Turku Romantic Movement / Same
Same Spielzeit: 36:22
Medium: CD
Label: Fading Ways, 2009
Stil: Glam Rock

Review vom 19.07.2009


Moritz Alves
Finnland ist die Heimat vom Turku Romantic Movement. Nun, irgendwie logisch, ist Turku doch eine südfinnische Stadt. Jetzt legt die Band jedenfalls ihr neues Werk vor. Dabei hatte das Quartett vor einigen Jahren noch etwas anders mit der Musik begonnen - unter dem Namen Turun Romantiikka nämlich und ausschließlich in der Muttersprache singend.
Das hat sich mittlerweile geändert, denn im Jahr 2006 entschied man sich anlässlich einer Europa-Tour mit dem kanadischen Rockmusiker Neil Leyton, doch lieber englisch zu singen und dadurch massentauglicher bzw. internationaler zu agieren. Ein wahrer Geistesblitz, der so natürlich noch keiner anderen Band gekommen sein dürfte… Bravo!
Die erste Veröffentlichung unter dem heutigen Bandnamen war als Produkt dieser Tournee somit naheliegenderweise eine Split-LP mit Leyton, die allerdings nur in Finnland und England erschien. Deutsche Fans, die das Turku Romantic Movement möglicherweise live erlebt hatten (ja, die Tour führte auch durch hiesige Venues), mussten sich noch drei Jährchen gedulden, bis die vier Finnen endlich auch aus heimischen Speakern dröhnten.
Das ist seit Mitte Juni nun endlich der Fall, denn zu diesem Zeitpunkt erschien das mir vorliegende Album, das mit noch nicht einmal 40 Minuten Spielzeit und zehn Songs leider ziemlich knapp ausgefallen ist. Schade eigentlich. Hatte die Band in der Zwischenzeit eine Art Schreibblockade befallen? Waren der 'romantischen Bewegung' die Ideen ausgegangen? Antworten darauf gibt es keine, aber das griffige und abwechslungsreiche Liedgut auf dieser Scheibe deutet eigentlich weniger darauf hin, dass man es hier möglicherweise mit unkreativen Menschen zu tun hat… Daher ist es einfach schade, dass der Silberling nur 36 Minuten lang am Rotieren ist. Andererseits enthält auch der Vorgänger "Noise & Confusion" (2007) nur zehn Songs - das scheint also so üblich zu sein bei dieser Band.
Gut daran ist wiederum, dass man hier eigentlich durch die Bank hochwertiges Material auf die Lauscher bekommt. Die finnischen Romantiker haben sich auf ihre stärksten Stücke beschränkt und bestechen mit einem knackig-treibenden Mix aus klassisch-britischem Glam Rock der Siebziger und amerikanischem Ur-Punk, gewürzt hier und da mit einer Spur Alternative Rock neueren Datums - sozusagen das Salz in der Retro-Suppe, das die ganze Chose unverwechselbar und spannend macht. Über allem schwebt die skandinavischen Gruppen so eigene Stimmung, denn auch beim Movement kann man die melancholischen Untertöne kaum ignorieren, die sich durch die Melodien des Albums ziehen und es mit der Zeit zu einem kleinen Juwel erwachsen lassen.
Hier und da werden die Songs angenehm durch unerwartete Stimmungswechsel, Tempovariationen und Lautstärkespannungsbögen aufgelockert. Vielfältige Songstrukturen sind somit garantiert! Schmissig-rotziges Rock-Material findet sich hier genauso wie glamourös angehauchte Theatralik und alternative Passagen. Richtig fies und hart wird es dabei zwar nie, aber ein ordentliches Maß an Attitüde muss man der Gruppe unbedingt attestieren - was ist für diesen Musikstil aber auch unerlässlich ist. Einen besonderen Pluspunkt in Sachen Abwechslung stellen übrigens die pointiert und sparsam eingesetzten Blasinstrumente dar - namentlich Posaune und Tenor-Saxophon - die der Unverwechselbarkeit zu Gute kommen. Keyboards finden sich übrigens auch im finnischen Klangkosmos, ordnen sich aber artig dem allgemeinen Rotz unter und dienen daher glücklicherweise nur der Sounddichte.
Durch rotzig-fetzige Refrains überzeugen zum Beispiel "Daily Planet" und der augenzwinkernd-amerikafeindliche Punk-Track "It's Another Massacre, Motherfucker!", die mit massenhaft Attitüde glänzen können.
Der ungehobelte Rocker "Zero Nine" reiht sich da mühelos ein, ist durch seine verqueren Strophen-Riffs aber möglicherweise der unbequemste Song des Albums.
Poppigere Momente halten die Mitsing-Parts von "Moneypulation" (schönes Wortspiel übrigens), "Nothing At All" und "The Return Of The Carpenter" bereit. Letzteres glänzt außerdem durch einen bittersüßen, sanften Mittelteil.
Total klasse ist das klanglich verträumte, textlich ziemlich durchgeknallte "Black Beach", das zeitweilig nahezu zäh aus den Boxen quillt. Auch "In Command" tönt dezenter aus den Boxen, weiß aber durch seine lässigen, vom Bass getragenen Strophen zu überzeugen.
"Image Of My Time" pendelt zwischen alternativer Verhaltenheit und locker-rotzigem Rock, außerdem gibt's schmalzige »Ooooh«-Chöre auf die Ohren, während der Rausschmeißer "Finland" als schmutzig-verschrobene Ode an die Herkunft des Turku Romantic Movement zu werten ist.
Schlussendlich muss ich den vier romantischen Nordlichtern bescheinigen, dass sie hier ein wahrlich meisterhaftes Werk vorgelegt haben, dessen Spielfreude und Variationsreichtum von der ersten bis zur letzten Sekunde überzeugen kann. Schade nur, dass das Vergnügen nicht mal 40 Minuten dauert. Jedoch: Wer Musiker wie z.B. Iggy & The Stooges, MC5 oder auch David Bowie mag, der sollte auf alle Fälle ein Ohr riskieren.
Line-up:
Rami (vocals, guitars, keyboards)
Pete (guitars, vocals)
Joonas (bass, vocals, keyboards)
Terni (drums, vocals)

Petri Hannus (additional vocals - #4)
Juho Viljanen (trombone - #6,10)
Antti Lauronen (tenor saxophone - #6,10)
Tracklist
01:Daily Planet (3:12)
02:Zero Nine (2:23)
03:Moneypulation (2:35)
04:Black Beach (5:06)
05:It's Another Massacre, Motherfucker! (3:12)
06:Nothing At All (2:53)
07:In Command (3:34)
08:The Return Of The Carpenter (3:48)
09:Image Of My Time (4:59)
10:Finland (4:40)
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