Vision Divine / Destination Set To Nowhere
Destination Set To Nowhere Spielzeit: 51:19
Medium: CD
Label: earMUSIC, 2012
Stil: Heavy Metal

Review vom 13.10.2012


Boris Theobald
Nanu, solch ein 'orientierungsloser' Albumname? Aber keine Sorge - der hat nur mit dem dahinter steckenden Konzept zu tun und nicht mit dem musikalischen Inhalt. Denn wohin die damit wollen, das wissen Vision Divine doch recht genau. Auf ihrem mittlerweile siebten Album - dem zweiten seit der Rückkehr von Sänger-Star Fabio Lione - fabrizieren die Italiener eine Mischung aus dem, was (nicht nur) italienische Metaller so mögen. Und diese Mischung ist eingängig und doch episch, immer mit ein bisschen Fantasy-Touch, technisch ziemlich großartig, melodisch und nochmal melodisch. Damit trifft die Truppe auch viele Erwartungen, allerdings: Übertreffen kann sie sie nicht.
"Destination Set To Nowhere" bietet stilistisch einen holden Mix aus aggressiven Iced Earth, speedigen Stratovarius, epischen Avantasia und hochmelodisch-verspielten Labyrinth oder Angra. Große Songwriting-Kracher bleiben aber Mangelware. Gleich der Opener "The Dream Maker" verpasst höchste Songwriting-Weihen. Der speedige High-Tech-Einstieg ist zwar ein sauberes Startsignal, Fabio Liones erste gesungene Worte sind gewohnt genial, die Strophe ballert und die Bridge ist das butterweiche Gegenteil. Aber dann kommt im Chorus eine enttäuschende 08/15-Hymne. Nicht 'peinlich' schlecht, aber uninspiriert.
Vielleicht hätte eine andere Reihenfolge der Tracks dem Album gut zu Gesicht gestanden (die Lyrics des Konzeptwerks einfach mal ignorierend ...). Vielleicht das Tempo-Geschoss "The Lighthouse" als Eröffnungsstück im kaum noch messbaren bpm-Bereich mit aufregendem Soloduell von Keyboard und Gitarren. Oder "Mermaids From Their Moons" - ein klasse Stück! Ein balladenhafter Einstieg als (wunderschöne) Finte. Dann eine Speed-Strophe, verziert mit spannendem Tasten-Drive und furiosen Flitze-Gitarren. Mystisch glühende Power-Vocals. Im Refrain: Eine astreine Mid-Tempo-Hymne.
So bekommt "Mermaids From Their Moons" diesen gewissen Wieder-hören-wollen-Faktor. Auch die wehmütige Powerballade "Message To Home" ist ein Song, dessen Melodie einem nach wenigen Tönen immer wieder sofort präsent ist. Auch gerade der Gegensatz zu den anderen Stücken und die besonderen Facetten in Liones tieferem Gesang machen den Song attraktiv. Und - typisch Vision Divine - in einem B-Part wird dann doch mal kurz das Tempo angezogen. Nein, Langeweile kann man ihnen nicht vorwerfen; in jedem Songaufbau passiert etwas angenehm Nicht-Lineares!
Darüber hinaus fehlen mir aber etwas zu oft die packenden Melodien wie in den gerade gelobten beiden Songs, die mich das Album beim Stöbern immer mal wieder aus dem CD-Regal ziehen lassen würden. Noch zwei Beispiele: "The House Of The Angels" und "Here We Die". Die starten richtig klasse 'powermetallisch' - ungestüm und bei aller Betonung auf Melodien dennoch ganz besonders aggressiv. Die folgenden Refrains sind dann aber mehr oder weniger leicht auf dem Hymnen-Reißbrett zu zeichnende Ohrwurm-Versuche, denen ob ihrer Schlichtheit der gewisse Pattex-Effekt fehlt.
Darum ist diese Platte unterm Strich weniger Aufsehen erregend, als sie sein könnte. Solide ist sie trotzdem, zudem prunkvoll produziert; und technisch zeigen diese Italiener ohnehin, wo der Mario die Pizza backt. Insgesamt haben Vision Divine gegenüber dem Vorgänger übrigens gefühlt ein bisschen Keyboard-Anteil draufgepackt (dafür klingt man etwas seltener so urtümlich true-metallisch) ... das passt auch ganz gut zum 'spacigen' Konzept: Ein Grüppchen Menschen verlässt die in Krieg und Chaos zerfallende Erde in einem Raumschiff und baut sich auf einem anderen Planeten eine neue, friedfertige Gesellschaft auf. Und alsbald schlägt man einander dann doch wieder die Köpfe ein. Und so lernen wir:
»Maybe it's the human nature pushing people to want more
Maybe you just can't get by with what you have, who knows
Once again it's all the same
Then I guess you'll never learn
To live in peace without complaints«

("The Sin Is You")
Line-up:
Fabio Lione (vocals)
Olaf Thorsen (guitars)
Federico Puleri (guitars)
Alessio Lucatti (keyboards, piano)
Adrea 'Tower' Torricini (bass)
Alessandro Bissa (drums)
Tracklist
01:S'i Fosse Foco (1:50)
02:The Dream Maker (5:03)
03:Beyond The Sun And Far Away (3:59)
04:The Ark (5:43)
05:Mermaids From Their Moons (5:24)
06:The Lighthouse (4:38)
07:Message To Home (6:17)
08:The House Of The Angels (5:12)
09:The Sin Is You (4:38)
10:Here We Die (4:15)
11:Destination Set To Nowhere (4:17)
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