Ich liebe sie, diese Weisheiten, die manche Künstler gerne in ihren Booklets verewigen. Meistens sind es Sprüche oder einfach ein Satz, der geeignet ist, den Empfänger für philosophische Gedankenspaziergänge empfänglich zu machen. Liegt es an der Art der Musik, die diese Menschen oft machen, die selbst das Hirn oftmals auf Reisen schickt?
Meiner Erfahrung nach ist das so. Unimother 27 ist ja kein unbekannter Name in RockTimes. Die Alben Unimother 27 und Escape From The Ephemeral Mind konnten wir bereits vorstellen und wer die Reviews gelesen hat, bzw. - noch besser - die Scheiben sein eigen nennt, weiß, was ich meine. Mir jedenfalls taugt auch die Musik von "Grin", um mich auf eine Reise zu begeben und gleich der erste Track, "Long River" lädt dazu ein, sich mit dem erwähnten Satz aus dem Booklet auseinanderzusetzen, während die Musik die entsprechenden Rezeptoren stimuliert:
»It is not possible to cross twice the same river, because it keeps on flowing«.
Nicht ohne ist das, was Piero Ranalli wieder im Alleingang (Alle Instrumente+Vocals) geschaffen hat. Schwer verdaulich, mag da mancher sagen und hat damit sicher recht, wenn man mit normalem Maßstab rechnet. Und wenn jener im Plattenladen die ersten Töne des "Long Deep River" hört, wird er eh gleich aufgeben. Zu Unrecht, möchte ich sagen, denn jeder Pfälzer weiß, dass gerade die schwer verdaulichen Kulinarien oft die besten sind. Neben allerlei Sprachsamples und Synthiespuren begeistert auf Anhieb die Kombination aus bodenständiger Bassbegeleitung und der Gitarre, der es anheim fällt, das rote Fädchen durch das Album zu spannen.
Aber auch glasklare Synthesizer- und Keyboardpassagen, durchaus mit gefälligen Melodielinien, ziehen sich durch die Stücke. Allerlei elektronischen Klängen stehen meditativ wirkende Vokalparts gegenüber. Orientalisch angehauchte Parts treiben es mit progressiven Teilmengen aus dem großen Fundus der Sechziger und Siebziger Altvorderen. Sphärisch, verfremdet und zu spacigen Kunsttönen soliert der Sechsaiter in "My Ritual Ashes".
"Fragments Of You". So ähnlich äußerte sich letztens meine Zahnärztin, als ich ihr ein von mir getrennt leben wollendes Körperteil ängstlich und voller Trennungsschmerz überreichte. Sie hat mir geholfen, wie es auch Keyboard und Gitarre in diesem Song tun. Aus anfänglichem Chaos schälen sich Tasten und Gitarre und erfreuen die Ohren, wie es ansonsten nur ein verstummender Zahnarztbohrer kann. Süßliche und leichte Melodien geben sich die Klinke mit einer stark verfremdeten und im Stereodreieck hin und her wechselnden Gitarre. Selbige übernimmt das Hauptthema und man fühlt sich wie in Abrahams Schoß. Jedenfalls bis ein brachialer Gongschlag die Idylle zerfetzt und monotonem, hypnotisch wirkenden Gesang den Weg ebnet.
Stilistisch fast nahtlos geht es über zu "Looking For The Superior Octave". Hier gibt es erstmal anständige Percussion und die Gitarre nimmt per Wah Wah gar leicht funkige Züge an. Eine Okarina durchbricht die Orgie und leitet gleich die nächste ein. Bass, Gitarre, Drums und Synthie treiben es gewaltig miteinander und so ähnlich muss es klingen, wenn das All einmal aus den Fugen gerät und die Planeten zum Spielball entfesselter Naturgewalten werden. Die Nummer brodelt und abgrundtiefe, verzerrte Bassgewitter schlagen erbarmungslos zu.
Elektronik und Stimmengewirr aus dem Radio bestimmen den einen Teil von "What I Have Never Been". Der andere Teil sind schwere und träge Bass- und Gitarrenhooks, denen per Keyboard eine Spur von Freundlichkeit zugehaucht wird.
Unimother 27 ist sich treu geblieben und wird mit "Grin" sicher seine Fans finden. Nichts für jeden Tag und zum nebenbei Hören, soviel ist sicher. Wenn man Musik aber auch gerne mit dem Kopf hört, kann "Grin" für eine knappe Stunde Begleiter durch einen eigenen Musikkosmos sein.
@ Piero: Mille grazie per citano il mio nome nel libretto.
Tracklist |
01:Long Deep River (12:06)
a. Mountain Inside
b. From The Outer Room
c. Love Burns Everything
02:My Ritual Ashes (10:13)
03:Fragments Of You (8:36)
04:Looking For The Superior Octave (9:38)
05:What I Have Never Been (11:08)
|
|
Externe Links:
|