Titel: DVD 1: Rio '88 - Live In Concert DVD 2: Wildest Dreams Tour DVD 3: One Last Time Live In Concert Spielzeit: 75:00 / 140:00 / 120:00 Medium: DVD Box-Set Label: Eagle Vision, 2006 Angaben zur Technik befinden sich unter den Tracks. Stil: Rock Review vom 27.11.2006 Ilka Czernohorsky

Sie hat es nicht leicht gehabt als Farmerkind, deren Eltern sich später scheiden ließen: Anna Mae Bullock, die später eine Zeitlang bei ihrer Tante und anschließend bei ihrer Oma aufwuchs.
Als Teenager kehrte sie wieder zu ihrer Mutter zurück, die in St. Louis wohnte. Und als sie eines Tages, gerade mal 17 Jahre alt geworden, im Club Manhatten die Kings Of Rhythm sah, wusste sie was sie wollte: Einmal dort singen. Und sie kämpfte so lange, bis sie das schaffte. An dem Tag, an dem sie mutig das Mikro ergriff, ging der zukünftige Stern Tina Turner am Musikhimmel auf.

Aber von da an kann sie auch auf ein bewegtes Leben zurückblicken: Zum einen erlebte sie die Hölle mit ihrem despotischen, kokaingeschädigten Macho-Ehemann Ike Turner, mit dem sie andererseits jahrelang musikalische Erfolge als Ike & Tina Turner feierte.
Und als sie endlich aus dieser ehelichen Hölle entfloh - mit geschwollenem Gesicht, blutig geschlagen, lediglich mit ein paar Cent in der Tasche - stand sie vor dem Nichts und musste wieder ganz von vorn anfangen. 1978 war die Scheidung endlich vollzogen.

Sie hat also alle Höhen und Tiefen, sowohl privat als auch in ihrer musikalischen Laufbahn, durchgemacht - sie war ganz unten - aber sie ist aufgestanden, hat gekämpft und ist wieder da: Sie ist die 'First Lady des Rock', ein Weltstar, ihre Tourneen sind ausverkauft. 1988 zum Beispiel singt sie in dem Maracana-Stadion in Rio de Janeiro vor 180.000 Zuschauern. Noch nie hatte ein einzelner Musiker mehr Zuhörer. Das verschaffte ihr den Eintrag ins "Guinness Buch der Rekorde". Sie verkauft ihre Platten millionenfach und wird mit Preisen und Auszeichnungen überhäuft. 1991 erfolgt die Aufnahme in die 'Rock and Roll Hall of Fame'.

Tina hat es geschafft. Ihr Duett-Partner Bryan Adams sagte einmal über Tina: »Diese Frau arbeitet verdammt hart, und sie meint jedes Wort so, wie sie es sagt. Und wenn sie sich um etwas kümmert, dann klappt es auch. Sie ist die Beste - absolut. Eine, die kämpfen kann, wenn es hart auf hart geht.«
Und David Bowie, der ebenfalls einmal mit ihr gemeinsam einen Auftritt absolvierte, meinte anschließend: »Dort oben neben Tina auf der Bühne zu stehen, das war für mich der heißeste Platz im ganzen Universum.«

Tinas Platz ist die Bühne. Hier kann das Energiebündel zeigen, was in ihr steckt. Über die private Tina sagt sie selbst: »Ich bin in Wirklichkeit nicht wild. Ich bin keine laute, unbändige Frau. So trete ich nur auf der Bühne auf, aber mein anderes Ich mag ich eigentlich lieber. Ich habe aber inzwischen akzeptiert, dass das nun mal zu meiner Bühnenidentität gehört.«

Tina Turner auf der Bühne: Mit "Collector's Edition" kommt nun eine Veröffentlichung auf den Markt, die genau das beinhaltet, was Tina-Fans lieben: Die Sängerin live zu erleben. Und hier sind gleich drei Live-Aufnahmen in einer Box zusammengefasst: "Rio '88", die 'Wildest Dreams Tour' - 1996 in Amsterdam mitgeschnitten - und Mitschnitte von ihrer gefeierten Abschiedstour im Jahre 2000 aus dem Wembley Stadium. Diese DVDs gab und gibt es auch einzeln zu kaufen, sind jetzt im hochwertigen Slip-Case natürlich preislich wesentlich günstiger zu erwerben.

