Provokation in unseren Texten ist uns sehr wichtig
TrasHtuCada Interview mit TrasHtuCada im Rahmen des Eier mit Speck-Festivals am 25.07.2010 in Viersen


Interview vom 08.08.2010


Udo Gröbbels
TrasHtuCada Spanien kennen die meistens von uns aus dem Urlaub. Musikalisch kennt man weit weniger aus dem Land des aktuellen Fußballweltmeisters. Die Band TrasHtuCada aus dem südspanischen Cadiz setzt sich weit ab von allen musikalischen Klischees und begeistert gerade die Festivalbesucher in Deutschland mit ihrem Mix aus Ska, Rock und spanischen Rhythmen. Grund genug also auch für uns, sich mit den sechs Jungs plus der charmanten Sängerin Eli an einen Tisch zu setzen und etwas über Argentinien, Schimpfworte und singende Geschlechtsorgane zu plaudern. Da nur Schlagzeuger Mota, Sängerin Eli und Gitarrist Javi halbwegs Englisch sprechen, setzte ich mich mit den Dreien an einen Tisch zusammen. Der Rest der Band gesellte sich aber kurze Zeit später interessiert dazu und untereinander brabbelte man munter Spanisch. Trotzdem konnte ich bei dem babylonischen Stimmengewirr doch zumeist halbwegs Herr der Lage bleiben und wir unterhielten uns Backstage neben der großen Festivalbühne, wo man noch knapp eine Stunde vorher dem gar nicht verschlafenen Festivalpublikum ordentlich einheizte und über knapp 40 Minuten total abgefeiert wurde.
RockTimes: Heute habt ihr Mittags als erste Band diesen dritten Festivaltag eröffnet. Die Reaktionen waren ja, trotz der frühen Zeit, schon mal sehr gut. Ist das überhaupt eure Zeit, wenn ihr so früh schon auf die Bühne müsst?
Mota: Eigentlich ist es egal, denn wir haben gemerkt, das gerade hier in Deutschland die Reaktion auf uns wirklich großartig sind. Egal zu welcher Zeit - die Leute haben ihren Spaß und wenn das so ist, kommen wir auch gerne Mittags auf die Bühne.
TrasHtuCada RockTimes: Da dies der letzte Tourtag ist und ihr heute noch nach Spanien zurückfliegt, könnt ihr also ein positives Fazit euer ersten Tour durch Mitteleuropa ziehen, oder?
Mota: Ja, wir sind sehr zufrieden. Wir haben viele tolle Eindrücke von Deutschland und anderen Ländern bekommen und kommen gerne wieder. Das soll jetzt absolut nicht aufgesetzt klingen, denn wir sind wirklich überall mit offenen Armen empfangen worden und das hat uns echt überwältigt.
RockTimes: In euren Texten, die komplett auf spanisch sind, packt ihr heikle Themen an. Ein Lied heißt übersetzt "Argentinien, Brot und Wein" und handelt davon, wie das Volk in Argentinien im Sumpf von Korruption und politischen Spielchen langsam zu Grunde geht. Was hat euch zu dem Text bewegt?
Javi: Mein Bruder lebt in Argentinien und er bekommt die Zustände dort vor Ort hautnah mit. Natürlich reden wir darüber und das war im Endeffekt der Auslöser für diesen Song.
RockTimes: Ein anderer Titel lautet übersetzt "In der Hölle hergestellt" und prangert die Zustände in China an.
Eli: Ja, das war auch ein Thema was uns auf dem Herzen lag. Kinderarbeit und der Handel mit gefälschten Markenklamotten sind alles andere als harmlos, aber wir wollen uns selber auch nicht als 'Heilige' hinstellen. Manchmal kauft man eben auch mal billigere Klamotten und unterstützt leider unbeabsichtigt diese Mafia in China. Trotzdem versuchen auch wir in dieser Beziehung klar Position zu beziehen.
TrasHtuCada RockTimes: Insgesamt sind eure Texte nicht nur kritisch, sondern enthalten auch vielfach derbe Floskeln und Schimpfwörter (Anm: An dieser Stelle tauschen wir uns kurz über bekannte spanische Schimpfworte aus, was ich aber an dieser Stelle nicht vertiefen möchte). Ist es euch wichtig mit den Texten zu provozieren?
Mota: Provokation ist uns sehr wichtig und ein Mittel für uns, dass man sich mit unseren Texten beschäftigt.
