Hut ab vor Phil Vincent, denn er ist ein emsiger Zeitgenosse. Zwischen 1996 und 2005 kamen beachtliche neun CDs unter seinem eigenen Namen heraus und nun entschied er sich, aus welchen Gründen auch immer, sein aktuelles Werk als Tragik zu verkaufen, obwohl mit Drummer Dirk Phillips und den Gastgitarristen Billy Roux, David Zychek (Mitte der 90er für eine kurze Zeit bei Night Ranger) und Paul Colombo von seinen früheren Scheiben bekannte Musiker mitwirken. Auch sonst hat sich kaum etwas geändert, wer die bisherigen Alben des Amerikaners kannte und schätzte, wird auch von "Poetic Justice" nicht enttäuscht werden.
Das Metier von Vincent ist weiterhin der melodische Hard Rock, der mit seinem Gitarrensound richtig knallt, sich an der Grenze zum Metal bewegt und zuweilen sogar modern klingt. Mit poppigem AOR hat das bis auf "Here in My Heart" und "Jessica" (nicht der Allmans-Standard), die mit den Hooks sogar das Zeug zu Radio-Hits hätten, nichts zu tun, die Keyboards spielen über weite Strecken nur die zweite Geige. Als solide kann man das Songwriting bezeichnen, durchgehend durchschnittliches bis gutes Niveau, kaum Ausreißer nach oben oder unten, mit über einer Stunde Spielzeit gibt's auch reichlich auf die Ohren.
Highlight der Platte ist das halbakustische "Who Will Be There?", der kurz den tausendfach ausgetretenen Melodic-Pfad verlässt. Der treibende Song hat etwas von Bad Company-Klassikern wie "Seagull" oder "Crazy Circles" und der gute Phil macht einen auf Paul Rodgers - absoluter Anspieltipp! Ansonsten habe ich nicht das Gefühl, dass Vincent zu den wirklich herausragenden Sängern gehört, seine Stimme weist über weite Strecken Gemeinsamkeiten mit der von Ian Gillan auf, aber bezogen auf die letzten Jahre und nicht auf die Glanzzeit des Deep Purple-Frontmanns Anfang der Siebziger.
"Never Stand Alone" ist ein weiterer herausragender Track, nach verhaltenem Beginn wird es zu einer Power-Ballade allererster Güte mit einem Gitarrensolo, das als seelenloses Gefrickel beginnt, aber sehr gefühlvoll endet. So mögen wir es. Ähnlich gestaltet sich "One Of Us", diesmal mit schönen Dual-Leads. "Show The World", "Caught In The Moment" (mit Längen), "Back Of My Mind" (wieder Dual-Leads) und "Higher" sind alles stampfende Rocker, die weniger von memorablen Riffs, sondern vielmehr vom powernden Sound der Rhythmusgitarren leben.
"Test Of Faith", "Long Time Comin'" und "Shadow In The Night" sind die Songs, die schwächer geraten sind - hier rächt sich etwas die lange Spielzeit der CD. Kleiner Punktabzug auch für das 40er-Jahre-B-Gruselfilm-Cover. Aber nichtsdestotrotz haben wir es mit einem ordentlichen Album zu tun, das überhaupt nichts Neues bietet, aber Genre-Fans sicherlich ansprechen könnte.
Line-up:
Phil Vincent (vocals, keys, guitars)
Damian D'Ercole (lead, rhythm & acoustic guitars, bass)
Dirk Phillips (drums)
Guest Musicians:
David Zychek (lead guitars # 1, 14)
Billy Roux (lead guitars # 5, 11, 15)
Paul Colombo (lead guitars)
Tracklist |
01:Show The World (3:09)
02:Never Stand Alone (4:34)
03:Test Of Faith (5:08)
04:Who Will Be There? (4:10)
05:Message To God (4:41)
06:One Of Us (5:18)
07:Long Time Comin' (4:21)
08:Caught In The Moment (5:58)
09:Here In My Heart (3:48)
10:Welcome To The Real World (5:23)
11:Defying Logik (0:33)
12:Shadow In The Night (4:24)
13:Jessica (4:22)
14:Back Of My Mind (5:33)
15:Higher (4:28)
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