Roel van Helden / RvH
RvH Spielzeit: 48:35
Medium: CD
Label: Hand Of Blue, 2012
Stil: Prog

Review vom 21.11.2012


Boris Theobald
Progressiv eingestellten Menschen ist Roel van Helden ein Begriff, als Drummer bei Sun Caged, früher bei Delphian, zwischenzeitlich bei Subsignal, immer noch bei System Pilot und geschminkt Powerwolf ... ach ja, und immer mal wieder bei der Iron Maiden-Covertruppe Up The Irons - weil's Spaß macht. Und weil Roel van Helden auch Spaß an was Eigenem hatte, hat der Trommler Musikerfreunde unter anderem von all diesen Bands zusammengetrommelt. Dass er einiges, was dazugehört, wie zum Beispiel das Singen, nicht so gut beherrscht, das gibt er freimütig zu. Und er gibt uns außerdem gleich vorab eine Entwarnung: »Don't be afraid, it won't be odd measures and drum solos all over the place.« Er wollte stattdessen einfach nur gute Songs schreiben.
Ein Instrumentaltitel als Intro sei Herr van Helden aber dennoch gestattet! Bei "130 Thousand Miles" präsentiert er sich auch am Xylophon. Was wie eine progressive Schlagwerkschau beginnt, driftet nach einiger Zeit aber ab zu einer Art Calypso-Prog mit Latin-Tupfern und dauert mit seinen gut vier Minuten deutlich zu lange (auch die Reprise am Schluss des Albums mit "The 4th Dimension" ist einfach ein bisschen zu lang). Doch nach dem Intro beginnt eines von drei musikalischen Kapiteln, in die sich das Album gefühlt unterteilen lässt.
Kapitel Nummer eins könnten wir - wenig überraschend - mit 'Progessive Metal' überschreiben. Bei "The Long Road Ahead" singt Arno Menses, bei "No More Silence" Paul Adrian Villareal. Fast zwangsläufig klingt es einmal nach Subsignal und einmal nach Sun Caged - letzteres noch stärker dank Gitarrist Marcel Coenen. Die beiden Vokalisten haben an ihren Gesangsmelodien selbst gefeilt; und das Ergebnis fällt positiv auf, denn die zwei mögen es unkonventionell. So überzeugen dann auch beide Stücke durch diesen kunstvollen Mix aus sofort zugänglichen, aber dennoch gar nicht eingängigen Melodien.
Nur zwei Mal kommt der schöne Chorus von "The Long Road Ahead" vor - gleich ein Song-Kandidat zum Wiederhören. Die dynamische Rhythmusgruppe unter van Heldens eigener Regie liefert mit der straighten und doch verproggten Gangart weiteren Grund dazu. "No More Silence" schaltet nun einen Gang zurück. Optimal für Villareals Gesang ausgelegt pendelt der Song zwischen elegischen Klavierstrophen und dem dramatischen Chorus hin und her. Beeindruckend im Instrumentalpart: Villareal geht mit wortlosem Gesang den Gang der Gitarre mit und sorgt so für ein Gänsehaut-'Doppelsolo'.
Jetzt kommen 'Experimente' - meine Überschrift für Kapitel Nummer zwei. Es beginnt mit "Out Of Time". Dunkle Piano-'Schläge' erschaffen eine bedrohliche Stimmung, die etwas an Pink Floyds "High Hopes" angelehnt zu sein scheint - nur in einer schnelleren und bombastischen Version. Es kristallisiert sich eine fesselnde, fast hypnotische Stimmung heraus, zu der der klare Gesang Petra Struijs' (Purple Q) gut passt. Die Atmosphäre erinnert ein wenig an Edenbridge oder Lahannya - das unerwartet ekstatische Finale nicht mehr!
Und was bei "Out Of Time" noch sehr gut passte, das wird mir aber beim nächsten Song nach dem gefälligen und schön melodiebetonten Heavy-Instrumental "Twenty One" too much, nämlich die elektronischen Effekte und Loops. Daran krankt "Break The Glass", aber nicht nur daran. Das Stück, gesungen von van Heldens System Pilot-Kollegen Jos Severens, kriecht viel zu einfältig vor sich hin, schade. Gewollt war wohl eine Bannwirkung, herausgekommen ist Monotonie. Das erinnert unangenehm an die vierte Ausgabe des Consortium Projects. Die Symptome bleiben bestehen: Bei "I Wonder Why" mit der zarten Stimme von Ex-Delphian-Frontfrau Aniek Janssen klingt mir zu viel Computer-Psychedelic mit. Die Power gegen Ende versöhnt mich ein wenig. Hat was von Strawberry Fields, aber die Qualität ist so là là.
Kapitel drei nenne ich schließlich 'Männliche Shouter'. Kraftvolles 'Heavy-tum' ist angesagt. "No Sense Of Ease" beinhaltet größere Sprechgesang-Anteile von Leuten mit Punk- und Grindcore-Background, Marco Roelofs (De Heideroosjes) und Wouter Wagemans (Collision). Das Ganze ist Geschmacksache - ein bisschen Alternative - aber auf jeden Fall mutig und fein gemacht und mit einer fesselnden Atmosphäre ausgestattet. Wagemans Background-Screams klingen ein bisschen so verrückt wie Devin Townsend auf Vais "Sex & Religion". Aber "Come Undone"? Jesses, ein gewisser Bob Paulus schreit herum wie ein betrunkener Billy Idol in einer Art Goth Rock-Parodie. Verdrängen wir das - erinnern wir uns an die vorderen Tracks des Albums, wo mehr Schätze schlummern. Auf einem Soloalbum ist ja alles erlaubt - nur ganz, ganz wenige Dinge, die sollten verboten werden.
Line-up:
Roel van Helden (drums, xylophone, timbales, keyboards, programming, congas, guitars)
Arno Menses, Bob Paulus, Marco Roelofs, Aniek Janssen, Jos Severens, Paul Adrian Villareal, Wouter Wagemans (vocals)
Daniel Kohn, Ralf Schwager, Harold Gielen, Richard Ritterbeeks (bass)
Marcel Coenen, Coert Bouten, Laurent Schijns, Sebas Honing (guitars)
David Bertok, Franck Faber, René Kroon (keyboards)
Tracklist
01:130 Thousand Miles (4:16)
02:The Long Road Ahead (4:35)
03:No More Silence (7:04)
04:Out Of Time (5:08)
05:Twenty One (3:52)
06:Break The Glass (4:35)
07:I Wonder Why (5:44)
08:No Sense Of Ease (4:33)
09:Come Undone (4:49)
10:The 4th Dimension (3:42)
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