Unjust / To Lose A Name
To Lose A Name Spielzeit: 56:43
Medium: CD
Label: Unjust Music, 2008
Stil: Rock

Review vom 18.03.2008


Moritz Alves
Energiegeladen, treibend, hochmelodiös, von Stimmungswechseln durchzogen - solche Schlagworte gehen mir durch den Kopf, wenn ich mir die neue Unjust-Scheibe anhöre. Der Fünfer aus San Francisco haut mit "To Lose A Name" bereits sein viertes Album raus, war mir bislang allerdings kein Begriff...
Gut, dass sich das jetzt geändert hat! Denn dieses Album enthält zwölf moderne Rocksongs, die es absolut in sich haben. Die Scheibe macht von der ersten Sekunde an Spaß, und das ändert sich im weiteren Verlauf dann auch nicht mehr, so dass man nach dem Ausklingen der letzten Töne sofort wieder von vorn anfangen möchte. Selten habe ich die Repeat-Funktion meines CD-Players öfter genutzt als unlängst beim Konsumieren dieser herrlichen Rock-Droge!
Es ist einfach klasse, was Unjust uns auf "To Lose A Name" kredenzen: Gleich das erste Stück "The Cloud Collectors" peitscht einem wunderschön ins Gesicht. Nach einem flotten, sehr kurzen Trommelwirbel wird ein treibendes Riffgewitter entfacht, bevor plötzlich ruhigere Töne angeschlagen werden. Die Strophe beginnt daraufhin dann allerdings wieder kraftvoll und bissig, bevor man im Refrain ordentlich Energie und Tempo rausnimmt. Rhythmisches und interessantes Drumming treibt den Song voran. Des weiteren fällt ganz zu Anfang auch der unglaubliche Gesang Paul Mendozas auf, der die Musik durch seine äußerst melodische, variable Stimme unverwechselbar macht. Solch ein hohes, klares Organ hört man wirklich unter Hunderten heraus, auch wenn einem sofort Parallelen zu Matthew Bellamy von Muse auffallen. Hier und da setzt Paul Mendoza auch mal kleine Screams ein, diese aber halten sich in Grenzen und fügen dem Ganzen lediglich weitere Facetten hinzu.
Auch seine Kollegen an den Instrumenten liefern erstklassige Arbeit ab. Einzig die Keyboards höre ich nicht so wirklich heraus, da sie eher zur Dichte des Sounds beitragen und sich daher nicht in den Vordergrund stellen. Aber so mochte ich Keyboards schon immer am liebsten, denn dominantes Gedudel muss einfach nicht sein.
Die Gitarrenarbeit ist ein Wechsel zwischen Powerchords, Melodiespiel und Akkordzerlegungen. Manchmal werden auch nur einzelne Akkorde angeschlagen, denn auf diesen nervigen Nonstop-Schrammel-Stil, wie ihn viele junge Bands spielen, hat Mikey Merino glücklicherweise keinen Bock. Stattdessen trägt sein akzentuiertes Spiel wunderbar zum positiven Gesamteindruck bei. Hier und da werden die Songs gar durch ein kleines, knackiges Gitarrensolo gewürzt, herrlich!
Aber zurück zu den Stücken an sich: Als ich im Vorfeld dieser Rezension die MySpace-Seite der Band besuchte, fielen mir beim Antesten sofort zwei echte Highlights auf, nämlich "It's Not Enough" und "Choose Nothing", die unmittelbar aufeinander folgen und sich gnadenlos in die Gehörgänge fräsen.
Die "Oh-whah"-Gesänge im Refrain von "It's Not Enough" begeistern mich immer wieder aufs Neue. Der Song hat definitiv Hit-Charakter und sollte jede Party zum Kochen bringen. Mit ausgeklügelten Melodielinien, griffiger Songstruktur und ordentlich Power hat die Band hier nämlich alle Zutaten zusammengeworfen, die einen echten Ohrwurm ausmachen.