RockTimes: Eure heitere und sehr tanzbare Musik steht ja schon etwas im Gegensatz zu den ernsten Texten. Ist euch das bewusst, dass, wenn ihr hier z.B. in Deutschland auftretet, rund 99 % der Leute im Publikum keinen Schimmer haben, wovon ihr da singt?
Mota: Ja, das ist uns schon bewusst, aber so lange sie die Musik mögen, ist das ja egal. In Spanien sieht das anderes aus und da schauen die Leute im Publikum auch schon mal etwas verstört bei den Texten. Aber hier ist es lustig, denn man kann singen was man will und alles tanzt fröhlich dazu (allgemeines Gelächter).
RockTimes: Unter der Tracklist eurer aktuellen CD steht die Zeile »Mehr als ein Lied - Eine Erlösung«. Ist die CD eine Art Ventil für alle Dinge, die euch ärgern und sich in den letzten Jahren angesammelt haben?
Mota: Genau so ist es. Wir schreiben über alles was uns auf die... (greift sich in den Schritt) geht. Das ist wirklich wie eine Erlösung für uns gewesen.
TrasHtuCada RockTimes: Das euch eure Einstellung wichtig ist, sieht man ja auch am Cover, auf dem mehrere Hände zusammen die Erde mit Hilfe eines Zünders in die Luft jagen wollen. Außerdem ist der Titel "Das ist kein Witz" ja auch ein Statement über den Zustand unserer Welt.
Mota: Wir wollen uns nicht als Weltverbesserer oder Gutmenschen darstellen, aber es ist uns schon wichtig, dass man über Kriege, Umweltzerstörung und Luftverpestung spricht. (Plötzlich kommt ein sehr heftiger Schauer runter und alle anderen Personen flüchten sich im Backstagebereich unter die Zeltplanen. Die Band schaut völlig gebannt auf die Wassermassen die vom Himmel kommen).
RockTimes: Witzig, dass der Schauer gerade jetzt kommt , denn ich wollte gerade über Klischees sprechen und schon haben wir eins: Spanier auf der Bühne - Sonne und kaum runter - Regen.
Mota: Das ist witzig, dass du das erwähnst, denn darüber haben wir uns eben noch unterhalten. Bei ausnahmslos allen Open Air-Auftritten auf dieser Tour hatten wir immer gutes Wetter, wenn wir auf der Bühne standen, aber nach uns regnete es oft. Das ist schon sehr seltsam.
RockTimes: Zurück zu den Klischees. Spanische Musik hat für uns zumeist etwas von Urlaub und Sommer, wie Vater und Sohn Iglesias (Anmerkung: Allgemeines Augenverdrehen bei der Band nach dem Wort Iglesias) und bis auf Heroes del Silencio oder etwas unbekannteren Bands wie Ska-P oder Dover ist euer Land nicht gerade das Mekka für Rockmusik.
Eli: Bis auf die genannten Ska-P haben wir nichts mit den anderen Bands gemeinsam. Uns ist bewusst, dass Spanien nicht der Nabel der Rockwelt ist, aber wir spielen unsere Musik und wenn sie nicht in das Klischee von Spanien passt, um so besser. Das zeigt nur, dass wir uns vom großen Rest abheben und das wollen wir auch.
TrasHtuCada RockTimes: Zum Schluss muss ich unbedingt noch auf den Song "Penelope" eingehen. Neben dem tollen Videoclip (Anmerkung: Hier passt allerdings ausnahmsweise das 'Sommer-Klischee') und der eingängigen Melodie, unterscheidet sich der Text doch sehr von den ansonsten durchweg kritischen Texten auf der CD.
Mota: Ja, das hast du gut erkannt. Vordergründig wirkt es wie ein Liebeslied, aber es ist eine Satire auf Liebeslieder. Der Text ist ein Dialog zwischen einer Vagina und einem Penis und ist gespickt mit sehr vielen Wortspielen.
RockTimes: Das kommt aber im Video nicht so rüber.
Eli: Natürlich nicht (wieder allgemeines Gelächter). Das konnten wir ja so nicht umsetzten. Man muss schon genau hinhören um den Sinn dahinter zu verstehen.
RockTimes: Vielen Dank für das Interview und alles Gute für eure Zukunft.
Eli und Mota: Wir danken dir auch und grüßen alle RockTimes-Leser (Anmerkung: Als Dank bekomme ich zum Abschluss noch ein kleines gesungenes Ständchen der Band geboten).
Wie danken Linn von Brücke Agency, die uns das Interview ermöglicht hat. Ein besonderer Dank geht an Katrin Tielmann aus Aachen, die für uns die Songtexte übersetzt hat, was sehr hilfreich war.
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