Cooler Typ mit souveräner Show
Um 22:30 Uhr war es dann endlich soweit und der erste Headliner des fünften EmS kam auf die Bühne. Der ehemalige Rapper Everlast, der seit knapp 10 Jahren musikalisch in der Singer/Songwriter-Ecke tätig ist, zündete von der ersten Note an und das Publikum auf dem Gelände, was sich mittlerweile bestens gefüllte hatte, ging sofort mit. Obwohl musikalisch insgesamt eher ruhiger, verbreiten seine Songs live eine unglaubliche Intensität und seine souveräne Ausstrahlung rundet das alles noch perfekt ab. Egal ob ältere Songs wie "Ends" und "Blinded By The Sun" oder neuere Lieder wie die tolle Coverversion des Johnny Cash-Klassikers "Folsom Prison Blues" - die Menge war begeistert.
Nach dem bekannten "What It's Like" inkl. Bandvorstellung war kurz mal Pause, aber ein paar Zugaben mussten sein. Es folgten die wohl intensivsten vier Minuten des Festivals, denn als zur ersten Zugabe mit "Jump Around" der Hit seiner alten Band House of Pain gespielt wurde, drehte das gesamte Publikum ab und der komplette 'Hohe Busch' sprang und tanzte wild. Selbst ich, der alles andere als Fan von Hip-Hop ist, war völlig mitgerissen von der Performance. Zum Abschluss wurde es wieder etwas besinnlicher und mit "Black Jesus" (auch wieder Gänsehaut) und "Put Your Lights On" (was er zusammen mit Carlos Santana eingespielt hat), ging ein phantastisches Konzert zu Ende. Nicht nur mir war klar, dass dies nur schwerlich zu toppen sei. Trotzdem brachte der Samstag ebenfalls noch jede Menge gute Musik.
Der Samstag
Zehn Bands gab es am Samstag und insgesamt ein Musikprogramm von 12:00 Uhr bis 01:00 Uhr Nachts. Da ich mir die Kräfte nach dem gestrigen Abend aber etwas einteilen wollte, schauten wir uns nur sechs Auftritte an diesem sonnigen Samstag an.
Eigentlich hätten die Münchener Crossover-Pioniere Freaky Fukin Weirdoz auch auftreten sollen, aber eine Woche vor dem Festival brach sich der Gitarrist ein Bein und so musste der Auftritt logischerweise abgesagt werden.
Tierisch die 1. - Tanzende Katze
Dadurch bedingt, wechselte die Reihenfolge etwas und als Ersatz spielte die niederländische Band Jaya The Cat aus Amsterdam, die auch bestens ankam. Da passte aber auch alles, denn Sonneschein und die passende Musik mit einem Mix aus Rock, Punk, Reggae und Ska wurden dankbar angenommen und ein wild tanzender Mob vor der Bühne war der beste Beweis, dass der Veranstalter hier ein sehr gutes Händchen bei der Wahl der Ersatzband hatte. Trotzdem freue ich mich auf die Freaky Fukin Weirdoz, die ihren Auftritt im kommenden Jahr an gleicher Stelle nachholen wollen.
Pussy-Party
Am späteren Nachmittag kamen My Baby Wants To Eat Your Pussy auf die Bühne und genauso schräg wie der Bandname lässt sich auch die Musik beschreiben. Der Wechselgesang von Sängerin The Tiff und Sänger Eva D. erinnert etwas an Chansons, während die Musik doch eher rocklastig ist. Vor zwei Jahren war die Band bereits schon einmal Gast auf dem "EmS" und wie in 2008
kam ihre Musik auch heute sehr gut an. Das schräge Outfit der Musiker tat dann den Rest dazu.
Tierisch die 2. - Hasen am Grill
Wer aber dachte, das jetzt stilistisch alles ausgereizt wäre, der täuschte sich schwer, denn mit den Berlinern von Hasenscheisse kam sogar die klassische deutsche Liedermachertradition zu Ehren. Stilistisch am besten als Insterburg und Co. des 21. Jahrhundert zu beschreiben, sorgten sie mit witzigen Texten und reichlich Schunkelmusik für beste Stimmung. Als dann als Zugabe ihr Szene-Hit "Bernd am Grill" performt wurde, dreht das Publikum nochmals komplett auf. Musikalisch nicht ganz 'my cup of tea', aber die Jungs verstehen definitiv ihr Handwerk und anschließend am Merchandising-Stand verkauften die Band jede Menge T-Shirts und CDs. Für Hasenscheisse hat sich der lange Weg in den Westen definitiv gelohnt und auch ich pfeife immer noch ihren Ohrwurm "Bernd am Grill" seit Samstag vor mich her.
