Für diejenigen, denen die CD
Where The Wild Things Are zu eindimensional ist, hat der US-Saitenzauberer
Steve Vai bei seiner fast zwei Jahre dauernden Tournee zu seinem Album "Sound Theories" von seinem Konzert in Minneapolis, Minnesota diese gleichnamige Doppel-DVD für den visuellen Geniesser aufgelegt.
Steve Vai war schon immer ein Ausnahmegitarrist, der sich zur Auflage gemacht hat, die Grenzen des Rockuniversums nach allen S(a)iten auszuloten. Dieses Mal hat er sogar zwei Geiger im Line-up, die zum Teil dazu beitragen, das optische wie musikalische Ambiente etwas mehr in die folkloristische Ecke zu drängen. Zudem bietet
Jeremy Colson mit seinen solistischen Darbietungen dem Meister die äquivalente Unterstützung. Auch Bassist
Bryan Beller trifft die tiefen Töne, ohne in ein Klanglabyrinth abzutauchen. Nicht fehlen darf der zweite Gitarrist
Dave Weiner, der kongenial als
Vais rechte Hand agiert.
Natürlich spielt eine Legende wie
Steve Vai ein Set, in dem er in seinen Musikstil die Einflüsse von Rock, Jazz, Metal und Folk integriert. Es macht keinen Unterschied, von welcher Seite aus man es betrachtet,
Vai zelebriert die Töne. Energiegeladen mit einer in jeder Beziehung professionellen Truppe zeigt er bei diesem Auftritt, was er live alles mit einer Gitarre anfangen und ausdrücken kann. Und das ist Saitenartistik vom Besten. Virtuosität wechselt mit reiner Klangmalerei, wobei psychedelische Einflüsse ebenso wie klassischer Rock in einer hochwertigen Mixtur miteinander vermischt werden. Experimentelles folgt dem Griffigen, manchmal fühlt man sich an
Mahavishnu John Mclaughlin erinnert, der mit Doppelhalsgitarre und 12-Saiter bereits in den 70er Jahren die Gitarrenwelt revolutionierte. Man kann das Schaffen von
Steve Vai vielleicht in den Dunstkreis der Gitarren-Avantgarde stellen. An dieser Stelle muss natürlich auch
Jeff Beck stehen, der mit Sicherheit einige Impulse beigesteuert hat. Aber trotz allem kann
Steve Vai keinesfalls einem Genre eindeutig zugeordnet werden. Nach seiner CD-Großtat im Jahre 1993 mit "Sex & Religion", die in mancherlei Hinsicht wegweisend war, vermisst man jetzt vielleicht etwas den Gesang, der zur Zeit etwas rar geworden ist. Entschädigt wird man dann aber durch die Klanggranaten, die hier im Sekundentakt abgefeuert werden.
Auf der DVD sieht man, was auf der CD aus optischen Gründen nicht rüberkommen kann: eine Performance, die vom Zusammenspiel der anderen Mitstreiter lebt und viele vergnügliche Elemente beinhaltet. Die Musik befindet sich auf gehobenem Level, und der Klanggourmet darf sich auf einen glasklaren Sound freuen, der wirklich sauber abgemischt wurde und durch die 5.1-Darstellung angemessen überzeugen kann. Alle Titel der bereits erwähnten CD-Release und noch einige zusätzlich, wobei es bei derart viel Material schwer fällt, einzelne Tracks besonders herauszustellen. Saiten-Ikone Steve Vai vermittelt auf dieser Doppel-DVD im Heimkino annähernd die Stimmung eines seiner Konzerte und kann dabei viel von der Faszination seiner Auftritte transportieren.
An Features mit dabei: Interviews mit der Band und Einblicke hinter die Kulissen. Dabei kommt das Product Placement ebenfalls nicht zu kurz, denn das Jemini Distortion Pedal erhält ein eigenes Forum.
Wie bereits bei der CD bemerkt: Freunde des gehobenen Gitarrenspiels und natürlich auch diejenigen, die einmal einem der besten Gitarristen dieses Planeten auf die Finger schauen wollen, werden hier bestens bedient. Steve Vai im modernen Digital-Gewand, optisch wie auch akustisch durchgehend überzeugend, in einem Werk, das Maßstäbe setzt.