Ganz anders das darauf folgende "Choose Nothing", dass sehr gemäßigt beginnt, aber nicht weniger einprägsam ist. Cleane Gitarrenklänge legen ein schönes Fundament, auf dem sich einzelne verzerrte, langgezogene, melancholisch angehauchte Töne ausbreiten, die dann auch den Gesang stützen. Dieses in den Strophen also sehr ruhige Stück wird im Refrain etwas wilder, kehrt aber immer wieder zu solch getragenen Passagen zurück.
Ein weiterer Anspieltipps ist "Do You Really Like...", dass durch den hohen, melodiösen Gesang besticht, der die wundervollen Melodien absolut klasse umsetzt. Paul Mendoza singt wirklich unbeschreiblich schön. Ja, das simple Wörtchen 'schön' trifft es irgendwie am besten! Gerade die Melodien in der Mitte des Stückes sind so traumhaft! Der Song bleibt insgesamt sehr ruhig, fast schon zerbrechlich, wirkt durch kleine, aber feine Stimmungsvariationen sogar noch interessanter als ohnehin schon. Klasse ist auch der Spannung aufbauende Teil am Ende, bei dem die Zeile »watch out they lie, watch how they lie« unermüdlich wiederholt wird. Nur um dann ganz am Schluss wieder zu oben erwähnten, traumhaften Melodien aus der Mitte des Songs zurückzukehren, das Tempo also herauszunehmen und das Lied damit zu beenden. Irgendwie gefallen mir Unjust immer dann am besten, wenn sie ganz ruhig, gefühlvoll und zerbrechlich werden.
Wem ich jetzt noch nicht den Mund wässrig gemacht habe, der sollte sich vielleicht gleich mit dem zehneinhalbminütigen "The Part" beschäftigen. Ein solches Epos des modernen Rocks bringt nämlich längst nicht jede Band zustande, und so stechen Unjust allein durch diesen einen Song meilenweit aus dem ganzen Einheitsbrei heraus, den man heute so zu hören bekommt. "The Part" ist von Stimmungs- und Rhythmuswechseln durchzogen, die das Stück schon fast progressiv anmuten lassen. Am besten gefällt mir der sphärische Teil, der nach ungefähr drei Minuten Spielzeit einsetzt und sich durch Spannungsaufbau bis zum Ende der vierten Minute fortsetzt. Hier hört man schon fast Porcupine Tree heraus! Dazu einmal mehr diese traumhaften Gesangsmelodien, die folgende Zeilen zu einem echten Ohrenschmaus werden lassen: »This call for your, for your broken heart to heal / You've been tired alone, and the course that you'll take. Is what you believed, for years after. He'll be lost in the wake of your open arms.« Darauf folgt dann wieder ein musikalischer Spannungsaufbau hin zu heftigeren Klängen, bevor es noch einmal etwas ruhiger wird. Einfach unglaublich, was die Band hier Songwriting-technisch zustande bringt. Eine Achterbahn der Emotionen! Wer sich von diesem Song nicht begeistern lässt, dem ist wohl wirklich nicht mehr zu helfen...
Fazit: Unjust ist mit "To Lose A Name" ein absolut tolles Stück Musik gelungen. Ganz entgegen des Albumtitels wird sich die Band hiermit viel eher einen Namen machen als selbigen zu verlieren. Jeder, der sich modernen Rockklängen nicht kategorisch verschließt, wird an dieser Scheibe seine Freude haben, davon bin ich überzeugt. Ich hoffe, dass Fans von z.B. Faith No More, Muse, My Chemical Romance oder Dredg mal die Ohren spitzen und die Scheibe antesten.
Line-up:
Paul Mendoza (vocals)
Mikey Merino (guitar)
Eric Wong (bass)
Brian Palkowski (drums)
Thom Tucker (keyboards)
Tracklist
01:The Cloud Collectors (3:46)
02:Home (3:22)
03:It's Not Enough (3:19)
04:Choose Nothing (3:28)
05:Reactions (3:29)
06:Wait For Me Now (4:35)
07:Do You Really Like… (5:15)
08:In Search Of A Ghost (5:06)
09:The Part (10:33)
10:Sweet November (4:01)
11:The Red In The Fog (5:01)
12:We Be Robots (4:48)
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