Fünf Jahre sind in unserer schnelllebigen (Medien-) Welt eine verdammt lange Zeit - eine halbe Ewigkeit quasi. Weshalb es also derartig lange gebraucht hat, eine Velvet Revolver-Show von 2005 auf DVD-Konserve zu packen und den (ausgehungerten) Fans aufzutischen, ist völlig unklar. Fängt man aber zu spekulieren an, dann könnte dieser Release entweder mit dem nahenden Weihnachtsfest zusammenhängen oder aber - man wagt es ja kaum zu hoffen - mit bevorstehenden Neuaktivitäten der brachliegenden Supergruppe zu tun haben. Denn wenn man sich die bisherige Entwicklung dieser Band anschaut, dann sieht man, dass seit dem Rausschmiss von Frontmann Scott Weiland im Frühjahr 2008 (der Sänger hat seitdem wieder bei seiner alten Band Stone Temple Pilots angeheuert) nahezu absolute Funkstille im Hause Velvet Revolver herrscht - mal abgesehen von immer mal wieder kursierenden News über irgendwelche Sänger-Auditions, bei denen dann aber doch nichts rumkommt, sowie allgemeinen Beschwichtigungen von Zylinder-Gitarrist Slash, dass es ja bald weitergehen werde mit der Band. Die kopflose Gruppe, die 2004 so verheißungsvoll mit ihrem Debütalbum "Contraband" durchstarten konnte und 2007 das nahezu ebenbürtige Zweitwerk "Libertad" nachschob, liegt somit auf Eis und die Musiker, gerade Slash und Tieftöner Duff McKagan, verdingten sich die letzten Jahre über eher anderweitig.
Jetzt kommt also plötzlich mit "Live In Houston", die erste Velvet Revolver-DVD überhaupt um die Ecke und tritt auf den Radar der zu Recht überraschten Fans! Lässt man die zweifelhafte Veröffentlichungspolitik mal außen vor und widmet sich völlig vorbehaltlos dem Produkt an sich, dann springt einem ein sehr dünnes Teil entgegen. Denn noch bevor man die Silberscheibe in sein Abspielgerät geschoben hat, fallen die harten Fakten auf, die hier nicht unerwähnt bleiben dürfen: die Gesamtspielzeit beläuft sich auf magere 78 Minuten und zwölf Songs, es gibt keine Extras, keine Untertitel und kein Booklet. Das ist schon sehr billig in der heutigen Zeit, wo so etwas doch zum Standard einer DVD-Veröffentlichung von einer etablierten, großen Band gehören sollte - noch bevor der DVD-Inhalt also begutachtet werden konnte, hat sich ein bitterer Beigeschmack eingeschlichen und der Release riecht doch stark nach Schnellschuss und Geldschneiderei… Überhaupt ist es mir völlig unverständlich, weshalb eine offensichtlich abgespeckte Veröffentlichung aufgefahren wird, die noch dazu von der ersten Tournee der Band stammt und somit Material vom Zweitling "Libertad" schon von vornherein ausklammert. Wenn man Jahre später denn unbedingt so eine Sache rausbringen will, dann doch bitte in Form eines Gesamtrückblicks auf das bisherige musikalische Schaffen und nicht so etwas Halbgares…
Aber genug gemeckert, denn vielleicht kann der Inhalt der Silberscheibe diese negative Sichtweise ja abschwächen bzw. sogar ganz wettmachen?! Die Songauswahl liest sich für die damaligen Gegebenheiten jedenfalls zuerst einmal solide: unter die zwölf Titel hat sich allerdings mit vier Kompositionen der Alt-Bands ("It's So Easy" und "Used To Love Her" von Guns N' Roses bzw. "Crackerman" und "Sex Type Thing" von den Stone Temple Pilots) ein volles Drittel 'Fremdmaterial' gemischt - angesichts der musikalischen Vergangenheit der Bandmitglieder ist das zwar eigentlich eine schöne Sache und wird von Fans ja auch so erwartet - aber dass deshalb nur acht echte Velvet Revolver-Songs auf der DVD zu finden sind, muss als Minuspunkt festgehalten werden. Denn wo ist bitteschön eine schmutzige Hard Rock-Perle wie "Dirty Little Thing" geblieben? Es beschleicht mich der Eindruck, dass man somit kein komplettes Konzert präsentiert bekommt, sondern lediglich einen Auszug der Show aus Houston, Texas.
Diese Einschätzung wird dadurch bestärkt, dass sich zwischen den Titeln kurze Interview-Auszüge mit der Band befinden, die über den Entstehungsprozess Velvet Revolvers plaudert - angesichts der Tatsache, dass die Gruppe in dieser Konstellation heute gar nicht mehr existiert, ist das schon ein ziemlicher Witz: völlig veraltete Infos also, die allerhöchstens richtige Die Hard-Fans interessieren werden (und diesen aber ohnehin schon bekannt sein sollten). Das Konzerterlebnis als Ganzes wird dem Fan somit vorenthalten und man bekommt stattdessen eine völlig zerhackte Geschichte serviert… Hier wäre es meiner Ansicht nach wesentlich schöner gewesen, Musik und Gelaber zu trennen, denn ein Live-Feeling will sich auf diese Weise nicht wirklich einstellen.
Dass Velvet Revolver herausragende Musiker sind und somit eine tighte, derbe rockende Show auf die Beine stellen können, dürfte jedem klar sein. Diese Herren sind natürlich keine Greenhorns, sondern Hard Rock-Vollprofis, die ihre Sache perfekt umzusetzen wissen. Vom rein musikalischen Aspekt sowie von der Performance her gibt's an "Live In Houston" also nichts zu meckern - diese Band war klasse und wird es, sofern denn in gefühlt hundert Jahren mal irgendwas Neues erscheinen sollte, wohl auch immer bleiben. Die Setlist dieses Konzerts war unter Garantie ja noch vielfältiger, wurde nur von den Label-Verantwortlichen derartig unschön zusammengestaucht. Die Band selbst kann für diese Flickschusterei also hoffentlich herzlich wenig, außer es war den Protagonisten schlicht scheißegal, was unter ihrem Namen alles auf den Markt kommt - denn die Marke Velvet Revolver wird diese Veröffentlichung zweifellos wieder ein wenig mehr ins Gespräch bringen. Zudem hoffe ich inständig, dass dieses Filmchen bloß ein Vorbote für etwas Größeres ist, was uns in den kommenden Monaten ereilen wird (Reunion mit Weiland bzw. Präsentation eines neuen Sängers) - diesem Promotion-Zweck wird es nämlich allemal gerecht. Als normale Veröffentlichung ohne jeden Kontext aber ist "Live In Houston" schon eine kleine Frechheit.
Line-up:
Scott Weiland (lead vocals)
Slash (lead guitars)
Duff McKagan (bass, vocals)
Matt Sorum (drums, vocals)
Dave Kushner (rhythm guitar)
Tracklist |
01:Sucker Train Blues
02:Do It For The Kids
03:Headspace
04:Crackerman
05:Illegal I Song
06:It's So Easy
07:Fall To Pieces
08:Big Machine
09:Set Me Free
10:Used To Love Her
11:Slither
12:Sex Type Thing
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