einen Bekanntheitsgrad. Und Tina wollte unbedingt wieder in der Welt des Rock'n'Roll Fuß fassen, denn sie brauchte dringend Geld zum Überleben für sich und ihre Söhne.
Da sie durch ihre Tourneen mit Ike u.a. auch die Stones (insbesondere Mick Jagger), Cher (die sich gerade erst von Sonny getrennt hatte und ihr so mit Rat und Tat weiterhelfen konnte) sowie David Bowie kennen gelernt hatte, waren sie es auch, die sie in dieser schweren Zeit - neben Freunden wie Ann-Margret, Mike Stewart von United Artists Records und Manager Roger Kramer - bei ihren solistischen Gehversuchen auf den 'Brettern, die die Welt bedeuten' unterstützten.
Sehr viel Kraft gab ihr aber auch die Hinwendung zum Buddhismus, mit dem sie durch Valerie, einer ehemaligen Sekretärin Ikes, in Berührung kam und dem sie bis heute treu bleibt.
Ein langer und steiniger Weg lag nun vor der Sängerin, die vom Punkt Null begann bis es dann endlich so weit war, dass sie nicht nur kleine Clubs oder Hallen - sondern ganze Stadien füllte, Filmangebote bekam, in die Rock & Roll Hall of Fame aufgenommen wurde und irgendwann sogar ihr eigenes Leben verfilmt werden sollte. Ausverkaufte Tourneen führten sie rund um den Globus. Mit "Private Dancer" schaffte sie 1984 den endgültigen Durchbruch und wurde, quasi über Nacht, zum Superstar.
Tina, die mittlerweile mit ihrem Lebensgefährten Erwin Bach in Küsnacht bei Zürich sowie in Nizza lebt, verkaufte bisher mehr als 180 Millionen Tonträger. Damit ist sie eine der erfolgreichsten Rock-Sängerinnen aller Zeiten und schon jetzt eine lebende Legende. Eine mutige Frau, eine starke Frau, eine erfolgreiche Frau - eine Ikone des Rock'n'Roll, vor der ich meinen imaginären Hut ziehe.
Mark Bego versteht es, in dem Buch die Lebensgeschichte der Diva des Rock'n'Roll nicht nur stur chronologisch abzuhandeln, sondern schreibt flüssig und spannend, so dass man geneigt ist, die Lektüre erst dann aus der Hand zu legen, wenn man wirklich das letzte Kapitel erreicht hat.
Neben den Quellenangaben darf die detaillierte Diskografie von Ike & Tina Turner und Tinas veröffentlichten Solo-Platten sowie Videos und DVDs nicht fehlen. Komplettiert wird das Ganze noch mit einer Bibliografie, Zeitschriftenauflistungen (in denen Tina zu Wort kam) sowie einer Filmografie.
Ein rundum gelungenes Werk, das ein Tina Turner-Fan unbedingt in sein Bücherregal stellen sollte.
Externe Links:
|