Spielzeit: 57:24 Medium: CD Label: Chrome Dreams (in-Akustik), 2014 (1985) Stil: Singer/Songwriter Review vom 29.07.2014 Markus Kerren

Wahrscheinlich, ach was, ganz sicher sogar gibt es mittlerweile sehr viel mehr Live- als Studioalben des vor knapp zwanzig Jahren verstorbenen Townes Van Zandt. Speziell nach seinem Tod konnte man eine wahrliche Schwemme diesbezüglich erleben. Viele gute Scheiben, ein paar mittelprächtige und hier und da auch mal Zeugs, bei dem man dem nach wie vor in gewissen Kreisen hochverehrten Poeten und Songwriter - etwas zu deutlich - anhören kann, dass die vor dem Konzert gereichten Erfrischungen etwas zu viel des Guten waren.

Aber das soll hier gar nicht das Thema sein, denn Van Zandts Lebenswerk ist nach wie vor so zeitlos wie unantastbar. Schade, dass sich der Mann niemals auch nur eine Sekunde Zeit nahm darüber nachzudenken, was aus seinen Studioplatten werden wird, sobald er seine Gitarre und den Gesang aufgenommen hatte. Vieles hätte besser bzw. noch genialer in Stein gemeißelt werden können. Aber es ist schon auch Jammern auf hohem Niveau, was ich hier betreibe, denn so großartige Perlen der Marke "Our Mother The Mountain" (1969), "Townes Van Zandt" (1970), "Delta Momma Blues" (1971) oder auch "High, Low And In Between" (1972) sind in diesem Genre nach wie vor unerreicht.

Nach den hyperkreativen Jahren ging es anschließend leider langsam, aber sicher bergab. Nicht unbedingt mit den neuen Songs oder Alben (die nach 1973 nur noch sporadisch erschienen), sondern vielmehr mit seinem Marktwert (scheinbar gab's keine einziges Label, das damals Interesse an dem Amerikaner hatte) und leider auch der Gesundheit.

Sei's drum, mit "Down Home" liegt jetzt wieder ein Livealbum vor, das bereits vor Jahren einmal erhältlich war. Darauf festgehalten ist ein Radiokonzert (mit Publikum) für den Sender WETS-FM aus Johnson City, Tennessee. Zwei Dinge gleich mal vorab: Der Sound ist richtig gut ausgefallen - Ausblendungen bleiben uns erspart. Dazu kommt, dass der Maestro an diesem Abend (?) richtig gut in Form war. Selbst wenn er bei solchen Anlässen immer ein recht vorhersehbares Programm (seine bekanntesten Stücke halt) spielte, so sind doch auch hier ein paar schöne Überraschungen dabei.

Vor allem sind da die beiden nicht sonderlich oft gespielten Talking Blues-Stücke "Talking Thunderbird Blues" und der "Fraternity Blues", die vor Wortwitz nur so sprühen. Außerdem das fantastische "Snowin' On Raton" und schließlich zum Schluss das kleine Medley, bestehend aus "Colorado Girl" und dem Dylan-Klassiker "Just Like Tom Thumb's Blues". Klasse! Als eher ungewöhnliche Begleitung hatte er den sehr starken Gitarristen Mickey White und dazu Donny Silverman an der Flöte und dem Saxophon mit dabei!

Und was soll man zu Großtaten wie "Mr. Mudd & Mr. Gold", "Rake", "Pancho And Lefty", "No Place To Fall", "To Live Is To Fly" und, und, und... noch groß schreiben? Wer diese Tracks bisher noch nicht für sich entdeckt hat, wird dies vielleicht auch nie mehr tun. Noch habt ihr die Chance, wollte ich gerade scherzhaft schreiben. Aber richtig ist sicher auch, dass die Musik von Townes Van Zandt nicht unbedingt das Richtige für jedemann/-frau sein muss. Denn so sehr man daraus Kraft ziehen und sich an der der genialen, wuchtig bildhaften Sprache ergötzen kann, so sehr kann das wahnsinnig emotionale Gesamtbild (des Songs) manchmal auch bedrückend wirken.

Fans dieser Ikone sollten sich "Down Home..." (falls nicht schon lange bereits im Regal) nicht entgehen lassen. Die Scheibe ist aber auch zum Reinschnuppern unbedingt geeignet. Und wer sich das 'Heilige Dreigestirn' Guy Clark/Townes Van Zandt/Steve Earle mal auf der Zunge zergehen lassen will, der sollte auch "Together At The Blue Bird Cafe" anchecken.

Line-up:
Townes Van Zandt (acoustic guitar, vocals)
Donny Silverman (flute, saxophone)
Mickey White (guitar)