Transfer kommen aus San Diego, USA und vollbringen mit ihrem Debütwerk eine wahre 'Transfer'-Leistung. "Future Selves" klingt nämlich nicht amerikanisch. Eher britisch. Oder sagen wir, im weitesten Sinne nordwesteuropainsulanisch. Den zu dem gehörigen Schuss angelsächsischen Indie Rock-Feeling kommt gleich beim Opener "Losing Composure" noch eine Portion U2 hinzu. Verzerrte bis verschmierte Gitarren - ein bisschen Geschrubbel und ein extrovertierter, markanter Gesang im Chorus, der nun mal ein wenig an Herrn Bono erinnert.
Und es rockt ... aber was sich gleichzeitig wie ein roter Faden durch die Musik von Transfer zieht, ist dieser leicht verklärte Sound, dieses etwas hypnotisch Beschwipste. Passt auch irgendwie zu den Einflüssen der Band und zur Art, wie sie sie umgesetzt hat. Überall hört man große britische Idole raus, nur die Gewichtung ist verschieden. Das eher ruhige und doch gleichzeitig nervös angespannte "Take Your Medicine" könnte ebenso aus Beatles-Federn stammen wie "Wake To Sleep", mit einem monoton-eindringlichen Mid-Tempo-Gestampfe, verstärkt durch Klavier und Geige. Zwischendurch wird es psychedelisch. Klingt cool!
Und experimentell. Das tut es des Öfteren. Unter anderem auch, weil Transfer gern Dissonanzen einsetzen und damit bewusst in Spannungsfeldern navigieren. Es wird schon öfter mal gegen den Strich gebürstet. Auch beim Loop-artigen Rhythmus von "Enojado". Schon etwas gewöhnungsbedürftig. Völlig überraschend kommen dann auch Nummern, die 'loslassen', so zum Beispiel die nachdenkliche und zugleich dynamisch nach vorn getriebene Akustik-Nummer "Like A Funeral". Oder "Get Some Rest", ein Dreivierteltakt-Song mit bluesig-souligem Retro-Flair. Sam Cooke? Eine Elvis-Ballade? Echt jetzt - für Überraschungen ist die Band gut.
Highlight auf "Future Selves" ist für mich "My Suspicions", ein eher langsames Stück, das sich nach introvertiertem Beginn (hier scheinen Pink Floyd durch) zu einem intensivem Chorus hochschraubt. Der würde auch zu Coldplay passen - eine packende Atmosphäre! So verbinden Transfer auch mal olle Einflüsse mit moderner Zielvorgabe. Vollkommen unmodern ist dagegen die Bonusnummer "White Horse", benannt nach dem bandeigenen 'White Horse Recorders'-Studio. Das ist ein Mix aus Zeppelin und Sabbath. Hier zeigen sie, wie verliebt sie immer noch in den guten alten Stoff sind. Als Bonus-Track passt diese auffallend markante Heldenverehrung gerade gut.
Unterm Strich bleibt ein Debütalbum einer ambitionierten Band, die gute Zutaten zu Stücken mit leicht 'undergroundigem' Hitpotenzial zusammenmixt. Zwar klingt mir einiges zu zäh; und ich finde den bis auf erwähnte Ausnahmen recht konsequent durchgezogenen, leicht hypnotisch-blurrigen Sound mit der Zeit ein bisschen too much. Allerdings ist es angenehm, dass die Band nie in seichte Brit Pop-Gefilde abdriftet, sondern ihre rockig-harte Kante bewahrt. Nur, wohin Transfer jetzt eigentlich wollen, in welche Lücke des Musikkosmos ... so ganz steige ich nicht dahinter.
Line-up:
Jason Cardenas (guitar, vocals)
Matthew Molarius (vocals, guitar)
Shaun Cornell (bass)
Andy Ridley (drums)
Tracklist |
01:Losing Composure (4:04)
02:Take Your Medicine (3:41)
03:My Suspicions (4:56)
04:Like It Used To Be (4:23)
05:Get Some Rest (4:47)
06:Wake To Sleep (4:36)
07:Enojado (4:26)
08:Like A Funeral (3:59)
09:The Possum (4:49)
10:Deerskin (5:10)
11:White Horse [Bonus Track] (5:20)
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