Leslie West / Blue Me
Blue Me
Zum Ersten ("Guitarded"), zum Zweiten (Got Blooze) und zum Dritten ("Blue Me").
Die Blues-Trilogie des Leslie West ist komplettiert. Gegenüber "Got Blooze" wird die Musikermannschaft mit Keyboards (Art Groom und Brian Mitchell (Piano)) aufgestockt.
Die Bass Legende Tim Bogert (Vanilla Fudge) und der Schlagzeuger Aynsley Dunbar (ex-John Mayall, ex-UFO) sind wieder mit in den Startlöchern.
Todd Wolfe liefert einmal Rhythmusgitarre ("Sinner's Prayer") und ein weiteres mal Slidegitarre ("One Thing On My Mind") ab.
Als roter Faden zieht sich durch alle drei CDs, dass Leslie West nicht einen Song geschrieben hat. Die Songwriting-Quelle eines Leslie West ist (anscheinend) trocken gelegt worden.
Bereits auf "Got Blooze" hat er sich eines Free-Titels ("Walk In My Shadow") angenommen. Auf "Blue Me" ist es nun "Woman". Schwere Gitarren mit einem gesanglich sehr gut aufgelegten West lassen diesen Slow-Song wieder aufleben.
Neben Mark Ford (Ford Blues Band) und Janis Joplin haben noch nicht so viele Blues(-rock)-Musiker "Summertime" aus der Trickkiste gezogen. Hier hat Brian Mitchell am Piano (natürlich) seinen großen Auftritt. West singt sich die Seele aus dem Hals und schüttelt in diesem Song ein ums andere Mal interessante Töne aus seinem Gitarrenärmel.
Immer wieder gerne gehört ist "Hit The Road Jack". Nur mit Mitchell am Piano haut West mal eben eine richtig bluesige Version raus. Es macht einfach Spass, diese Ausgabe zu hören. Auch nach mehreren Durchläufen wird der Song nicht nervig. Gelungen!
Feinste Slide-Gitarre von Todd Wolfe hören wir auf "One Thing On My Mind". In Kombination mit Wests fettem und auch scharfem Gittarenton kommt das Ding super groovend rüber und wird als weiterer Treffer verbucht.
Uuuuh, "Sinner's Prayer" von Lowell Fulson stellen Todd und Leslie als erdigen, bodenständigen 12-Takter dar. Irgendwie merkt man, dass die Beiden schon öfter miteinander zu tun hatten. Herrlich, wie sie sich gegenseitig inspirieren.
Ein weiteres deliziöses Teil ist Muddy Waters "Standing Around Crying". Hier kommt die von Art Groom gespielte Hammond so richtig schön zur Geltung.
Hatte Leslie West ja schon Free und "Born To Be Wild" (auf "Guitarded") auf der Liste, gesellen sich nun Creedence Clearwater Revival dazu. "Green River" zeigt hier etwas von der alten Klasse der CCR und hat nichts von der Pracht früherer Tage verloren. Songdienlich schraubt West seine Gitarre um Einiges zurück, was in diesem Fall auch gut ist.
Einen ganz großen Schritt zurück in die Vergangenheit macht Leslie West mit dem Opener "Blues Before Sunrise" vom Pianisten Leroy Carr (1905-1935).
Dieser Brian Mitchell, der ja in einigen Songs präsent ist, entwickelt sich zu einem der Highlights auf "Blue Me". War er schon auf "Guitarded" dabei, hat er nicht nur mit West zusammen gearbeitet.
Sein Können ist viel gefragt in der Musikszene: Er war Gast bei Leuten wie Dr. John, Solomone Burke, Les Paul, Shemekia Copeland, Allan Tousaint, Jeff Buckley, The Crash Test Dummies oder The Lounge Lizards.
Hölle, welch ein Spektrum.
Das soll aber nicht die tolle Arbeit der anderen schmälern.
Dunbar, Fahey und Kevin Curry (Rhythm Guitar), der auch beim Schenker/Pattison-Projekt "Endless Jam Continues" mitwirkt, geben eine gute Figur ab.
West ist bestimmt keiner der innovativsten Gitarristen, aber das was er macht hat Stil, einen sehr persönlichen Stil. Und damit haut er immer wieder eine CD raus, an der man gefallen finden kann/wird.
Ihm ist zuzutrauen, dass er in Zukunft noch ganz andere Sachen als "Hit The Road Jack" oder "Summertime" zum Besten geben kann. Auf "Blue Me" gibt es auch herrlich ruhige Momente, die man genießen kann, wenn man sich auf Leslie West einlässt.


Spielzeit: 51:56, Medium: CD, Provogue, 2006, Bluesrock
1:Blues Before Sunrise 2:I Woke Up This Morning 3:Four Day Creep 4:Hit The Road Jack 5:Standin' Around Crying 6:One Thing On My Mind 7:Green River 8:Sinner's Prayer 9:Woman 10:Tore Down 11:Summertime
Joachim P. Brookes, 06.07.2006