"Rio '88"
Tina startete 1987, ihre LP "Break Every Rule" im Gepäck, die in einigen Märkten bereits auf Platz eins stand, ihre Tour. In 13 Ländern verzeichnete sie übrigens sogar Kassenrekorde.
Mit "Rio '88" wurde das legendäre Konzert vom 16. Januar in Rio de Janeiro, welches ihr den Eintrag ins Buch der Rekorde brachte, für die Nachwelt auf Konserve festgehalten.
Wir erleben eine bestens aufgelegte Tina, die auf dem Höhepunkt ihrer Karriere ist. Die DVD gibt die tolle Live-Atmosphäre in dem proppenvollen Stadion hervorragend wieder.
Ein kurzes Intro und Tina hält der örtlichen Gegebenheit entsprechend, wild auf einem Karnevalswagen im sexy Fransenkleidchen tanzend, Einzug. Im Laufe des Gigs wird sie ihr Outfit natürlich öfters wechseln. Musiker und Hauptakteurin, im Schweiß gebadet, stacheln das Publikum immer wieder zum Mitklatschen und Mitsingen an - die Menge tobt und Tina Turner gibt alles. Sie fegt wie ein Derwisch über die Bühne.
"Rio '88" ist ein tolles Zeitdokument. Die Gesamtspielzeit umfasst ca. 75 Minuten, der Sound ist in Dolby Stereo.

Line-up:
Jack Bruno (Drums)
Deric Dyer (Saxophone, Keyboards)
Bob Feit (Bass, Vocals)
John Miles (Keyboards)
James Ralston (Guitars, Vocals)
Steve Scales (Percussion)
Don Snow (Keyboards, Saxonphone, Vocals)
Laurie Wisefield (Guitars)

"Tina Turner Live In Amsterdam"
1996 war ein weiteres erfolgreiches Jahr für die Turner: Sie erhielt den höchsten französischen Kulturorden, den 'Chevalier des Arts et des Lettres' und wurde außerdem mit einem Ehren-Victoire für ihr Lebenswerk belohnt.
Trotz mehrfacher Abschiedserklärungen startete sie erneut eine Welttournee, die sie im Frühjahr 1996 in Europa begann (150 Shows vor insgesamt 3 Mio. Menschen) und die bis Ende 1997 vor ausverkauften Häusern in den USA fortgesetzt wurde.
September 1996 - Amsterdam-Arena: 150.000 Zuschauer haben sich eingefunden, um ein Konzert der Superlative zu erleben.
Ich habe damals diese Tour in Leipzig gesehen, sie ist mir unvergesslich im Gedächtnis haften geblieben: Eine großartige Bühnen-Show, eine absolut hervorragende Sängerin und Performerin begleitet von Top-Musikern. Und wenn auch der ganze Gig voller erotischer Spannung ist, so merkt man dabei doch immer wieder ein gewisses Augenzwinkern, den Schuss Humor sozusagen.
Und wenn sie da während des Akustik-Sets, in ihrem Bewegungsdrang kaum zu bändigen, mit kurzem Röckchen, dass ab und zu mal höher rutscht als erlaubt, auf dem Stuhl sitzt, werden bestimmt so manchem männlichen Zuschauer in der ersten Reihe die Augen aus dem Kopf gefallen sein. Kein Wunder bei dieser Frau, die mit ihrer Ausstrahlung und Power so manches junge Möchtegern-Sternchen mächtig alt aussehen lässt.
Mit "Tina Turner Live In Amsterdam" bekommt man ein geniales Live-Erlebnis, vollgepackt mit 20 Live-Tracks sowie diversem Bonusmaterial (Interview mit Tina und Erläuterungen von ihr zu jedem Song des "Wildest Dreams"-Albums sowie den Videoclip zu "Whatever You Want") ins heimische Wohnzimmer geliefert.
Die Kameraführung ist sehr gut, ohne Hektik. Jeder der Mitwirkenden wird perfekt in Szene gesetzt. Man hat das Gefühl, hautnah auf der Bühne zu sein. Einer der Kamera-Leute scheint es auf Tinas Beine abgesehen zu haben, die ja wirklich faszinierend schön sind.