Traurige Durchsage
Während der Umbaupause zur nächsten Band kam dann plötzlich Veranstalter Christoph
'Tappi' Tappesser auf die Bühne und verkündete, dass sich bei der diesjährigen Loveparade in Duisburg ein schweres Unglück zugetragen hätte und es (zu dem Zeitpunkt) 15 Tote geben hat. Da war dann natürlich erst mal großes Entsetzten angesagt. Der sichtlich bewegte Tappi fand aber die richtigen Worte und bat nochmals, dass man aufeinander aufpassen und sich doch bitte um die anderen Konzertbesucher kümmern sollte, falls jemand irgendwo liegen sollte. Kurze, aber klare Worte vom Veranstalter und das auf eine sehr warmherzige Weise. Kompliment bei dieser Aktion an Tappi - das kann nicht jeder!
Kurz drauf wurden alle vier Krankenwagen, die für das EmS abgestellt waren, in das knapp 50 km entfernte Duisburg abgezogen. Zum Glück blieb es in Viersen wie immer absolut friedlich und die Krankenwagen wurden nicht gebraucht. Natürlich ging das Programm hier normal weiter, aber berührt hat es definitiv jeden auf dem Festival.
Kontrust-Programm
Ein Reiz dieses Festivals ist, wie bereits erwähnt, der herrlich bunte musikalische Mix und mit Kontrust aus Wien gab es jetzt endlich mal wieder richtig schöne laute Gitarren. Die österreichische Band ist in ihrer Heimat und in den Niederlanden ganz gut im Geschäft, während man in Deutschland (vorerst) noch als Insider-Tipp durchgeht. Das sollte sich aber bald ändern, denn mit ihrer Mischung aus Guano Apes (wegen der ähnlichen Stimme von Sängerin Agata und etwas Soulfly (starke Percussion-Elemente) ist live ein Volltreffer. Die Leute gingen bei allen Liedern gleich gut mit und bis auf das durch Youtube populär gemacht und sehr witzige Video zum Song "Bomba", kannten die meistens Besucher keine einzige Nummer. Da spricht es schon für eine Band, dass sie auch unbekanntes Material gut rüberbringen kann und ihr aktueller Longplayer "Time To Tango" ging anschließend, wie bei Hasenscheisse auch, gut über den Merchandisingstand. Absolute Neuentdeckung diese Truppe, von der wir garantiert bald noch mehr hören werden.
Progige Ananas
Wie in den letzten Jahre auch, gab es als vorletzte Band einen Prog Rock-Act. Dieses Mal hatte das Team um Tappi die Briten Pineapple Thief engagiert. Hatte die Band mit ihrem aktuellen Album bei uns noch sehr mäßig abgeschnitten, so war ich doch sehr auf die Konzertumsetzung gespannt. Doch auch hier sprang der Funke einfach nicht über und genau wie am Vortag bei De Staat gelang es der Gruppe auch trotz sehr gutem Sound nicht, das Publikum zu berühren. Viele Leute waren mit der komplexen Musik vielleicht zu dieser späten Stunde doch etwas überfordert.
Paradise Lost kommen
Groß war nicht nur bei mir Freude als, ich vor ein paar Wochen las, dass man niemand geringeres als Paradise Lost als Headliner für den Samstag verpflichten konnte. Die 'großen' Paradise Lost bei uns auf dem Land - das war ja mal ein Ding. Mittlerweile war es dunkel geworden und nur mit ein paar Minuten Verspätung kamen die fünf Briten dann auf die große Festivalbühne. Was leider sofort negativ auffiel, war der extrem saftlos abgemischte Sound und die viel zu leisen Vocals. Was war passiert ? Nun, die Band hatte ihren eigenen Mischer dabei und statt auf das Team vor Ort zu setzten, versemmelte der Paradise Lost-Mischer den Sound völlig. Die Jungs gaben allerdings gab ihr bestes und neben vier Stücken vom letzen Album, spielte man ansonsten ein rundes Best-Of-Set mit Klassikern wie "Pity The Sadness", "One Second" und dem schon sehr früh gebrachten Bandklassiker "As I Die".
Die tolle Lightshow und der Dauerseinsatz der Nebelkanonen verbreiteten dann auch eine tolle Atmosphäre und als auch noch der Vollmond direkt über der Bühne stand, war das klassische Gothic Rock-Klischee perfekt. Getreu dem Motto »Wer später anfängt darf auch früher aufhören«, war dann bereits um 0:50 Uhr nach "Say Just Words" Schluss mit Düstersound auf dem EmS-Gelände. Trotz der nur 75 Minuten langen Spielzeit und des leider schwachen Sounds, war es doch ein gutes Konzert, was aber leider nicht ansatzweise die Intensität von Everlast erreicht hat.
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