Einen Tag zuvor bei
Steve Lukathers Gitarrenkünsten auf Weltniveau in Bochum, bei prall gefüllter Location auf mittelgroßer Ebene noch beigewohnt, galt es am darauf folgenden Abend den inneren musikalischen Hebel wieder umzuschalten. Angesagt war eine Mischung aus Singer/Songwriter-Stoff und melodischem Roots Rock in intimer Wohnzimmeratmosphäre.
Einer meiner Lieblingskünstler auf dem Gebiet war einmal mehr in Wesel zu Gast,
Todd Thibaud. Der hatte seine vor geraumer Zeit erschienene und von mir beleuchtete CD
Broken mit im Gepäck, die es hier und heuer vorzustellen galt. Es ist meine bis dato vierte Live-Begegnung mit dem sympathischen Songwriter (einmal als Part von
Hardpan, einmal mit
Joseph Parsons im Duo, zweimal mit Begleitband) und, um es vorwegzunehmen, es sollte die eindeutig stärkste Vorstellung werden. Der gewichtstechnisch im Vergleich zu den Vorjahren etwas 'robuster' wirkende
Thibaud (mit Pepita-Hütchen als Kopfverzierung), kam nach meinem subjektivem Empfinden vom Wesen und seiner Körpersprache deutlich lockerer rüber als bei den erlebten Vorveranstaltungen, da konnte er den Hauch des dezent introvertierten nachdenklichen Intellektuellen nie so ganz abstreifen (was aber seine sympathische Note nie übertünchte).
Vermutlich lag es an seinen Mitstreitern (scherzhaft von
Todd bei der Vorstellung als 'Sleeping Dogs' betituliert, also aus seiner Sicht
Todd Thibaud & The Sleeping Dogs), die gut gelaunt und spielfreudig ihren Frontmann zu Bestleistungen animierten.
Thibauds samtweiches, glasklares Stimmorgan verströmte eine einzigartige, wohlige Wärme, sein präzises Akustikgitarrenspiel gab den Takt vor; der wie eine tapezierte Fahrradspeiche anmutende, hagere
Sean Staples und der Holzfäller-Typ,
Thomas Juliano (von
Seven Mary Three), zeigten sich für die solistischen Glanzlichter verantwortlich. Erstgenannter ließ wieder ein Mandolinengezwitscher vom feinsten vom
Staples, ähm vom Stapel, das ihn in freier Natur vermutlich ins Fadenkreuz so manches Ornithologen geraten lassen würde,
Juliano beeindruckte mit variabler E-Gitarrenkunst. Und er war es auch der diesen
Thibaud-Auftritt zu meinem Favorit werden ließ.
Die Brandbreite reichte vom sattem Rhythmusspiel, über klassische E-Soli bis zu atmosphärischen Bariton-Klängen, sowie letztendlich einer surrenden Slide-Performance beim den Hauptset abschließenden "You & Me". Sprich,
Thomas Juliano machte den Unterschied! Der in drei Teile gesplittete Abend (Set 1 von 21:15 - 22:00 Uhr, Set 2 22:20 - 23:10 Uhr, Zugaben 23:15 - 23:30 Uhr) umfasste 25 Stücke, die im Großen und Ganzen ein Best Of seiner vier Studioalben "Little Mystery" (u.a. großartig das Titelstück und das mandolinenverzierte "Anywhere"), "Squash" (u.a. "Is It Love?", das flockig dargebotene "St. Cecilia"), "Northern Skies" (u.a. mein
Thibaud-Lieblingsstück "Louisiana", das rockige "Three Words", das rhythmische "On My Own Again" mit fetzigem E-Solo) und dem aktuellen Silberling "Broken", der natürlich den Schwerpunkt bildete (bis auf vier Tracks alles, wobei das atmosphärische "Simple Man", die countryeske Ballade "Man That I Am", das mit Honkytonk-Flair behaftete "Stone I Can't Roll" und
das Slide-trächtige "You & Me" besonders zu gefallen wussten). Drei Stücke (enthalten auf einem Blue-Rose-Bootleg: "Give Back My Heart", "That Wasn't Me" und "Sweet Destiny") waren mir bisher nicht bekannt, überzeugten aber allesamt.
Der vom recht sachlichen Publikum eingeforderte Zugabenteil umfasste insgesamt fünf Songs. Darunter ein balladeskes
Tom Waits-Cover und "Johanna's Dreams", das
Todd recht intim, solo, und mit eigens gespielter Harp-Ergänzung performte.