Toxic Smile / I'm Your Saviour
I'm Your Saviour Spielzeit: 61:55
Medium: CD
Label: Progressive Promotion Records, 2011
Stil: Prog Rock / Prog Metal


Review vom 21.01.2011


Ingolf Schmock
Gerade in Zeiten von zwanghaften Entleerungen musikalisch transparenter Gleichförmigkeit und schierer Masse, salben zündende Ideen kollektiver Studioprojekte unsere ausgenudelten Seelen, ohne diese mit einem Mehrpfund an Größenwahn ernsthaft zu strapazieren.
Der durchaus sächsisch bescheidene und höheren Ansprüchen unterlegene Marek Arnold hat sich und seinen Gefährten dementsprechend ausreichend Kreativzeit für das nun vorliegende Endprodukt zugestanden, um keine musikalische Revolution, aber zumindest ein einstündiges Spielparadies melodieinfizierter Metalstudien, mit etlichen Ausfallschritten, zu kreieren.
Liegt das letzte Bandprodukt auch schon sechs Jahre zurück, wurde der Kreativ-Pool um Mastermind Arnold beständig mit frischem Quell gespeist, um als kompositorisch-instrumentaler Hans-Dampf bei anderen Studioprojekten und neuerdings bei den ostdeutschen Prog-Urgesteinen Stern Combo Meissen aufzutrumpfen.
Ohne die übliche Wahrnehmung eines semi-progressiven Albums zu demontieren, zelebrieren die Leipziger eine hohen Ansprüchen genügende Kollektion songdienlichen Feingeistes, mit der hierbei benötigen Härte und dem Quäntchen bedeutungsschweren Bombasts.
Den Protagonisten gelingt es vollends, mit gereiftem Handwerk musikalisch die große Leinwand weltmännischer Prog-Kunst zu bespielen und ohne lückenfüllende Accessoires die überdurchschnittlich strapazierte Studiozeit zu legitimieren.
Mit großer Distanz zu überschäumender Selbstverliebtheit, aber keinesfalls ohne handwerkliches Diplomieren, unternimmt das Quintett einen Parforce-Ritt durch seine wunderbare Welt unverkrampfter Komplexität und kontrollierter Rock-Impulsivität und perfektioniert selbige mit pathosbeladener Gesangs-Seligkeit.

Fernab von abrupten Tempowechseln und verschwurbeltem Irrwitz leben die neun recht ausgedehnten Kompositionen von der konservierten Quintessenz aus glühendem Breitwand-Prog, seifigem Melodic Rock und Larry Brödels samtenem Gesangsschmelz, welcher behutsam die knisternde Wärme des Zusammenspiels veredelt. So gelingt ihm, leidenschaftlich als auch gefühlsgepeitscht, mit gleich zwei Wohlfühl-Rührstücken ("Hidden Brand", "Walked By Fear"), nebst Markus Teskes frischer kalorienüberschüssiger Soundmixtur, zwischen herrlich altmodisch gezierten Progattitüden und deren überambitionierten Metal-Kumpaneien, die mitunter etwas fremdeln, zu vermitteln.
Obgleich im überlangen Einstieg ein komplex aneinanderklebendes Schichtwerk von meisterlichen Darbietungen aller Beteiligten gehäutet und das Pulver an fusionstauglichen Fingerfertigkeiten fast nahezu verschossen scheint, expandieren die Sachsen ihre cleveren Arrangements mit einer ornamental geschärften Rhythmusarbeit bis zum finalen Ton. Toxic Smile vermögen es, Fragiles und Pompöses, Zuckriges und Störrisches, Lust am potenten Klang und unvorhersehbare Wendungen großkotzig miteinander zu vermählen.
Abgesehen von einigen majestätisch geflochtenen Süßlichkeiten, ergreifen starke Melodien und schwindelerregende Rhythmen die überbordenden Arrangements, welche irgendwo zwischen gravitätischen Art Rock-Nachlässen und Metal-Riff-verseuchter Hexenküche mit dem ständigen Willen nach Abwechslung wanken.
Die Protagonisten vermeiden bewusst die üblichen Fallstricke progressiver Frickelorgien, verschwören sich statt jeglichem Kastraten-Genöle und rekordverdächtigem Griffbrett-Geprügele dem akademisch geschulten Handwerk mit einem magischen Mehrwert an zwingenden Melodien.
Nach einst ungestümen musikalischen Exkursionen scheint jetzt beim dritten regulären Studiowerk eine künstlerische Selbstsicherheit eingekehrt zu sein. Überhaupt ist es der durchstillende Vielklang, welcher diesem durchaus seine tönende Passion zur Hypothek für Künftiges beglaubigt.
Auch wenn durch konzentriert Wattiertes die ansonst druckvollen Arrangement-Bündel etwas irritiert wirken, ist es eigentlich gerade diese Ambivalenz zwischen gefälliger Oberfläche und durchorganisierter Kunst Rock-Tiefe, mit der die Leipziger gleich zum Jahresstart das Genrerevier raumgreifend markieren.
Line-up:
Marek Arnold (keyboards, sax)
Larry B. (vocals)
Uwe Reinholz (guitar)
Robert Brenner (bass)
Robert Eisfeldt (drums)
Tracklist
01:Liquid Wall
02:The Change
03:The Abyss
04:Hidden Brand
05:Walked By Fear
06:Endless Cycle
07:Pride And Joy
08:Poles Apart
09:I'm Your Saviour
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