Line-up:
Jack Bruno (Drums)
Timmy Carpello (Percussion, Keyboards, Saxophone, Vocals)
Bob Feit (Bass)
Ollie Marland (Keyboards, Vocals)
John Miles (Guitars, Vocals)
Kenny Moore (Keyboards, Vocals)
James Ralston (Guitars, Vocals)
Cynthia Davilla, Sharon Owens, Karen Owens (Singer, Dancer)

"One Last Time Live In Concert"
Soll das wirklich ihre Abschiedstour gewesen sein? Ich kann es noch nicht glauben, denn diese Frau braucht doch die 'Bretter, die die Welt bedeuten', wie die Luft zum Atmen.
Tina lässt auf der Tour wieder die Bühne erbeben, denn wo sie auftritt, pulsiert ein Vulkan. Ihre Gigs sind immer ein Erlebnis - knisternde Erotik, dabei aber niemals billig wirkend. Sie selbst ist wie guter Wein: je reifer, desto besser. Man hat das Gefühl, sie wird auch optisch einfach nicht älter, ihre Energie scheint unerschöpflich zu sein. Wie macht sie das nur?
Auf dem Mitschnitt in der Londoner Wembley-Arena, welche Tina mehrmals mit jeweils 80.000 Fans füllt, sind alle Songs der Show enthalten.
Alt und Jung stehen gemeinsam im Publikum, um diese Frau zu sehen. Sie kommt eben bei jeder Generation noch an. Als Tina bei "Twenty Four Seven" in den Absperrgraben steigt, um den Zuschauern in der ersten Reihe die Hand zu schütteln oder auch ins Mikro singen zu lassen, ist ein junges Kerlchen hin und weg vor Freude über das fast 'hautnahe' Erlebnis mit dem Star.
Natürlich erwartet den Fan auch hier wieder eine gigantische Bühnenshow. Dazu schlüpft die Sängerin wie gewohnt, in wechselnde sexy Outfits und bringt die männlichen Zuschauer damit ordentlich zum Schwitzen.
An der Bildführung gibt es nichts zu meckern, die ist hervorragend - die Konzertstimmung wird super rübergebracht.
Leider ist das Bonus-Material etwas dürftig: man sieht Tina im Flugzeug sitzen; erlebt den Aufbau der dreistöckigen Bühne im Stadion oder sieht kreischende Fans mit Tina-Perücke.

Line-up:
Jack Bruno (Drums)
Joel Campbell (Piano, Vocals)
Euge Groove (Saxophone, Keyboards, Percussion)
Ollie Marland (Keyboards, Vocals)
Warren McRea (Bass)
John Miles (Guitars, Vocals, Harmonica)
James Ralston (Guitars, Vocals)
Stacy Campbell, Lisa Fischer (Background Singers)
Solange Guenier, Clare Louise Turton, Ivona Brnelic (Dancer)

Für Fans, die auf Konzert-Aufnahmen stehen, keine schlechte Sache, gleich drei Live-Gigs in einem Set für einen angenehmen Preis erwerben zu können.
Ich bin gespannt, ob die Tournee 2000 wirklich die letzte von Tina Turner gewesen sein soll. Man munkelt nämlich von einer Welttournee noch vor ihrem 70. Geburtstag.
Zum Abschluss möchte ich dieser starken Frau noch einmal das Wort überlassen:
»Die meisten meiner Träume sind wahr geworden - ich bin froh, dass ich nie aufgehört habe, sie zu verfolgen«.
Recht hat sie daran getan!