Toxpack / Bastarde von morgen
Bastarde von morgen Spielzeit: 43:26
Medium: CD
Label: Sunny Bastards, 2011
Stil: Street Punk, Oi!

Review vom 27.08.2011


Moritz Alves
Zehn Jahre Toxpack - das muss gewürdigt werden! Das dachten sich wohl auch die Berliner 'Streetcore'-Helden selbst, doch anstatt für diesen Termin irgendwelche Altlasten neu aufzubrühen, lebt der Fünfer lieber im Hier und Jetzt und blickt nach vorn. Passenderweise trägt das Geburtstagsalbum denn auch den Titel "Bastarde von morgen" - denn in der Vergangenheit sollen lieber andere schwelgen…
Den Oi!-Fan wird's freuen, bekommt er auf dem brandneuen, mittlerweile sechsten vollwertigen Toxpack-Release 13 frische, unverkennbar raue Straßenrock-Hymnen in die Gehörgänge massiert - präsentiert im schmucken Digipack-Format. Und da die Truppe ihr Jubiläum ein bisschen feiern will, hat sie aus gegebenen Anlass zwei alte Freunde eingeladen, die das Liedgut aufpeppen. Roi Pearce (The Last Resort) und Paul Bearer (Sheer Terror) sind Oi!- und Hardcore-Kennern sicherlich nicht fremd und liefern auf "Heute so, morgen so" bzw. "E.B.S.C." (steht für 'East Berlin Street Core') ganze Arbeit ab. Dass beide Lieder teils englische Lyrics enthalten, versteht sich aufgrund der Herkunft der Gastsänger von selbst.
In musikalischer Hinsicht wird - nach dem atmosphärischen, akustisch gehaltenen Intro "Ludi Incipant" - natürlich der bekannte Stiefel gnadenlos durchgetreten, es gibt rumpligen, teils metallisch gewürzten Oi!, den die Mannen um Chefdenker Tommi Tox als 'Streetcore' verstanden wissen möchten. Auffällig ist - neben den einzigartigen Melodiebögen - wieder mal das rohe, versoffene Organ von Schreihals Schulle, der den Songs damit seinen unverkennbaren Stempel aufdrückt. Freunde von The Exploited, The Business, den Troopers, Volxsturm, Agnostic Front und Konsorten sind bei Toxpack somit an der richtigen Adresse und dürfen sich auch zu "Bastarde von morgen" wieder amtlich die Rübe abschrauben.
In den Songtexten nehmen die Berliner kein Blatt vor den Mund und behandeln die szenetypischen Themen, oftmals singen sie über sich selbst: »Ihr könnt es nicht ändern, uns gibt es immer noch/ Und zehn Jahre sind uns längst noch nicht genug«, tönt es selbstbewusst im 'Geburtstagsständchen' "Zehn", und der Titeltrack lässt vollmundig verlauten: »Wir sind die Bastarde von morgen/ Balancieren auf schmalem Grat/ Vor Typen wie uns habt ihr immer nur gewarnt« - Outlaw-Thematiken mit ganz viel rauem Charme!
Dass Toxpack auch Weitblick zeigen können, beweisen sie im großartigen "Das Problem sind wir selbst", in dem sie mit der Raffgier der Menschheit abrechnen und sich damit zu den Skeptikern und Kommando Kap Hoorn gesellen, die beide in den letzten Jahren ebensolche Texte ("Alien Nation" bzw. "Raubtier Mensch") auf ihren Alben hatten: »Das größte Problem sind wir selbst, es liegt auf der Hand/ Sind wir die Krone der Schöpfung, oder ihr Untergang?« - ein lyrisches Meisterwerk, das mir aus der Seele spricht.
Insgesamt haben Toxpack sich und ihren Anhängern mit "Bastarde von morgen" ein schönes Geburtstagsgeschenk gemacht, das aufgrund der derzeitigen 'Deutschrock'-Welle sicher auch bei Leuten auf offene Ohren stoßen wird, die die Band bisher noch nicht kannten. Wer auf ungeschönten Oi! steht und mit den genannten Referenzgrößen etwas anzufangen weiß, der sollte "Bastarde von morgen" ein paar Umdrehungen im Player gönnen und sich vom provokanten Coverartwork nicht ablenken lassen.
Aufgenommen wurde das Ganze übrigens - nach "Cultus Interruptus" (2007) und "Epidemie" (2009) - erneut von der Berliner Produzentenlegende Harris Johns, der sich seine Sporen vor allem mit Thrash-Bands (u.a. Sodom, Kreator, Voivod, Tankard) verdiente, aber auch schon mit den Skeptikern, Slime oder Daily Terror gearbeitet hat und daher für den Job natürlich bestens geeignet war.
Line-up:
Schulle (vocals)
Tommi (lead guitar)
Erik (guitar)
Martin (bass)
Hinni (drums)
Tracklist
01:Ludi Incipant (1:17)
02:Zehn (2:59)
03:An all die Dämonen (3:09)
04:Bastarde von morgen (3:16)
05:Das Problem sind wir selbst (3:46)
06:Wunden der Zeit (3:34)
07:Heute so, morgen so (3:41)
08:Was uns verbindet (3:42)
09:Wenn Sehnsucht stirbt (3:39)
10:Profilneurotiker (3:36)
11:Uhrwerk (3:44)
12:E.B.S.C. (3:46)
13:Libertas (3:17)
Externe Links: